Die Erzählperspektive verbindet den Leser mit dem Roman. Sie sorgt für Nähe oder Distanz und sie ist es, die den Leser zu Beginn eines Romans gewinnt, ihm das Ablegen seiner Skepsis erleichtert und ihn in den Roman hineinzieht. Manchmal können schon kleine Fehler in der Perspektive den Leser aus dem Roman reißen. Drei weit verbreitete Fehler oder zumindest Schwachpunkte sehen wir uns genauer an.
Autor: Stephan Waldscheidt
Das Durchbrechen der vierten Wand, wie es in der Filmsprache heißt, hat seinen besonderen Reiz: Der Autor/Erzähler oder eine Filmfigur redet direkt zum Leser oder Zuschauer. Wie amüsant das sein kann, zeigt aktuell der Film »Deadpool 2« (USA 2018).
Leider nehmen zu viele Autoren Atwood hier beim Wort. Bei ihnen gerät das, was zwischen Anfang und Ende läuft, tatsächlich zu einer einzigen Abfolge an Was: A passiert, dann passiert B, dann C, gefolgt von D und E, worauf F, G, H und I sich anschließen, bevor J, K, L und M kommen. Und immer so weiter, bis die »Geschichte« (wohlgemerkt: in Anführungszeichen) ihr Ende hat. Leser schaffen es selten bis dahin. Warum?
Im Film »Der Soldat James Ryan« (USA 1998) von Steven Spielberg wird, ganz klassisch, das zentrale Ziel der Story im ersten Plotpoint festgelegt, nach exakt zwanzig Prozent des Films strukturell und dramaturgisch gut platziert: Der Soldat James Ryan aus Iowa, gerade im Einsatz im Frankreich der Invasion vom Sommer 1944 verschollen, soll gefunden und sicher nach Hause gebracht werden.
Keine Entscheidung, die Sie bei Ihrem Roman treffen, hat unmittelbarere Auswirkungen als die der Erzählperspektive. Dabei geht es um viel mehr als um die Frage, ob man lieber »sie sagte« oder »ich sagte« schreibt, es geht um viel mehr als um die Konsistenz des Point-of-view oder um ein Vermeiden von Head Hopping. Mit der Perspektive entscheiden Sie sich dafür, mit welcher Stimme Ihr Roman zu seinen Lesern spricht.
Viele Empfehlungen von Schreibratgebern oder Autorencoaches helfen Ihnen weiter. Je kürzer Ihre Autorenreise in den Buchmarkt oder auf die Bestsellerlisten ist, desto mehr profitieren Sie von Unterstützung. Doch Gefahren drohen.
In fast jedem Roman wird der zentrale Plot von Subplots begleitet. In einem gut geplotteten Roman hängen alle diese Plots untrennbar miteinander zusammen. In einem guten Roman stärken diese Plots einander.
Viele Autoren quält das Problem: Wie beschreibe ich Gesten, insbesondere komplizierte, in meinem Roman?
Spannung gehört auch in Liebesromane, in erotische Romane – und in Sexszenen. Mehr noch: Da Sexszenen ja in vielen Fällen einen Schlüsselmoment in der Beziehung zweier wichtiger Charaktere bedeuten, besitzen sie nicht das Potenzial hoher Spannung, ja, sie verpflichten Sie als Autor oder Autorin dazu, dieses Potenzial auszuschöpfen.
Die Szene ist in den aktuellen Romanen die mit Abstand am weitesten verbreitete Handlungseinheit. Hier folgen die Romane dem Medium Film einerseits und der dramatischen Notwendigkeit andererseits. Nur wenn Sie wissen, was genau eine Szene ist und soll und wann Sie sie brauchen, können Sie sie in Ihrem Roman optimal einsetzen.