Autoren-Tipp: 8 Fragen und Antworten zu Amazons Verlagsarm “Amazon Publishing”

Wenn Sie ein, zwei erfolgreiche Titel über Amazon (insbesondere direkt über KDP) veröffentlicht haben, dauert es meist nicht lange, und Sie bekommen eine Anfrage per E-Mail, deren Absendeadresse auf “amazon.com” endet. Sie haben Amazon Publishing am Draht, Amazons Verlags-Arm, der seit etwa 2014 auch in Deutschland recht aktiv ist. Was Sie über Amazon Publishing wissen sollten, fasst dieser Beitrag zusammen. Natürlich ist er nicht von der Firma autorisiert. Es liegen aber inzwischen genügend Erfahrungen deutscher Autoren vor, damit die Erklärungen unten plausibel und zutreffend sind.

1. Was will Amazon da eigentlich von mir?

Das ist ganz einfach zu beantworten: Vor allem Geld verdienen. Aber es gibt durchaus noch ein paar Nebenaspekte. So versucht Amazon damit, gute, vielversprechende Autoren für längere Zeit an die Firma und an die Plattform zu binden. Um auf dem Markt erfolgreich zu sein, muss der Buchhändler sich durch exklusive Inhalte von der deutschen Konkurrenz abheben.

2. Was kann mir Amazon Publishing bieten?

Das sollten Sie natürlich zuallererst den Menschen fragen, der sich bei Ihnen gemeldet hat. Sie dürfen davon ausgehen, dass Amazon auf Effizienz getrimmt ist: Wenn “APub” Ihnen nichts zu bieten hat (weil Sie vielleicht schon von sich aus sehr bekannt sind), wird man Ihnen gar nicht erst schreiben. Um etwas konkreter zu werden: Amazon Publishings stärkster Hebel ist die Marketing-Maschine, die dahinter steht. Ein (gutes) Buch in die Top 100 zu bringen, wird der Truppe eher gelingen als Ihnen allein. Von Kindle-Deals über Newsletter und Empfehlungen auf der Amazon-Homepage ist alles drin und wird auch genutzt. In den Top 100 sind meist wenigstens 15 Titel von Amazon.

Bei neuen Titeln erhalten Sie natürlich ein Lektorat. Amazon Publishing arbeitet mit bewährten deutschen Lektoren zusammen, über die Qualität des Lektorats habe ich noch nichts Schlechtes gehört. Bestehende Werke bekommen mindestens ein neues Cover (manchmal auch einen Korrekturdurchlauf) und einen neuen Preis (4,99 Euro sind die Regel). Mit im Paket sind oft auch ein Hörbuch (über die Amazon-Tochter Audible) und manchmal eine Option auf eine Übersetzung in andere Sprachen. Die Konditionen liegen dabei etwas höher als bei den meisten anderen Verlagen, insbesondere beim eBook-Honorar. Hier arbeitet die Haupt-Konkurrenz im eigenen Haus, denn bei KDP bekommen Sie natürlich 70 Prozent, nicht nur 30 oder 35 oder… (je nachdem, wie vielversprechend Sie sind). Der Vorschuss mutet demgegenüber meist bescheiden an.

Amazon Publishing veröffentlicht in der Regel Belletristik der üblichen Genres – einzige Ausnahmen können die Kindle Singles darstellen, die aber hier nicht Thema sind.

2b. Was kann mir Amazon Publishing nicht bieten?

Über Amazon Publishing veröffentlichte Bücher werden auf absehbare Zeit den stationären deutschen Buchhandel nicht erreichen (auch wenn es da in letzter Zeit wohl Gespräche gab, wie unter anderem der Buchhändler Osiander berichtete). Wenn Sie davon ausgehen, dass Amazons Anteil am Online-Buch(versand)geschäft in Deutschland bei 40 Prozent liegt und der eBook-Umsatzanteil insgesamt deutlich unter fünfzehn Prozent, dann bleiben noch jede Menge potenzieller Käufer übrig, die Ihr Buch nie in die Hände bekommen werden. Sie müssen letztlich abwägen – den Spruch mit dem Spatz und der Taube kennen Sie ja. Der Spatz ist hier, das muss man aber auch sagen, schon ziemlich fett.

Natürlich kann Amazon seine Marketing-Maschine auch nicht dauerhaft nur auf Ihr Buch konzentrieren. Mittlerweile hat man über Amazon Crossing und Amazon Publishing bald eine vierstellige Zahl deutschsprachiger Titel im Programm, die nicht alle jederzeit Bestseller sein können.

3. Kann ich selbst ein Manuskript anbieten?

Jein. Es ist nicht anders als bei den meisten großen Verlagen auch: Manuskript-Einsendungen werden eher stiefmütterlich behandelt. Die APub-Lektoren (wie in jedem Verlag sind Lektoren hier auch Produktmanager) kommen normalerweise auf Sie zu. Es spricht aber nichts dagegen, auch mal von AutorInnenseite des Gespräch zu suchen. Dafür eignen sich Buchmessen gut, denn dort treffen Sie die APub-Mitarbeiter in der Regel am Amazon-Stand.

4. Worauf sollte ich besonders achtgeben?

In allen Verlagsverträgen verbergen sich Fallstricke, das ist bei Amazon Publishing nicht anders. Von den offensichtlichen Bedingungen (Honorar, Vorschuss…) mal abgesehen, sollten Sie diese Klauseln überprüfen:

  • Wann startet der Vertrag? Müssen Sie für ein bestehendes Werk evtl. schon ab sofort einen Teil des Honorars abgeben, während die überarbeitete Version erst später in den Verkauf geht?
  • Wie lange gilt der Vertrag? Für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts (das sind 70 Jahre nach dem Tod des Autors! – eBooks werden ja immer lieferbar bleiben), für zehn Jahre oder auch für sieben oder fünf? Je kürzer, desto besser für Sie.
  • Wie ist die Konkurrenzausschlussklausel formuliert? Dürfen Sie weiterhin Bücher im selben Genre schreiben, ohne Amazon um Erlaubnis zu fragen? Eine weitgehender Konkurrenzausschluss benachteiligt Sie bei künftigen Projekten. Wenn APub nicht auf den Konkurrenzausschluss verzichten will, sollte dieser zumindest auf ein Genre begrenzt sein. Oder Sie lassen sich als Vertragsbestandteil Ihre nächsten drei Werke vorab genehmigen.
  • Bedingt Amazon Publishing sich ein Vorkaufsrecht aus? Ein Vorkaufsrecht ist wesentlich fairer als ein Konkurrenzausschluss. Damit müssen Sie Ihr nächstes Projekt zwar zuerst Amazon Publishing anbieten, aber wenn Sie sich nicht über die Konditionen einig werden, können Sie trotzdem noch einen anderen Veröffentlichungweg wählen.

Übrigens: für Titel bei Amazon Publishing erhalten Sie keine AllStar-Boni. Wenn ein Werk Ihnen also auf diese Weise Zusatzeinnahmen beschert, müssen Sie sich diese entschädigen lassen. Ihr Buch wird immer in Kindle Unlimited angeboten (Leihen werden bezahlt, allerdings nicht pro Seite und nicht aus dem KU-Fonds) und hat auch bei Prime Reading gute Chancen.

5. Für wen ist Amazon Publishing besonders geeignet?

Perfekt kommt das Angebot von APub, wenn Sie bereits in einem Genre erfolgreich sind, aber nun unter anderem Pseudonym in neue Gefilde schnuppern wollen. Die Starthilfe kann Ihrem neuen Alter Ego den entscheidenden Impuls geben. Wenn Sie jedoch bereits viele Fans mitbringen, brauchen Sie APub eventuell gar nicht und büßen dadurch nur an Optionen und Honorar ein.

6. Was ist mit meinem Agenten?

Wenn Sie bereits einen Agenten haben, ist das kein Problem – dann verhandelt der eben mit dem Verlag. Das heißt, APub tritt hier wie ein ganz normaler Verlag auf, und Sie zahlen dann die vereinbarten Prozente vom Honorar an den Agenten.

7. Wo bleibt meine Übersetzung?

Ob Ihr Buch tatsächlich übersetzt wird, entscheidet bei Vorliegen einer entsprechenden Option das deutsche APub-Team nicht beziehungsweise nicht allein. Ihr Werk muss thematisch und sprachlich in den Zielmarkt passen. Wenn es sich nicht so gut verkauft wie erhofft oder sich der Markt ändert, wird es vielleicht nie eine Übersetzung geben (es sei denn, Sie haben es geschafft, im Vertrag diese fest zu vereinbaren).

8. Bin ich als Amazon-Publishing-Autor für andere Verlage “verbrannt”?

Nein, keine Sorge – die allermeisten Verlage denken professionell genug, Ihnen Ihre Entscheidungen nicht übel zu nehmen. Wenn Sie mit Amazon Publishing erfolgreich sind, steigert das Ihre Chancen eher (aber denken Sie an das Vorkaufsrecht, das Sie eventuell unterschrieben haben). Falls Sie Ihre Karriere strategisch planen, erreichen Sie mit Amazon Publishing natürlich keine Bekanntheit im Buchhandel. Das könnte in fünf oder in zehn Jahren wichtiger sein als heute.

Haben Sie weitere Fragen zu Amazon Publishing – oder wollen Sie Erfahrungen beisteuern? Dann gern als Kommentar.