“Meiner Meinung nach gibt es drei Möglichkeiten, sein Buch gut zu verkaufen”: Amrûn-Chef Jürgen Eglseer im Interview

Jürgen Eglseer betreibt das Literaturportal Fictionfantasy und seit einiger Zeit auch mit Amrûn einen unabhängigen Onlineshop für Titel von Indie-Autoren, egal ob Print oder eBook. Der Selfpublisherbibel erläuterte Jürgen, wie sein Amrûn funktioniert, warum es so schwer ist, ein Buch in den Buchhandel zu bekommen und was er für das Hauptproblem des Self Publishing hält.

Kannst du kurz das Geschäftsmodell von Amrûn schildern?

Amrûn steht auf drei Beinen. Zum ersten ist hier der Marktplatz zu nennen, der es sich auf die Fahnen geschrieben hat, die Werke von Kleinverlagen und Selbstverlegern in den Vordergrund zu stellen. Das betrifft sowohl Belletristik als auch Comics – hier sind wir mit einigen Helfen ständig im Hintergrund beschäftigt, Buch für Buch einzupflegen und einen kooperierenden Verlag nach dem anderen hinzuzufügen. Mit der Zusammenarbeit mit Beam ebooks und eigenen, lokal angebotenen digitalen Büchern kann der Kunde auf Amrûn sowohl eBooks als auch Print-Versionen seiner Bücher finden.

Das zweite Standbein ist die klassische Verlagsarbeit – hier konzentrieren wir uns auf die phantastische Literatur, mit einigen Ausschlägen in Richtung Krimi. Bis zum Jahresende werden wir knapp zehn Werke veröffentlicht haben.

Zum Dritten verstehen wir uns als Dienstleister für Selbstverleger und Kleinverlage. Mit dem Druckmodul können wir als Ergänzung von Createspace Selfpublishern die Möglichkeit geben, ihre Bücher auch jenseits von Amazon zum Verkauf, auch im normalen Buchhandel, anzubieten. Hier bieten sich auch Schnittstellen mit dem Marktplatz an. Wir suchen die geeignetste Druckerei aus, begleiten den Druckprozess und beraten in allen relevanten Schritten. Auf Wunsch übernehmen wir den kompletten Satz und das Umschlagslayout, wir vermitteln in weiteren Modulen auch Coverillustration und Lektorat.

Woher kommt der Name?

Amrûn kommt aus der elbischen Sprache des Tolkienschen Universums und bedeutet soviel wie Sonnenaufgang.

Das Logo des Amrûn-Marktplatzes

Wenn ein Self Publisher oder Verlag über euch anbietet, mit welchen Tantiemen für den Marktplatz muss er rechnen?

Es gibt hier zwei Möglichkeiten – entweder der Verlag oder Selfpublisher versendet selbst nach einer Kundenbestellung oder wir lagern die Produktion hier auf Kommission und übernehmen auch den Versand. Entsprechend verändern sich die Konditionen – wir sind allerdings flexibel und schauen, das ist unser Anspruch, dass auch bei unseren Partnern genügend verbleibt, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Insofern wird jeder Partner auch gesondert betrachtet, da ja die jeweiligen Möglichkeiten sich unterscheiden.
Bei eBooks, die wir über Amûn anbieten, berechnen wir 25% Marge, bei Printausgaben, die wir nicht selbst versenden, werden maximal 30% fällig – aber wie gesagt – wir vereinbaren das in diesem Bereich individuell.

Gibt es technische Anforderungen, muss ein Titel Mindeststandards erfüllen? Benötigt das Buch eine ISBN?

Das Buch benötigt keine ISBN, um auf Amrûn angeboten zu werden. Über den Verlag kann ich ISBN-Nummern vergeben, wenn dies vom Kunden gewünscht wird.
Bei eBooks ist das ePub-Format empfohlen, da dies die meisten eBook-Reader lesen können. Viele bieten sowohl ePub als auch mobi an, einige auch PDF.
Wenn man von Mindeststandards redet, meinst du sicherlich auch den Inhalt. Hier eine qualitative Grenze zu ziehen, ist schwer. Nach welchen Standards sollte man das machen? Eine Richtschnur hierbei kann zum Beispiel Qindie darstellen.

Wie sieht es inhaltlich aus? Schließt ihr bestimmte Titel aus? Ist Jugendschutz ein Thema?

Ich werde keine Titel veröffentlichen, die politisch extremistische Dinge propagieren oder sexuelle Inhalte besitzen, die ein gewisses Maß überschreiten. Wenn ein Buch für Jugendliche nicht geeignet ist, sagen wir das auch in der Beschreibung, meist trifft dies für Romane oder Anthologien aus dem Horror-Genre zu. Die Gesamtzahl ist aber verschwindend. Ich gebe aber zu, das manche Titel durchaus kontrovers im Team diskutiert werden und auch diverse Bücher es nicht in den Bestand schafften.

Wie erfolgt die Platzierung / Sortierung der Bücher? Gibt es eine redaktionelle Auswahl, was auf die Startseite kommt?

Natürlich propagieren wir aktuelle Titel, andererseits versuche ich, regelmäßig alle beteiligten Verlage und Selbstverleger auf den uns zur Verfügung stehenden Kanälen zu bewerben. Hier spielt unser Idealismus, die „kleinen“ in der Branche zu fördern, auch eine große Rolle.

Wie sind die ersten Erfahrungen nach dem Start?

Aller Anfang ist schwer. Sagt man. Der Marktplatz hat natürlich das Problem, mit dem übergroßen Konkurrenten Amazon klarzukommen. Die Kunden sind es gewohnt, dass bestellte Bücher innerhalb eines Tages im Briefkasten liegen, denken eigentlich nie daran, welche Margen Amazon verlangt, damit Kleinverleger hier ihre Produktionen verkaufen können.

Das Fair Trade-Prinzip des Amrûn Marktplatzes braucht Zeit, um in die Köpfe der Menschen zu kommen, wir verzeichnen aber durchaus steigende Umsatzzahlen. Während der Verlag gerade die ersten Bücher veröffentlicht, funktioniert der Bereich Dienstleistungen schon recht gut. Vor allem Buchsatz und der Buchdruck werden gerne angenommen, wobei unsere Preise auch gerade Selfpublishern entgehen kommen, die nur mal schnell dreißig oder fünfzig Bücher für den Eigenbedarf drucken lassen wollen. Die persönliche Kommunikation macht natürlich auch ihren Teil aus.

Ihr arbeitet mit Qindie zusammen – warum? Und was bringts?

Wir sind so ziemlich von Anfang an bei Qindie dabei, weil wir auch der Überzeugung sind, dass gerade Selbstverleger in die Falle geraten, einerseits ungenügend vorbereitete Texte dem Publikum vor die Füße zu werfen und andererseits vor allem ohne Hintergrundwissen und Erfahrung in den kostspieligen Strudel von Druckkostenzuschussverlagen geraten. Eine Plattform, auf der Erfahrungen und Wissen ausgetauscht werden, Dienstleistungen für Selfpublisher und auch Werbemöglichkeiten vermittelt werden, kann hier nur positiv betrachtet werden.

Wenn Qindie in der Zukunft als Stimme vieler Autoren gegenüber Druckereien und dem Buchhandel auftritt, entstehen viele Möglichkeiten, die ein einzelner Selbstverleger niemals besitzenn wird. Gemeinsam stark, das ist das Qindie-Prinzip, dem wir uns voll anschließen. Was bringts? Auf der einen Seiten arbeite ich allein schon aus Überzeugung an diesem Projekt mit – unter anderem stammt auch das Qindie-Logo von mir. Zudem hoffe ich natürlich auf den einen oder anderen neuen Kunden, den ich via Qindie bekomme.

Was siehst du als Hauptprobleme des Self Publishing derzeit?

Das Problem ist die unglaubliche Masse an Produktionen, die derzeit den Markt überrollt und (noch) viel ungezügelten inhaltlichen und handwerklichen Schwachsinn den Kunden um die Ohren schlägt. Sicherlich wird sich das mit der Zeit etwas drosseln, da ein Markt sich bekanntlich auch gut selbst regeln kann – aber die Szene hat erst mal einen negativen Ruf weg, den er im angloamerikanischen Bereich nicht so aufgebaut hat. Allerdings – ist der Ruf mal ruiniert …

Indie-Verlage und Self Publisher, sind das Konkurrenten?

Nö, warum? Jeder Verlag ist selbst schuld, wenn er nicht flexibel genug arbeiten kann. Amrûn ist hier vielleicht ein gutes Beispiel, wie viele Schnittstellen in allen Bereichen möglich sind und auch bedient werden. Allerdings – einfach mal schnell irgendwas anbieten, ohne sich hier groß zu engagieren, das sieht man bei einigen Kleinverlagen. Das sind aber nur Trittbrettfahrer, die hier scheitern werden.

Warum ist es so schwer, ein Buch in den normalen Buchhandel zu bekommen?

Selbstverleger haben mit den technischen Voraussetzungen des deutschen Buchhandels zu kämpfen. Man kann sich eine ISBN kaufen – wo auch immer, sich diversen Schnickschnack teuer aufschwatzen lassen (wie Strichcodes usw.) und landet dann doch im Nirvana des Buchmarktes, da nur Verlage die Möglichkeit besitzen, Einträge in der VLB vorzunehmen. Amazon ist ein rotes Tuch für den klassischen Buchhändler und diverse Massen-Buchveröffentlicher schieben die Verantwortung über das Marketing auch wieder auf den Autor des Buches.

Meiner Meinung nach gibt es drei Möglichkeiten, sein Buch gut zu verkaufen. Erstens der Verlag – es gibt viele wirklich engagierte Kleinverlage; zweitens mittels einer starken Gemeinschaft wie Qindie oder drittens als einzelner Selbstverleger mit einen guten Talent für Marketing und Verkaufsstrategien.