Happy Birthday, Kindle Direct Publishing (plus mein Geschenk zum Fünften)

Im April 2011 brachte Amazon zusammen mit dem Kindle Keyboard auch Kindle Direct Publishing nach Deutschland. Es ist wirklich nicht übertrieben, wenn ich sage: KDP hat mein Leben verändert. Ich hatte mir immer vorgenommen, spätestens mit 50 einen Roman zu schreiben. Mit 50, weil mir das Projekt “Roman” immer sehr kompliziert erschienen war. Schließlich war ja nicht nur ein Buch zu schreiben, sondern auch noch ein Verlag zu finden, was ich immer für die schwerere Aufgabe hielt, obwohl (oder weil) ich seit dem Studium in Verlagen arbeitete.

Der 50. Geburtstag liegt noch vor mir, und ich habe bereits über 50 Bücher in meiner Veröffentlichungsliste, darunter auch den Roman, den ich immer schreiben wollte. Bis auf drei Verlagstitel sind alle über Kindle Direct Publishing auf den Markt gekommen. Ich lebe vom Schreiben, ohne dass mir jemand sagt, was ich schreiben soll. Als Kind war das mein Traum – aber ich wäre auch gern ins Weltall geflogen. Das verdanke ich, das muss ich wirklich so sagen, dem perfekten Timing, mit dem KDP in Deutschland gestartet ist. Klar, irgendwann wäre Apple vielleicht groß ins Selfpublishing eingestiegen, aber ohne die starke Präsenz von Amazon auf dem deutschen Markt gäbe es heute noch kein Tolino-Selfpublishing (und vermutlich auch keinen Tolino-E-Reader) – und ich wäre wohl immer noch angestellter Redakteur bei einem Nachrichtenmagazin. Die Selfpublisherbibel gäbe es natürlich ebenso wenig.

Nun macht man für ein solches Jubiläum ja üblicherweise Geschenke. Was schenkt man einem Großkonzern? Etwas Nützliches! Kindle Direct Publishing hat eine Menge praktischer Richtlinien. Genau wie Apple. Wer diese Richtlinien bei Apple verletzt, wird sein Buch nicht online finden. Das treibt Autoren manchmal zur Verzweiflung, weil es so teilweise läppisch anmutende Details zu beachten gilt. Doch es schafft ein, wie es so schön heißt, “konsistentes Nutzer-Erlebnis”. Das fehlt bei Amazon, und zwar zunehmend, weil eine erfolgreiche Plattform stets auch weniger seriöse “Autoren” anzieht.

Am Anfang, 2011, war das noch nicht so wichtig. Jedes neue E-Book war ein Gewinn für die Plattform. Aber Amazon verhält sich inzwischen wie eine Mutter, die es gewohnt ist, bei Missetaten ihres Sohnes wegzusehen. Man reagiert, wenn überhaupt, im Nachgang. Wenn KU-Betrüger das System auf Kosten anderer Nutzer überstrapazieren, wartet man, bis das irgendeinem Leser auffällt, statt von selbst tätig zu werden. Das ist verwunderlich, weil es die nötigen Reaktions-Mechanismen ja gibt. E-Books gelangen nie ohne Freischaltung auf den Markt. Ich habe selbst schon solche Rückfragen erhalten. Da sitzt also ein Mensch, der sich Gedanken macht. Aber es fehlen Konsequenz und Konsistenz. Die meisten der Amazon-Richtlinien werden beim Freischalten eben nicht einbezogen. Und das geht klar auf Kosten der Leser, deren Befriedigung doch Amazons erklärtes Ziel ist.

Deshalb also mein Geschenk: eine Freischalt-Checkliste für den Amazon-Reviewer. Untergliedert in sechs Bereiche, muss der Support-Mitarbeiter simple Ja-Nein-Fragen beantworten. Nur ein einziges Ja – und das E-Book geht zur Überarbeitung zurück an den Autor. Es handelt sich insgesamt nur um 14 Fragen, für die ein erfahrener Supporter vielleicht 20 Minuten braucht. Ich weiß nicht, wieviel Zeit Amazon seinen Mitarbeitern zubilligt. Doch ein Beschwerde-Verfahren über ein nicht derart geprüftes Buch dauert zweifellos länger und ist damit teurer – davon dürfte der deutschsprachige KDP-Support angesichts der KU-Betrugswelle ein Lied singen können. Eine Bearbeitung der Checkliste sollte 90 Prozent der möglichen Beschwerdefälle ausräumen.

Natürlich können sich gern auch alle KDP-Autoren ein Beispiel an der Liste nehmen – manche Unarten haben sich mittlerweile so durchgesetzt, dass sie macherorts sogar empfohlen werden.

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