Vor genau zwei Jahren habe ich ein kleines Experiment gestartet, von dem ich damals noch nicht wusste, dass es mein Leben verändern würde: Ich habe ein eBook bei Amazons KDP-Programm eingestellt, das damals gerade erst in Deutschland gestartet war. Angeregt hatte mich eine Pressemitteilung von Rainer Wolf, Chef des Apple- und Gadget-Versandhändlers Arktis.de, der zu dieser Zeit mit einem selbst geschriebenen Thriller die Bestsellerlisten stürmte (“Haarp”, sein Buch, läuft im iBookstore noch immer ganz gut).

Mein Versuch hieß “Kindle – das inoffizielle Handbuch“. Es wies, wie ich heute weiß, die typischen Anfängerfehler auf, vor denen ich heute jeden Einsteiger warne: Kein Lektorat, ein selbst gebasteltes Cover – trotzdem besetzte es binnen weniger Tage die Spitzenposition der Amazon-Top-10. Und dort blieb es, monatelang – erst im Herbst 2012 rutschte das Buch nach über 500 Tagen endgültig aus der Bestenliste, nachdem es 2011 der offizielle Amazon-Bestseller des Jahres war. Die französische, italienische und spanische Übersetzung verkauften sich ebenfalls sehr gut und konnten in Frankreich, Italien und Spanien die Charts erobern. Die englische Übersetzung hingegen wurde ein Flop. Auch die chinesische Version verkaufte sich nicht – das lag jedoch daran, dass Amazon sie nicht freischaltete (genausowenig wie mein Russisch-Wörterbuch). KDP erlaubt nur Bücher in den Sprachen, in denen Amazon offiziell vertreten ist. Inzwischen hat das Kindle-Handbuch seine sechzehnte Auflage erlebt, es besitzt ein schickes Cover und erfreut sich noch immer vieler Fans.


Noch 2011 habe ich es mit Wörterbüchern für den Kindle ergänzt – Handwerkszeug, das jeder Kindle-Besitzer braucht (Französisch-Deutsch und Deutsch-Französisch kommen in diesen Tagen neu in den Handel). Hinzu kamen Kindle-Kalender (erstmals am PC editierbar) und schließlich mein erstes Sachbuch, eine Reportage über meine Reise nach Fukushima, die mir den von ePubli ausgerichteten Neuen Buchpreis 2011 einbrachte. Natürlich brachte es nicht jedes Experiment zum Bestseller. “Kindle für Kinder” etwa, der “Familienratgeber zum elektronischen Lesen” fand kaum Publikum. Blackberry gelang es nicht, das Playbook-Tablet zu verkaufen – entsprechend lief auch mein Handbuch dazu nicht. Als Dauerbrenner erwies sich hingegen “Kobo – das inoffizielle Handbuch“, von dem inzwischen einige Tausend verkauft wurden.

Ausnahmsweise nicht am Sonntag-, sondern am Montagabend das wöchentliche Update der selbst publizierten Bestseller bei Amazon. Im Vergleich zur Vorwoche hat sich einiges an Bewegung ergeben – Titel, die lange unter den ersten 100 waren, sind abgestiegen, dafür sind andere erneut eingestiegen (immerhin 12 sind letzte Woche nicht in der Liste gewesen). Auffällig ist die zunehmende Häufung der 99-Cent-Titel. Der Sonderpreis wird allmählich zum beliebten Werbeinstrument – mit dem Nachteil, dass sich dieses Werkzeug vielleicht bald abgenutzt haben wird. Mehr als die Hälfte (24) der Indie-Titel kostet diese Woche wemiger als einen Euro! Der Durchschnittspreis ist diesmal auf 2,09 Euro gesunken – von 2,37 Euro in der Vorwoche.

Die Quote der Self-Publisher-Titel hat sich nicht verändert: 45 von 100, also knapp die Hälfte, sind keinem Verlag zuzuordnen. Die Nummer 1 hat sich allerdings seit langem wieder einmal ein Verlagstitel erobert, der neue Dan Brown nämlich.

Eine der meistunterschätzten Funktionen von Kindle, Kindle Keyboard und Kindle Paperwhite ist die Einbindung von Offline-Wörterbüchern. Der eReader kann automatisch und ohne Internet-Verbindung alle Begriffe, auf die er stößt, nachschlagen und am unteren oder oberen Bildschirmrand eine Erklärung dazu anzeigen. Dazu muss man lediglich den Text-Cursor mit den Pfeiltasten auf das betreffende Wort führen (bei den Tasten-Kindles) beziehungsweise den Finger auf das Wort halten.

Im Lieferumfang der internationalen Kindles sind bereits Wörterbücher all der Sprachen enthalten, in denen Amazon offiziell Kindles anbietet, also Deutsch (Duden), Englisch (Oxford), Französisch, Italienisch, Portugiesisch und neuerdings sogar Japanisch und Chinesisch. Allerdings handelt es sich dabei um erklärende Wörterbücher: Sie geben die Bedeutung eines Begriffs in der Originalsprache wieder. Der Duden erklärt also in deutschen Büchern deutsche Begriffe, das Oxford-Dictionary veranschaulicht englische Wörter in englischen (oder amerikanischen) Werken. Solche Wörterbücher sind für Leser optimal, die in einer Sprache bereits recht gut zu Hause sind, denen aber doch ab und zu mal ein kompliziertes Wort fehlt.

Basierend auf meinen wöchentlichen Self-Publisher-Charts und einer umfangreichen Auswertung von Smashwords-Gründer Mark Coker für den US-Markt lässt sich überschlagen, was verlagsunabhängige Autoren pro Woche in Deutschland verdienen – und wie sich diese Einnahmen auf die Preisstufen verteilen.

Zunächst meine Annahmen, die natürlich nur grob gelten:

  • Ein eBook auf Platz 1 verkauft pro Tag etwa 500 Stück
  • Ein eBook auf Platz 100 verkauft pro Tag etwa 50 Stück
  • Ein eBook auf Platz 10 verkauft pro Tag etwa 100 Stück
  • Für die Datenübertragung zieht Amazon im Mittel 3 Cent von den Nettoeinnahmen ab

Durch die Ränge dazwischen lässt sich eine Exponentialkurve legen. Ich habe die Funktion Verkäufe pro Tag = 2^(0.09*(100-Salesranking))+50 verwendet. Daraus ergeben sich die oben genannten Fixpunkte.

Amazons Sonderaktion zum KDP-Jubiläum ist vorüber – das ist bei den aktuellen Self-Publisher-Charts vor allem daran zu merken, dass der Durchschnittspreis der besten 45 unabhängig veröffentlichten eBooks von den 2,13 Euro der Vorwoche auf 2,37 Euro gestiegen ist. In den Top 100 sind Self Publisher dennoch kaum weniger stark vertreten: 45 (Vorwoche: 49) der Top 100 und 7 (Vorwoche: 8) der Top 10 kommen ohne Verlag aus.

Die Amazon-Aktion selbst hat den meisten der günstiger angebotenen Titel nicht geholfen. Zum regulären Preis konnten sich im Grunde nur noch Michael Linnemanns Krimis in den Top 100 halten (plus zwei, drei andere). Dafür ist vielen Neulingen der Einstieg gelungen, immerhin elf Titel sind neu dabei, einer hat es sogar bis auf Gesamtrang 14 geschafft.

Etwas rückläufig ist die Zahl der Amazon-exklusiven Titel: Von den 45 Indie-Autoren binden sich noch 32 exklusiv an diesen Anbieter.

Der Buchreport widmet sich aktuell dem Thema “Perspektiven des E-Book-Geschäfts im Buchhandel“. Eine ganze Reihe interessanter Einwürfe lese ich da – primär von Buchhändlern, aber auch von anderen Branchenexperten. Über viele Punkte besteht dabei erstaunliche Einigkeit.

  • Der Wandel des kompletten Kerngeschäfts ist nicht aufzuhalten. Das gedruckte Buch wird zwar nicht verschwinden, doch das eBook wird einen großen Teil der Umsätze übernehmen.
  • Amazon setzt die Maßstäbe und wird kaum einholbar sein – dafür ist der Vorsprung zu groß. Durch die Kopplung der Inhalte an das Gerät, etwa auch bei Apple und Google, haben es unabhängige Anbieter schwer.

Im Vergleich zur Vorwoche fallen in den Amazon-Charts eine ganze Reihe neu eingestiegener Titel mit Erscheinungstermin von 2011 auf – das Ergebnis einer Sonderaktion des Anbieters zum Jubiläum von KDP. All diese Titel sind exklusiv bei Amazon verfügbar. Das verschiebt das Kräfteverhältnis in den Top 100 noch weiter zugunsten der Selbst-Verleger. Fast die Hälfte aller eBook-Bestseller, genau 49 (Vorwoche: 41), kommt in dieser Woche von unabhängigen Autoren. 38 (Vorwoche: 29) davon gibt es nirgendwo anders zu kaufen. Unter den ersten Zehn gibt es derzeit nur zwei Verlags-eBooks.

In den Amazon-Charts hat sich in der vergangenen Woche einiges getan – doch die grundlegenden Daten haben sich nicht geändert: 41 der Top 100 sind von unabhängigen Autoren selbst publiziert, in der Vorwoche war es noch ein Titel mehr. 29 (Vorwoche: ebenfalls 29) davon sind nirgendwo anders erhältlich – Amazon ist mit seinem KDP-Select-Programm offenbar weiter erfolgreich. Immerhin sind nun drei Verlagstitel unter den ersten zehn – ein kleines Plus.

Leicht gesunken ist der Durchschnittspreis der Self-Publisher-Bestenliste: von 2,48 auf 2,44 Euro. Die Top 100 sind insgesamt erstaunlich stabil: Nur vier Neuerscheinungen haben es auf Indie-Seite in die Charts geschafft.

Nachdem ich letztens den Anteil der Self Publisher bei Amazon thematisiert habe, war auch ein Blick auf Kobo, iTunes, Google und so weiter fällig. E-Book-Anbieter also, die entweder selbst Self Publishern den Zugang erlauben oder aber ebenso komfortabel über Distributoren bedient werden können (siehe Wer verteilt mein eBook?).

Beginnen wir den Rundgang bei Kobo. In den aktuellen Top50 taucht der erste Self Publisher auf Platz 3 auf. Sein Name tut hier nichts zur Sache 😉 Immerhin erlaubt mir das gewisse Rückschlüsse auf die eBook-Verkäufe bei Kobo (aber das ist ein eigener Artikel). Weiter geht es auf Platz 11 mit einem Psychothriller. Platz 23 erreicht eine ältere Version des Buches auf Platz 3. Platz 34 und Platz 37 nehmen der erste und der zweite Band von Berlin Gothic ein – vor langer Zeit mal ein Amazon-Bestseller. Auf Platz 49 begegnet uns schließlich noch Band 3 der MondLicht-Saga von Marah Woolf. Das war’s: 6 von 50.

Die aktuellen SFP-Charts – diese Übersicht wird es ab jetzt regelmäßig hier geben: Welche eBooks deutscher, verlagsunabhängiger Autoren sind derzeit in den Amazon-Top-100 am besten platziert? Auf den ersten Blick ist das schnell nachzulesen: Was weniger als 3 Euro kostet, kommt sicher nicht aus einem Verlag. Irrtum: Auch Verlage haben inzwischen erkannt, dass ein günstiger Preis Käufer anzieht. Nicht zuletzt Amazon selbst macht mit dem eigenen Imprint Amazon Crossing den Self Publishern Konkurrenz.

Bei Amazon Crossing (der “Abteilung” von Amazon, die international erfolgreiche Titel in andere Sprachen übersetzt) erschienene eBooks nehme ich in die Übersicht bewusst nicht auf: Sie haben schließlich ein ziemlich großes Unternehmen im Hintergrund… Ebenso fehlen “ehemalige” Self Publisher. Ob nun “Shades of Grey”, Kerstin Gier oder andere – ehemalige Self Publisher werden zwar gern bei der Erfolgsgeschichte des unabhängigen Publizierens als Beispiele angeführt, aber sie sind eben nicht mehr Teil der Gegenwart. Etwas anderes ist es, wenn Autorinnen oder Autoren nur die Printrechte abgeben und mit den eBooks Self Publisher bleiben.

Als interessante Zusatzinformation habe ich das Feld “Exklusiv?” angefügt. Es verrät, ob das betreffende eBook via KDP Select exklusiv bei Amazon verfügbar ist. Tatsächlich müssen andere eBook-Anbieter auf den Großteil der selbst publizierten Hits verzichten. Zum Zeitpunkt meiner Erhebung (Sonntag Abend) waren 29 von 100 der eBook-Hits nur bei Amazon erhältlich. Wenn das kein Argument ist, sich lieber einen Kindle statt eines Tolino zuzulegen?