Zehn Punkte, die Sie beim Führen eines Interviews beachten sollten

“Hilfe, die Zeitung will mich interviewen”: Irgendwann kommt bei vielen Autorinnen und Autoren der Punkt, an dem sie für die Medien interessant werden. Oft sind es Lokalzeitungen oder Werbeblätter, die immer auf der Suche nach Themen rund um ihr Verbreitungsgebiet sind. Aber vielleicht haben Sie es ja auch selbst geschafft, mit Pressemitteilungen auf sich aufmerksam zu machen. Das Ergebnis ist jedenfalls: eine Journalistin oder ein Redakteur wollen ein Gespräch mit Ihnen führen, ein Interview.  Müssen Sie nun Ihr komplettes Leben vor aller Welt ausbreiten? Diese zehn Punkte sollten Sie beachten:

  1. Idealerweise gibt es ein Vorgespräch, das auch telefonisch oder sogar per E-Mail stattfinden kann. Darin sollten Sie klären, welche Art von Geschichte der Zeitungsmensch plant. Geht es um Sie persönlich (oft bei Lokalblättern, dann wird man Sie nach Ihrem Leben und Ihrem Buch fragen) – oder doch eher um das Phänomen Self Publishing (gern bei überregionalen Medien)? Oder ist gar Ihre fachliche Expertise zu einem bestimmten Thema gefragt, dienen also Ihre Bücher nur als Aufhänger (bei Fachmedien)? Welche Fragen man Ihnen stellen will, werden Sie allerdings in aller Regel erst während des Interviews erfahren. Nur bei Interviews des Kanzlers oder von Super-Promis ist es üblich, dass die Fragen vorab mitgeteilt werden.
  2. Wenn die Journalistin oder der Journalist Sie besuchen will – wählen Sie den Ort des Interviews selbst. Sie müssen niemanden in die gute Stube lassen und können sich ebenso in einem Café treffen. Falls Sie sich für das eigene Wohnzimmer entscheiden, müssen Sie damit rechnen, dass der Interviewende auch die Umgebung beschreibt. Egal, welchen Ort Sie wählen: Halten Sie Material bereit, also Ihr neues Buch, vielleicht ein paar Cover-Entwürfe oder andere Bücher, die Sie inspiriert haben.
  3. Sie sprechen nicht gern frei oder werden bei besonderen Anlässen nervös? Das ist normalerweise kein Problem, zumindest wenn es um gedruckte Medien geht. In Deutschland ist es üblich (anders als in den USA), Interviews vor Veröffentlichung zu bearbeiten. Kein seriöser Journalist wird Ihre Versprecher so abdrucken. Es könnte allerdings sein, dass in einleitenden Sätzen auf Ihre Art zu sprechen eingegangen wird.
  4. Oft zeichnet Ihr Besuch das Gespräch auf. So muss niemand mitschreiben. Sie können der Aufzeichnung widersprechen. Eine Aufzeichnung ohne Ihr Wissen (etwa am Telefon) ist verboten. Die Aufzeichnung dient aber im Grunde Ihrer eigenen Sicherheit, weil der Interviewer sich nicht auf sein Gedächtnis verlassen muss. Es kann aber hilfreich sein, selbst ebenfalls mitzuschneiden. So können Sie stets nachweisen, was Sie wirklich gesagt haben. Ich hatte allerdings im Laufe meiner über 20-jährigen journalistischen Tätigkeit noch nie einen Fall, wo ein Gesprächspartner auf diese Weise etwas beweisen musste.
  5. Sie brauchen auch nicht auf jede Frage zu antworten, die Ihnen gestellt wird. Falls Ihnen die Antwort zu persönlich ist, drücken Sie das genau so aus. Journalisten tendieren dazu, die Grenzen auszuloten, natürlich im Interesse eines möglichst spannenden Interviews. Sie werden es Ihnen aber nicht übelnehmen, wenn Sie nicht stellungnehmen wollen.
  6. Sie haben im Eifer des Gefechts etwas geäußert, das Sie so lieber doch nicht gedruckt sehen wollen? Kein Problem. Sie haben ein Recht am eigenen Wort. Dazu sollten Sie unbedingt vor Beginn des Interviews vereinbaren, dass Sie Ihre Zitate vor Veröffentlichung gegenlesen wollen. Das ist, wie gesagt, Ihr gutes Recht, auch wenn Journalist*innen nicht so gern von sich aus darauf hinweisen. Denn natürlich wollen sie am liebsten knackige Zitate drucken, keine windelweichen Formulierungen, die im Nachhinein bearbeitet wurden. Sie haben übrigens kein Recht, den kompletten Text des Artikels vorab lesen zu dürfen. Sie können allerdings nett nach dieser Möglichkeit fragen – mit dem Angebot, etwaige Fehler ausmerzen zu können. Manchmal nehmen Journalist*innen das als Arbeitserleichterung gern in Anspruch. Je größer die Zeitung allerdings ist, desto geringer sind Ihre Chancen.
  7. Meist braucht die Zeitung von Ihnen auch ein Foto. Je nach journalistischem Anspruch kommt ein Fotograf mit zum Interview oder der Interviewende fotografiert selbst. Der Fotograf oder die Fotografin werden in der Regel schon während des Interviews tätig und nehmen Ihre Art zu sprechen auf. Danach gibt es ein Dokumentarfoto (Sie und der Journalist in einem Bild, wird oft nur klein abgedruckt), und schließlich wird man versuchen, Sie in schöner oder auch typischer Umgebung abzulichten.
  8. Sie möchten kein Bild von sich in der Zeitung sehen? Das sollten Sie unbedingt schon im Vorgespräch sagen. Geht es um ein persönliches Interview, wird aus dem Termin mit Ihnen dann womöglich nichts. Leser*innen wollen sehen, wer da sricht. Expert*innen hingegen erscheinen nicht notwendigerweise im Bild. Machen Sie sich aber wegen Ihres Äußeren keine Sorgen: Sie brauchen kein Model-Typ zu sein, Lesende sehen sich gern normale Menschen an. Kleiden und frisieren Sie sich nicht anders als sonst.
  9. Sie schreiben unter Pseudonym? Auch das sollten Sie schon im Vorgespräch klären. Normalerweise ist das kein Problem. Im Text wird dann in einem Nebensatz zu lesen, dass “Mary Poppins” Ihr Pseudonym ist. Ihr realer Name muss nicht erscheinen. Allerdings werden Sie womöglich auf dem Foto erkannt. Dann wäre es doch an der Zeit, zumindest den Freundeskreis und die Verwandtschaft darüber aufzuklären, was Sie in Ihrer Freizeit so treiben. Wenn Sie Ihr Pseudonym wirklich hart schützen wollen (und Sie als Persönlichkeit interessant genug sind), lässt sich der Fragende vielleicht auch darauf ein, ein Foto zu schießen, auf dem Sie nicht erkennbar sind (etwa von hinten oder mit abgewandtem Gesicht).
  10. Schriftliche Interviews führen professionelle Medienmenschen ungern – höchstens aus Zeitmangel oder weil sie für eine fast fertige Geschichte bloß noch zwei, drei Zitate brauchen. Sie sind zwar für Sie als Autor*in am einfachsten zu absolvieren (Sie haben ja ewig Zeit, sich die Antworten zu überlegen), sind aber auch für Leser*innen am langweiligsten. Das liegt einfach daran, dass kein echtes Gespräch zustande kommen kann, selbst wenn noch ein, zwei Rückfragen nachgereicht werden.

Sie haben weitere Tipps und Erfahrungen? Dann immer her damit!