Alles billig? Warum es keine Niedrigpreis-Strategie der Self Publisher gibt

Straßen-Buchladen in Kalkutta (Foto: Radiokafka/Depositphotos.com)
Straßen-Buchladen in Kalkutta (Foto: Radiokafka/Depositphotos.com)

Als Niedrigpreisstrategie definiert das Gabler-Wirtschaftslexikon eine Strategie, bei der “versucht wird, sich durch niedrige Preise vom Wettbewerb abzuheben“, mit dem Ziel, “schnell hohen Absatz zu generieren und Marktanteile zu gewinnen“. Wer eine Niedrigpreisstrategie verfolgt, hat also primär nicht den optimalen Gewinn im Blick, sondern Marktanteile und Absatzmengen.

Als typische Beispiele für diese Strategie gelten der Discounter Lidl, die Luftfahrtgesellschaft Ryanair oder der Autobauer Dacia. Die Produkte dieser Unternehmen gelten den Kunden vor allem als eins: billig.

Oft fällt der Begriff aber auch, wenn es um die eBook-Preise unabhängiger Autoren geht, gern mit dem impliziten Vorwurf, diese Niedrigpreisstrategie gefährde den eBook-Markt überhaupt. Aber hält das Klischee der Überprüfung stand?

Es gibt keine Niedrigpreisstrategie der Self Publisher

Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Fehl-Wahrnehmung, die natürlich von den objektiv niedrigeren Preisen von selbst publizierten eBooks herrührt (im Mittel kosten die eBooks der Self Publisher in den Top 100 übrigens deutlich über 2 Euro, nicht 99 Cent). Dass diese möglich und richtig sind, liegt schlichtweg an den anderen Strukturen, über die ein Self Publisher seine Leser erreicht.

Bei 70 Prozent Honorar vom Netto-Verkaufspreis nimmt ein Indie-Autor genausoviel ein wie bei einem dreifach teureren Verlags-eBook, und zwar bei identischen Kosten. Der Self Publisher verkauft sich, seine Leistung, gar nicht billig. Er drückt auch, anders als Lidl oder Ryanair, die Preise seiner Lieferanten (Lektoren, Grafiker und andere Dienstleister) nicht so weit wie möglich. Und er verkauft nicht, um Marktanteile zu gewinnen, unterhalb seiner Kosten. Der Autor profitiert in der Preisgestaltung für eBooks lediglich vom direkten Absatzkanal, den ihm die eBook-Verkäufer einräumen. Im Grunde wäre es da schon Betrug am Käufer (Leser), würde der Autor diese Vorteile nicht in Form eines günstigeren Preises weitergeben.

Dass meine Analyse zutrifft, erkennt man sehr schön, wenn wir nicht mehr von eBooks, sondern von gedruckten Büchern sprechen. Seltsamerweise hat hier niemand den Self Publishern eine “Hochpreisstrategie” vorgeworfen, als ein im Print on Demand hergestelltes Taschenbuch mit 300 Seiten noch drei bis fünf Euro mehr kosten musste als ein in Auflage gedrucktes Verlagsbuch. Die Strukturen ließen Indie-Autoren damals eben nur eine mögliche Preisstrategie.

Inzwischen haben sich die Verhältnisse geändert: Bei Anbietern wie ePubli, BoD oder CreateSpace können Self Publisher nun auch konkurrenzfähige Taschenbuchpreise durchsetzen. Sie haben dabei dieselben Buchhandelsstrukturen vor sich wie die Verlage – und folgerichtig kosten Indie-Taschenbücher auch nicht weniger als vergleichbare Verlags-Produkte.