Keine Preisbindung für Selfpublisher mehr: Unfair oder großartig?

Wie es aussieht, wird in der neuen Fassung des Gesetzes über die Buchpreisbindung das E-Book zwar explizit aufgenommen, doch genauso explizit fallen Selfpublisher in Zukunft aus dem Anwendungsbereich heraus. Das Gesetz ist zwar noch nicht verabschiedet, aber zumindest die Bundesregierung schreibt: „Elektronische Bücher, die nicht als verlags- oder buchhandelstypisch anzusehen sind, wie beispielsweise von den Autoren selbst unter Nutzung spezialisierter Plattformen veröffentlichte elektronische Bücher, fallen nicht unter die Preisbindung.“

Das ist auf der einen Seite ganz schön dreist – Selfpublisher, die bei Amazon die Hälfte der Bestsellerliste reserviert haben und auch bei den Tolino-Händlern zunehmend präsent sind, sind also “nicht buchhandelstypisch”? Haaaalllloooo?

Der Autor in mir, der Selfpublishing zukünftig als eine von mehreren Veröffentlichungsoptionen sieht, kann damit nicht einverstanden sein. Andererseits eröffnet diese Interpretation den Selfpublishern ganz neue Chancen. Wir dürfen, was Verlagen verboten ist. Wir können Bücher bei Amazon in eine Preisaktion stellen – und gleichzeitig bei Thalia den vollen Preis verlangen (andersherum funktioniert es nämlich nicht, weil der Amazon-Roboter schlauer ist als der der deutschen Händler). Wir können unsere Käufer aber auch selbst einen fairen Preis bestimmen oder sie per Tweet bezahlen lassen – ganz neue Marketing-Möglichkeiten, die der Verlags-Konkurrenz verboten sind.

Da könnte man glatt auf die Idee kommen, der Gesetzestext wäre so von Amazon diktiert werden – die Firma kann sich aber auf jeden Fall darüber freuen, denn mehr Marketing-Optionen sind für die Marktanteile noch nie ein schlechtes Omen gewesen. Während Händlerverbände dann Verlage wegen des Verschenkens von E-Books verklagen, dürfen Titel von Selfpublishern auch in Zukunft beliebig verschenkt und rabattiert werden. Jedenfalls, wenn es sich um E-Books handelt. Denn gedruckte Bücher fallen ja schon immer unter die Preisbindung. Sogar wenn sie “von den Autoren selbst unter Nutzung spezialisierter Plattformen veröffentlicht” wurden.

[poll id=”4″]