52 Milliarden Dollar? Warum der Self-Publishing-Markt nicht doppelt so groß ist wie das Verlags-Buchgeschäft

Erst kürzlich habe ich einen Artikel gelesen, der Jungunternehmern Tipps gibt, wie man mit seiner Botschaft schnell wahrgenommen wird. Einer dieser Ratschläge lautete: “Make bold claims” – also “stelle mutige Behauptungen auf“. Ganz nach dieser Devise scheint der in der Branche bisher unbekannte Australier James O’Toole zu verfahren, der mit “New Publisher House” das Self Publishing revolutionieren will (die Kickstarter-Sammelaktion dafür soll demnächst starten).

Wie macht man also am besten all die auf sich aufmerksam, die man künftig vielleicht als Kunden locken will? Mit einer kühnen Behauptung. 52 Milliarden Dollar – die Zahl ist so groß, dass manch einer gar nicht mehr nachliest, was da eigentlich gemeint ist. Denn um überhaupt nachlesen zu können, soll man doch bitte Namen und E-Mail hinterlassen. Dafür gibts dann ein “executive summary” einer so genannten Studie, das überhaupt nichts über die verwendete Methodik oder die Quellen der Daten verrät und ganz nebenbei sehr geschickt formuliert, was im Grunde nur Vermutungen sind.

Und was steht da genau? “The self-publishing book market in the US currently represents over $52 billion in untapped revenue.” Aha. Der Self-Publishing-Buchmarkt der USA stelle also derzeit 52 Milliarden Dollar an NICHT AUSGESCHÖPFTEN Umsätzen dar. Zu deutsch: Er KÖNNTE (unter ungenannten Umständen) 52 Milliarden Dollar groß sein und damit doppelt so groß wie der Verlags-Buchmarkt. In der Gegenwart ist er es nicht.

Was muss passieren, damit der Markt auf diese Größe wächst, und wie realistisch ist das? Ganz einfach: Leser müssten von heute auf (fast) morgen einfach dreimal so viel lesen (und kaufen) wie bisher. Ich bin ja wirklich ein Optimist, was das Leseverhalten der Menschen betrifft. Aber dass sie (im Mittel!) ihre Buchkäufe auf 300 Prozent steigern – das glaube ich beim besten Willen nicht.

Ja, der Self-Publishing-Markt wächst. Aber es wird zu einer Verdrängung kommen – der Buchmarkt insgesamt wächst nicht in diesem Maße. Was Leser vom Indie-Autor kaufen, kaufen sie nicht mehr vom Verlag. Wie am Ende das Verhältnis aussehen wird, weiß niemand, denn natürlich bleiben die Verlage nicht untätig, das ist heute schon klar erkennbar.

Den so genannten Report gibts umsonst – gegen Name + E-Mail