Datenanalyse: eBook-Preise und Umsätze in Deutschland – wann verdienen Sie am meisten?

Vor ein paar Tagen hat der US-Distributor Smashwords Zahlen vorgelegt, die Trends aus eBook-Verkäufen zwischen April 2014 und März 2015 aggregieren. Die Ergebnisse sind nicht uninteressant, aber für den deutschen Markt kaum relevant. Das liegt unter anderem daran, dass Smashwords nur einen kleinen Teil seiner Titel bei Amazon verkauft. Bis auf iBooks spielen die anderen von Smashwords belieferten eBook-Stores für deutschsprachige Werke zudem kaum eine Rolle. Smashwords formuliert diese Einschränkungen auch ehrlicherweise sehr klar in der Studie.

So ist es kein Zufall, dass die Studie zu Erkenntnissen kommt, wie der, dass Vorbestellungen (die sich bei Amazon nicht auf die Charts auswirken) wesentlich für den Erfolg seien oder unglaublich viele Gratis-Titel geladen wurden. Was bei Apple daran liegt, dass der iBookstore seit vergangenem Herbst auf iPhones vorinstalliert ist und deshalb von vielen Nutzern ausprobiert wurde. Apple ist hier auf ähnlichem Stand wie Amazon vor drei Jahren.

Welche Preis-Sektoren waren 2015 in Deutschland besonders erfolgreich? Ich habe das in meiner Datenbank für Verkäufe ab dem 1. Januar bis heute recherchiert. Zunächst die Brutto-Zahlen:

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Sie erkennen, dass die 99-Cent-Titel sowohl in den Top 100 als auch in den Top 1000 das Übergewicht haben. Überraschend ist aber schon hier, dass 3,99- und 4,99-Euro-Titel zusammen die 99-Cent-Titel bereits überflügelt haben. In den Top 1000 wird dieser Trend noch deutlicher. Teurere eBooks spielen, wenn es darum geht, Geld zu verdienen, auf den ersten Blick keine Rolle.

Stueckzahl_Top100

Das Bild zeigt die Verhältnisse recht klar. Allerdings reicht es nicht, sich die Stückzahlen anzusehen. Entscheidend sind die Umsätze. In der folgenden Tabelle habe ich mit den für Selfpublisher bei Amazon geltenden 35 Prozent bei Preisen unter 2,99 Euro gerechnet. Für Verlage beziehungsweise Lieferung über Distributoren sieht es dadurch etwas anders aus, dazu später mehr.

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Die Tabelle zeigt gleich mehrere interessante Fakten. 0,99- und 1,99-Euro-Titel spielen jetzt keine riesige Rolle mehr, zumindest wenn man die Top 100 und Top 1000 betrachtet. Ein neuer Peak entsteht bei 8,99 und 9,99 Euro, also typischen Verlagspreisen. Aber auch Titel über 14 Euro haben noch einen signifikanten Anteil.

Sieht man sich nun die komplette Bandbreite an, den Longtail also (wobei ich mich auf die Top 10.000 beschränkt habe), findet man erneut eine Veränderung: Plötzlich ist der Sektor um 1,99 Euro der stärkste. Zu keinem anderen Preis werden höhere Umsätze erzielt.

Aber Achtung – bevor Sie nun Ihr Buch auf 1,99 Euro setzen: Das ist eine rein statistische Aussage. Es gibt offenbar im Longtail eine große Zahl von 1,99-Euro-Büchern (es müssen mehr als halb die 99-Cent-Titel sein). Über die Erfolgschancen eines einzelnen Buches sagt diese Art von Auswertungen nichts. Wenn Sie darüber Auskunft möchten, sehen Sie sich die Top-100-Spalte an. Die tatsächlichen Verkäufe hier verraten ja auch, was die Kunden am liebsten ausgeben. Man könnte es so formulieren: Mit einem eBook für 99 Cent haben Sie die größten Chancen, in die Top 100 einzuziehen. Aber mit einem Werk für 3,99 oder 4,99 Euro verdienen Sie in den Top 100 am meisten. Es ist also eine Abwägung: größere Chancen und geringerer Verdienst versus geringere Chancen und mehr Geld in der Tasche.

Abschließend noch das versprochene Verlags- und Distributoren-Gedankenspiel. Was passiert, wenn es in allen Preisategorien statt 35 bzw. 70 Prozent genau 50 Prozent gibt? Dann verschiebt sich der Schwerpunkt der Umsätze in das Niedrigpreis-Segment. Fast drei Viertel der Umsätze in den Top 100, aber immer noch 60 Prozent über alle Titel, finden dann bei Preisen unter 5 Euro statt.