Endlich iPad-Grafik auf dem eReader? Test des Pocketbook Color Lux mit farbigem eInk-Display

Gute eReader sind praktisch: Der Akku hält fast ewig, der Bildschirm ist auch in der Sonne noch gut ablesbar, frischer Lesestoff wandert per Funk auf das Gerät, das Schriftbild ist lesefreundlich und kontrastreich, und wer eine Brille braucht, stellt einfach die Schrift etwas größer. Bei den besseren neuen Modellen kann man sogar nachts noch ohne Zusatzbeleuchtung lesen.

Einziger Nachteil: Farbdarstellung beherrschen die gängigen Modelle nicht. Es gibt zwar ab und zu Hersteller, die farbfähige Technik einsetzen. Ich habe mir zum Beispiel extra den Kyobo aus Korea (mit Qualcomms inzwischen eingestellter Mirasol-Technik) und den Ectaco-Color-eReader aus den USA (mit Color-eInk) kommen lassen. Doch massentauglich ist die Technik bisher nicht geworden – dazu war die Konkurrenz durch die Tablets wohl zu groß. Denn diese boten bisher bei geringerem Preis eine weitaus bessere und schnellere Farbdarstellung als jeder Color-eReader.

Das, dies muss ich vorausschicken, hat sich nicht geändert. Wer einen Pocketbook Color Lux in der Hoffnung kauft, darauf nun Hochglanz-Magazine oder Bildbände in einer dem Tablet vergleichbaren Optik lesen zu können, wird ganz sicher enttäuscht. Trotzdem ist das knapp 250 Euro teure Gerät interessant – und am Ende des Beitrags werden Sie wissen, warum und für wen.

eInk in Farbe?

Falls Sie das Prinzip von eInk nicht kennen: Das Display besteht im Grunde aus lauter kleinen Tintentröpfchen, die je nach angelegter Spannung eine andere Lage einnehmen. Der “Punkt” wirkt dann in 16 Graustufen mehr oder weniger schwarz. So funktionieren alle aktuellen eReader, und auch der Pocketbook Color Lux. Die Anzahl der Graustufen hat sich nicht geändert.

Allerdings liegt hier über jedem Punkt noch ein Farbfilter mit 256 Farben, den die Software ebenfalls ansteuern kann. Das macht bei 256 Farben in 16 Schattierungen insgesamt 4096 Farbtöne. Mein C64 konnte das mit Programmiertricks auch. Allerdings hat dann der Bildschirm geflimmert – und das ist beim Pocketbook Color Lux unmöglich. Hier flimmert nichts. Schrift liest sich so angenehm wie in einem Buch.

Die Farbdarstellung hingegen müssen Sie sich wie bei einer Zeitung vorstellen, nicht wie in einem Hochglanz-Magazin. Also kein Vergleich mit dem iPad – aber Bilder werden doch weitaus klarer, zumal, wenn sie etwa wie bei Comics eh nicht auf Hochglanz-Optik angelegt sind. Ein Kochbuch funktioniert auf Color-eInk gut, eine Reise-Fotobildband eher nicht, ein Fachbuch mit Grafiken wiederum wird besser lesbar als auf einem Kindle. Sie können aber auch nicht so schnell blättern wie auf einem iPad – alles läuft so gemütlich wie auf Kindle oder Tolino shine. Nur eben bunt.

Typische Farbdarstellung bei einer Illustration

Hintergrund in Rosa

Anders als auf dem Kindle ist der Hintergrund jedoch nicht bläulich weiß, sondern leicht rosa. Auch das liegt am Farbfilter. Mich stört es nicht. Der Kontrast ist nicht ganz so groß wie beim Kindle, trotzdem ist der Bildschirm in der Sonne hervorragend ablesbar. Eine Frontbeleuchtung ist ebenfalls integriert. Schade nur, dass die Auflösung trotz der acht Zoll Diagonale bei 800 x 600 Punkten stehengeblieben ist – das können sogar aktuelle 6-Zoll-eReader besser.

Bei Ausstattung und Software ist Pocketbook ja schon lange ein Geheimtipp – neben einem gejailbreakten Kindle ist er der wohl flexibelste eReader auf dem Planeten. Das gilt nicht nur für den Lux Color, sondern auch für die anderen Modelle. Pocketbook setzt auf allen sinnvollerweise dieselbe Software ein. Das Gerät liest brav alle Formate, die man ihm vorsetzt (inklusive Amazons Mobipocketformat, wenn man das DRM weglässt und auf das Ansehen von Bildern verzichten kann). Da ePub und PDF mit DRM (Kopierschutz) unterstützt werden, ist das Gerät mit jedem deutschen Download-Store (außer Kindle, falls DRM) und auch mit der Onleihe der Bibliotheken einsetzbar. Ist der eReader in ein WLAN eingebunden, kann man dabei auch auf die Nutzung von Adobe Digital Editions und PC verzichten – dann fragt das Gerät die Lizenz selbstständig ab.

Hinter der Klappe obe rechts verbergen sich Micro-USB-Buchse und MicroSD-Kartenfach

Die Software basiert auf Linux und wird regelmäßig via Funk aktualisiert. Pocketbook hat nicht nur einen eReader eingebaut, sondern auch diverse Apps (Feedreader, Browser, Schach, Sudoku…). eBooks lassen sich auch vorlesen, einzelne Wörter übersetzen. Die Liste der Möglichkeiten ist so lang, dass sich ein Handbuch lohnt. Und auch das liegt bei, wenn auch elektronisch.

Wer den Color Lux haben muss

Gestört hat mich eigentlich nur, dass der Knopf so winzig ist, der das Gerät in den Schlafmodus schickt. Die Tasten zum Blättern und für Menüs sind etwas gewöhnungsbedürftig, man kann das Gerät aber auch gut über seinen Touchscreen bedienen. Durch das relativ große Format liegt der Color Lux nicht ganz so gut in der Hand wie ein 6-Zoll-eReader, zumal er ein eher quadratisches Format besitzt. Mit 300 Gramm liegt das Gewicht noch deutlich unter iPad & Co., aber auch ebenso klar über Kindle & Co.

Auch die Oberfläche des Pocketbook Lux Color setzt ein wenig auf Farbe

Fazit: Der Pocketbook Color Lux ist ein eReader für Vielleser, die mehr als nur Romane konsumieren. Sach- und Fachbücher sind seine Domäne. Außerdem punktet er mit der flexiblen Software, die aber auch Einsteiger nicht abschrecken muss.

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