Blick in die Glaskugel: Was 2016 für Selfpublisher bringen wird

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84 Prozent der Leser der Selfpublisherbibel sind, was ihr Autorendasein betrifft, für das vor uns liegende Jahr mindestens vorsichtig optimistisch. Das ist eine hervorragende Quote – aber was wird 2016 konkret bringen? Wie im Vorjahr wage ich ein paar Prognosen – natürlich alles ohne Garantie.

Doch zuvor noch ein kurzer Reality-Check mit der zwölf Monate alten Vorhersage: Wie prognostiziert (!), hat sich mehr als die Hälfte meiner Thesen als falsch erwiesen. Oyster ist noch immer nicht in Deutschland aktiv, Tolino hat Amazon nicht so deutlich überholt wie vermutet, Tolino Media existiert (!) und den Paperwhite gibt es immer noch. Immerhin – wir haben die erste deutsche eBook-Millionärin und das erste Selfpublishing-Buch auf der Spiegel-Bestsellerliste sowie den Selfpublisher-Verband.

Was passiert also 2016?

  1. Verlage und Selfpublishing: Nachdem Mitte des Jahres der letzte deutsche Verlag sein eigenes Selfpublishing-Angebot vorgestellt haben wird (“SSS – Suhrkamp Selfpublishing Service”), ergibt sich zum Jahresende ein neuer Trend: Verlage erkennen, dass es eine gute Idee sein kann, sämtliches Engagement auf die Herstellung großartiger Bücher mit ihren eigenen Autorinnen und Autoren zu konzentrieren.
  2. Gedruckte Bücher: Farbdruck wird auch im Print-on-Demand-Verfahren erschwinglich. Kinderbuch- und Reiseführer-Autoren dürfen sich freuen – auch sie werden ihre Leser nun mit Büchern erreichen, die hinter Verlagserzeugnissen nicht zurückstehen. Die FAZ entdeckt in einer Buchhandlung zufällig ein selbstverlegtes Buch, ein veganes Kochbuch, dessen Inhalte aus dem Internet abgeschrieben sind. Das Feuilleton lobt die bunten Bilder, bemängelt aber fehlende literarische Qualität und räumt dem Selfpublishing deshalb keine großen Chancen ein.
  3. eBook-Flatrates: Die Marktbereinigung führt dazu, dass in Deutschland nur noch Skoobe und KindleUnlimited verfügbar sind. Bei KindleUnlimited sind keine Verlagstitel mehr vertreten. Skoobe hat es endlich geschafft, einen Deal mit Tolino abzuschließen. Amazon zahlt pro gelesener Seite bei KindleUnlimited ca. 0,019 Cent. Der KU-Fonds wächst trotzdem weiter, weil Kindle-eBooks nun im Mittel zehnmal so umfangreich wie 2014 sind. Das Wachstum hat selbstverständlich nur mit gestiegener literarischer Qualität zu tun.
  4. eReader: Weil dank KindleUnlimited eBooks immer dicker werden, stellt Amazon im Herbst den Paperwhite 4 mit sensationellen 64 Gigabyte Speicher vor. Das neue Modell enthält zudem eine Kamera, die den Augenbewegungen des Lesers folgt, sodass Schummeleien bei KindleUnlimited unmöglich werden. 999 Erotik-Autoren, die das Pseudonym von 99 anderen Autoren sind, stellen daraufhin die Veröffentlichung von eBooks ein. Der Schriftstellerverband verurteilt die neue Technik.
  5. Marktanteile der eBook-Shops: Am Jahresende beherrschen Tolino und Amazon gemeinsam den Markt. Tolino veröffentlicht eine monatliche Bestseller-Liste in der ZEIT. Kobo zieht sich komplett aus Deutschland zurück. Apple führt mit “Apple Books” eine sensationelle Neuheit ein – eine Flatrate für eBooks, die natürlich nur auf Apple-Geräten nutzbar ist, denn andere elektronische Geräte sind dafür nicht leistungsfähig genug. Alle Medien gratulieren der Firma zu der großartigen, völlig neuen Idee, mit der Apple den Buchmarkt revolutioniert. Der Schriftstellerverband verurteilt die Verramschung des Kulturguts Buch.
  6. Selfpublishing-Dienstleister: Um die Abwanderung der Selfpublisher zu Tolino Media und Amazon zu verhindern, setzen Dienstleister verstärkt auf Service. Marketing, Technik, Wissen, alles kann der Kunde in Paketform erwerben. Die ersten Firmen bieten an, das Buch auch komplett von Ghostwritern verfassen zu lassen. Entsprechende Anzeigen erscheinen auf den letzten Umschlagseiten von TV-Zeitschriften und verdrängen dort die Werbung für Treppenlifte.
  7. Beliebtheit von Selfpublishing: Der erste Selfpublishing-Titel wird Nummer 1 der Spiegel-Bestsellerliste. In den Berichten darüber wird jede Erwähnung des Namens “Amazon” geschwärzt. Am Jahresanfang  prognostiziert die FAZ den Niedergang des Selfpublishing. In der Jahresmitte prognostiziert die FAZ den Niedergang des Selfpublishing. Am Jahresende prognostiziert die FAZ den Niedergang des Selfpublishing.