Hilfe! Mein Roman ist ins falsche Genre geraten – Spannung ist genrespezifisch

Es gibt einen Grund, warum viele Genre-Romane nicht funktionieren: Der Autor oder die Autorin schreiben eine Geschichte, die thematisch dem angepeilten Genre entspricht, und denken, ihre Arbeit wäre damit erledigt. Beispiel: Ich will einen Krimi schreiben, also schreibe ich über einen Kommissar, der einen Mörder sucht. Weil diese Mördersuche ja das Kennzeichen eines Krimis ist.

Zu kurz gedacht.

Damit ein Roman in ein Genre fällt – und ich zähle auch die sogenannte seriöse oder anspruchsvolle Literatur zu den Genretexten – braucht es weit mehr als nur das Einhalten einer groben, thematischen Konvention. Ein Genre sorgt für Erwartungen der Leser. Diese sollten Sie kennen, um sie zu erfüllen, sie überzuerfüllen oder sie gezielt zu brechen. Zu diesen Erwartungen gehört auch, welche Arten von Spannung der Text haben sollte und (ungefähr) in welchem Maße oder Mix.

Jedes Genre hat seine eigene Art von Spannung, genauer gesagt: seine eigene Art, wie verschiedene Arten von Spannung gewichtet werden. Nehmen wir einen klassischen Krimi, bei dem es für einen Ermittler als Protagonisten um das Finden und Fassen eines Mörders geht. Hier steht eine Art von Spannung klar im Vordergrund: die Rätselspannung. Das heißt, für den Krimileser ist das Spannende an einem Krimi das Rätsel um den Täter.

Das heißt nicht, dass solche Romane nur eine Art Spannung haben sollten. Eine Art Spannung aber ist für ein Genre zentral, wird vom Leser gesucht und erwartet und sollte daher im Vordergrund stehen, wenn Sie viele Leser erreichen und diese nicht enttäuschen wollen.

Nehmen wir an, die Mördersuche ist nicht das, woraus der Möchtegern-Krimi seine primäre Spannung bezieht. Sondern etwa aus der Liebesgeschichte zwischen der Kommissarin und einem der Zeugen und zugleich Tatverdächtigen des Verbrechens. Den Autor interessiert hier offenbar mehr dafür, ob die beiden Liebenden zusammenkommen und zusammenbleiben, als für die Frage, wer das Mordopfer auf dem Gewissen hat. Was aber interessiert den Leser mehr?

Falls Sie eine Abweichung zwischen dem angepeilten Genre und Ihrem tatsächlichen Spannungsmix bei Ihrem eigenen Roman feststellen, haben Sie zwei Möglichkeiten. (Die Genres sind nur Beispiele.)

  1. Sie erhöhen die Rätselspannung, damit Ihr Roman die Erwartungen der Krimileser erfüllt.
  2. Sie erhöhen die Liebesspannung, damit Ihr Roman die Erwartungen der Leser des Liebesromangenres erfüllt – und verkaufen und bewerben Ihren Roman fortan als Liebesroman.

Bevor Sie sich für eine davon entscheiden, sollten Sie sich selbst fragen, welche Art Geschichte Sie lieber erzählen würden. Was interessiert Sie selbst mehr? In vielen Fällen dürfte das Abgleiten aus dem zu Beginn angepeilten Genre in ein anderes die Antwort zumindest andeuten: Ihr Unterbewusstsein hat Ihnen gesagt, dass Sie tatsächlich einen Liebesroman schreiben möchten, keinen Krimi. Womöglich verlangen es auch die Konstellation der Figuren oder die von Ihnen erschaffenen Charaktere.

Machen Sie sich dazu bewusst, was Spannung ist: ein ungelöster Konflikt. Welcher Konflikt ist für Sie in Ihrem Roman zentral? Welcher Konflikt regt Ihre Phantasie und Kreativität am stärksten an? Denken Sie an Konflikte als den Motor Ihres Romans. Der richtige zentrale Konflikt ist meist der, der den Geschichtengenerator in Ihrem Kopf so richtig brummen lässt, der dynamische Szenen erzeugt, dramatische Dialoge, neue Konflikte. Ist der Konflikt zwischen Täter und dem Ermittler, Ihrem Protagonisten zentral? Oder eher der Konflikt / die Anziehung zwischen Ermittler und oben genannter Zeugin?

Haben Sie hingegen das Genre Ihres Romans unverbrüchlich festgelegt – etwa, weil Sie einen Verlagsvertrag über einen Genretitel haben oder der Roman ein Buch in einer Reihe werden soll –, so kann Ihnen die Frage nach den Konflikten ebenfalls helfen. Nur gehen Sie jetzt umgekehrt vor: Damit ein Krimi ein Krimi wird, brauchen Sie einen starken Konflikt zwischen Täter und Ermittler, einen Konflikt, der den gesamten Roman antreibt. Untersuchen Sie daher das Verhältnis der beiden: Wo liegen ihre Gegensätze? Worin ähneln sie sich? Was wollen beide? Was will der eine, was der andere um jeden Preis verhindern will? Welche Umstände zwingen sie zusammen (klassisch: Verbrecher verübt Verbrechen, Ermittler wird durch seine Jobdefinition zur Verbrecherhatz gezwungen.)

Falls Sie zuvor dabei waren, einen Liebesplot zu entwickeln, können Sie sich jetzt die Beziehung zwischen Ermittler und Täter ebenfalls als eine Art gescheiterte Liebesbeziehung vorstellen, um Ihre Ideenmaschine auf den gewünschten Pfad zurückzuführen.

Das Gute zum Schluss: Die Art Spannung, die Sie zurückgestuft haben, bleibt Ihnen erhalten. Und macht einen Subplot – etwa einen Liebessubplot in einem Krimi – so richtig aufregend.

Stephan Waldscheidt

Als John Alba schreibt er eine Reihe von Mystery-Thrillern, deren erster Roman jetzt erschienen ist: ZWINGER.

Was würdest du tun, um die Liebe deines Lebens von den Toten zurückzuholen? Was würdest du opfern, um deinem Zwinger zu entfliehen? Eine Krankenschwester, die Männer in eine Falle lockt, um ein wahnsinniges Experiment durchzuführen. Ein indisches Mädchen, als Sklavin gehalten, das kein weiteres Mal sterben will. Ein Familienvater, der in einem Zwinger gegen den Hungertod kämpft, für seine kleine Tochter – und gegen die Zeit.

Drei Schicksale für immer verbunden. Ein dunkles Wesen, das im Tode lauert. Kein Entkommen.

»Fulminant. Eine Story, die mich schnell in ihren Bann gezogen hat. Gut gezeichnete, vielschichtige Charaktere. Ein Schreibstil, der einfach Spaß macht. So sieht ein spannendes Buch aus.« (Khentron auf Amazon) ***** »Faszinierend!!! Schreibstil und Spannungsaufbau super. Ein muss für jeden Fan dieses Genres. Genial.« (RaMy auf Amazon)

Paperback bei AmazonE-Book für KindleE-Book für Tolino u.a.