Smashwords-Gründer Mark Coker hat im März in einem interessanten Beitrag auf seinem Blog begründet, warum Indie-Autoren in den USA bis 2020 etwa die Hälfte des kompletten Buchmarkts erobert werden haben. Coker begründet das systematisch. Er stellt sogar ein Excel-Dokument online, in das jeder Leser seine eigenen Vorhersagen eintragen kann.

Wie sieht es in Deutschland aus? Die Voraussetzungen sind hier etwas anders. Zwar belegen Self Publisher mehr als die Hälfte der Kindle-eBook-Bestsellerlisten. Doch bei anderen Händlern als Amazon besitzen sie diese Präsenz nicht. Perspektivisch dürfte der Anteil von Amazon am eBook-Geschäft hierzulande dazu eher sinken als steigen. Hinzu kommt, dass das eBook noch nicht so akzeptiert ist wie in den USA. Gerade meldete eine Studie von PwC, dass für 2017 mit einem Anteil von 16 Prozent zu rechnen sei.

Unterschreiben oder nicht?
Unterschreiben oder nicht?

Wie sehr sich die Position erfolgreicher Autoren durch das Self Publishing geändert hat, zeigt die Tatsache, dass inzwischen bei jedem erfolgreichen Indie-Autor die Verlage anklopfen und höflich um einen Vertrag bitten. Doch es gibt dabei erstens nicht nur seriöse Anbieter – und zweitens setzen auch die namhaften Verlage in ihren Vertragsvorschlägen gern Klauseln ein, die für den Autor nicht unbedingt vorteilhaft sind.

Ein unerfahrener Self Publisher, vielleicht ein bisschen geschmeichelt durch den berühmten Namen auf dem Briefpapier, vergisst dann schnell, dass das seitens des Verlags natürlich nur ein Angebot ist. Es ist wie auf dem Basar: Der Verlag rechnet damit, dass der Autor nun Gegenvorschläge macht – und am Ende einigt man sich auf ein Paket, das allen Wünschen gerecht wird.

Was sollten Sie bei den Vertragsverhandlungen beachten, worauf sollten Sie auf keinen Fall eingehen?

Ein faires Honorar

Im Vertrag sind normalerweise eine Tantieme, also ein prozentualer Anteil am Erlös, und eine feste Summe vorgesehen, ein Garantiehonorar. Die Tantieme wird in Prozent angegeben. Hier lauert aber die erste Falle: Achten Sie darauf, ob das Honorar vom Netto-Verkaufspreis des Buches (Preis minus 7 % Mehrwertsteuer) oder vom Netto-Verlagsabgabepreis (Preis minus Mehrwertsteuer minus Buchhandelsrabatt von 40-50%) berechnet wird. 10 Prozent vom Netto-Verlagsabgabepreis sind weniger als 8 Prozent vom Nettopreis. Üblich sind beim Taschenbuch 5-8 % vom Nettopreis, beim Hardcover 8-12%.

Tim Rohrer, Gründer und Betreiber der Lese-Community Leselupe.de, hat gerade ein eBook im Self Publishing veröffentlicht einen Verlag gegründet, den FeuerWerke Verlag. Ein neuer Verlag? Braucht das jemand? Das habe ich mich gefragt, als ich Tims Pressemitteilung erhielt. Und die Frage an den Neuunternehmer weitergeschickt. Im folgenden Tim Rohrers Antwort in Form eines Gastbeitrags.

Selfpublishing vs. Verlag

Immer mehr Autoren entscheiden sich heute bewusst (oder aus Mangel an Verlagsangeboten) für eine Veröffentlichung als Selfpublisher. Das ist gut, denn so werden mehr Bücher denn je veröffentlicht. Dadurch haben Leser eine größere Auswahl und Autoren, die naturgemäß einen hohen „Veröffentlichungsdruck“ verspüren, können ihr Werk selbstbestimmt der Welt präsentieren.

Die Vorteile von Selfpublishing sind offensichtlich: Das Buch wird garantiert veröffentlicht. Der Autor hat alle Entscheidungen in der eigenen Hand. Verkaufszahlen stehen meist tagesaktuell zu Verfügung. Ein deutlich größerer Anteil der Einnahmen geht ins Portemonnaie des Autors. Und vor allem kommt das Geld nicht mit 6 oder gar 12 Monaten Verzug beim Autor an (Vorschüsse bei Verlagsverträgen sind nicht garantiert), sondern meist schon 1-2 Monaten nach einem Buchverkauf.

Was spricht also heute überhaupt noch für eine Verlagsveröffentlichung?

Aus meiner Sicht als Kleinverleger sind dies im Wesentlichen zwei Themenfelder. Das erste hat mit Beratung & Strategie zu tun, das zweite mit den Kosten. Kommen wir zunächst auf das etwas komplexere Thema Beratung & Strategie zu sprechen: Dies hat viel mit Erfahrung und „Learning by doing“ zu tun. Wie so oft im Leben, macht man etwas besser, wenn man es zum zweiten, dritten oder vierten mal macht. Mit jedem Versuch wächst die Erfahrung, damit die Routine und Professionalität.

Smashwords-Gründer Mark Coker hat im Smashwords-Blog ein paar interessante Gedanken zusammengetragen – und zwar zu der Frage: Was heißt es, Self Publisher (oder auch Indie-Autor) zu sein? Zehn Thesen sind dem Branchen-Urgestein dabei eingefallen, die er in die Form eines Manifests gegossen hat:

1. Ich bin ein Indie-Autor.

2. Ich habe die Freude und Befriedigung erfahren, die Self Publishing bringt.

3. Ich habe ein Recht zu veröffentlichen.

4. Es ist mir wichtig, die kreative Kontrolle zu haben. Ich entscheide, wann, wo und wie aus meinen Worten ein veröffentlichtes Buch wird.

5. Als Indie bin ich nicht allein. Ich suche meine Partner aus.

E-Books haben aus Buchnischen mächtige Biotope gemacht: Verlage suchen im Longtail nach Talenten; in der Bedeutung hängen Kleinst- und Selbstverleger die traditionellen Verlage ab. Zehn Trends zeigen, wie viel Macht und Geld für clevere Anbieter im EBook-Longtail steckt.

Von Sebastian Halm

Der Longtail des Publishings, die von kleinen Verlagen, Portalen und Selbstverlegern bevölkerte Nische der Literatur, wird eine neue Macht erlangen. Und daran sind vor allem zwei Dinge schuld: 

  • Neben der Erfindung des E-Books sind das vor allem die Selbstabschaffung und
  • die strategischen Fehleinschätzungen zahlreicher großer Verlage.

Besonders fatal: Es gibt kaum Zahlen, die Rückschlüsse über den EBook-Longtail der kleinen und Kleinstverlage zulassen.

Denn der EBook-Markt in Deutschland entzieht sich weitgehend einer genauen Analyse, weil Zahlen Mangelware sind. Einige Dinge lassen sich jedoch aus offiziellen Erhebungen extrapolieren.

Kindle-Nutzer können eBooks schon seit dem Start des eReaders bis zu sieben Tage nach dem Kauf zurückgeben – und zwar sehr komfortabel über “Mein Kindle” und ohne dass Amazon irgendwelche Fragen stellt oder Probleme bereitet. Ab 13. Juni könnte das Rückgaberecht dank einer Novellierung des Verbraucherschutzrechts zu einem gesetzlichen Erfordernis werden. Händler haben zwar die Möglichkeit, im Kaufprozess den Käufer zum Verzicht auf sein Rückgaberecht zu zwingen, doch ob und wie Thalia, Hugendubel und so weiter das umsetzen, wird man erst noch sehen.

Aus meiner Autorensicht hoffe ich, dass alle eBook-Anbieter dem Beispiel Amazons folgen. Ein Rückgaberecht (wie beim Online-Kauf gedruckter Bücher) hilft bei der Akzeptanz und damit der Durchsetzung des eBooks – und ist dadurch ein Gewinn für alle Self Publisher, die durch die aktuellen Strukturen des Buchhandels derzeit noch vor allem digital veröffentlichen. Von diesem allgemeinen Bonus abgesehen, gibt es auch Wege, wie Autoren direkt vom Rückgaberecht profitieren können.

Daphne Unruh kannte ich bereits. Seinerzeit war der selbe Literaturagent für uns tätig gewesen. Ich hatte gerade meinen ersten Buchvertrag mit Ullstein unterzeichnet, während Daphne ihren eigenen Weg ging: mit Self Publishing. Ihr anschließender Erfolg überraschte mich. Mit Self Publishing kann man inzwischen so viele Leser erreichen? Im vergangenen November lud mich Daphne nun zum Berliner SP-Stammtisch ein. Welch ein Glück für mich!

In einer Kreuzberger Pizzeria erwartete mich geballtes Know-How: Nika Lubitsch, Matthias Matting, Michael Meisheit, Vanessa Mansini, Kira Gembri, Eileen Janket, Rebecca Cantrell. Abgesehen von Nika Lubitsch hatte mir vor diesem Abend keiner der Namen etwas gesagt. Das sollte sich schlagartig ändern, denn alles, was ich im Laufe des Abends erfuhr, sollte mich für drei Tage völlig elektrisieren und nicht mehr zur Ruhe kommen lassen.

Wie war zu diesem Zeitpunkt meine eigene Situation? Im Dezember 2008 hatte der kleine, aber feine Verlag Atlantis meinen Debütroman ‘Alles bleibt anders’ veröffentlicht (zu dieser Zeit gab es in Deutschland noch nicht einmal den Kindle). In den darauffolgenden Monaten schaukelten sich die Verkaufszahlen bis über 7.000 Stück hoch. Für einen Kleinverlag ohne nennenswerte Buchhandelspräsenz und ohne jegliches Marketingbudget ein erstaunliches Ergebnis.

Wann beginnt Amazon mit der Zählung der Verkäufe für das Bestseller-Ranking? Der US-Autor Davod Gaughran meint: Wenn das Ranking zum ersten Mal sichtbar ist. Kollege Michael Meisheit beschrieb vergangene Woche in seinem Blog seine Erfahrungen beim Start einer neuen Folge seiner eBook-Serie “Im falschen Film” – und warum er daraus die Schlussfolgerung zieht, dass Gaughran im Recht ist.

Die Zahlen, die Michael Meisheit nennt, scheinen die These zu bestätigen. Und doch gibt es Argumente, die dagegen sprechen: Die Verkäufe werden ja auch schon vor der erstmalige Anzeige eines Verkaufsrangs in KDP registriert. Sie für das Ranking zu ignorieren, wäre ein Bug – den Amazon einfach korrigieren müsste und wohl auch würde. Das ist aber bisher nicht passiert.

Zusammen mit Michael Meisheit und ein paar anderen Kolleginnen und Kollegen (vielen Dank für die Mithilfe!) habe ich die Theorie deshalb noch einmal gründlich getestet. Zwei eBooks mit Dummy-Inhalten, eigentlich nicht zum Verkauf bestimmt, wurden in KDP hochgeladen und mit identischem Preis versehen. Unterschiedlich war nur der Zeitpunkt der Käufe: Bei eBook Nummer 1 erfolgten 15 Käufe, sobald der Titel online war. Titel Nummer 2 hingegen wurde zunächst nur einmal gekauft, damit Amazon das Buch überhaupt mit einem Ranking versah (Bücher ohne Verkäufe bekommen nie ein Ranking).