Tolino-Übernahme: Kommt Kobo in Deutschland doch noch ins Geschäft?

In Deutschland hat E-Book-Spezialist Kobo (inzwischen unter dem Dach des japanischen Ecommerce-Giganten Rakuten) bislang kaum Marktanteile erobern können – die großen Buchhändler hatten sich schon zu Tolino zusammengeschlossen, bevor Kobo seine anderswo bewährte Strategie umsetzen konnte, sich mit einem großen lokalen Händler zusammenzutun. In Frankreich arbeitet man z.B. mit der FNAC, in Großbritannien mit WH Smith.

Ändert sich das nun durch die Hintertür? Wie Lesen.net meldet, hat Kobos Mutterfirma Rakuten am 22. Dezember jedenfalls die Übernahme des E-Reading- und E-Reader-Geschäfts der Telekom beim Bundeskartellamt angemeldet. Die Behörde muss das Vorhaben nun prüfen. Da es nur um “wesentliche Vermögensbestandteile” geht, ist eine feindliche Übernahme ausgeschlossen, die Telekom muss also damit einverstanden sein – und wegen der Konstruktion der Tolino-Gruppe haben wohl auch die vertretenen Buchhändler schon zugestimmt.

Ein Pluspunkt für Rakuten ist sicher, dass die Firma selbst im Buchgeschäft nicht aktiv ist, ähnlich wie die Telekom. Ihr Geschäftsmodell besteht darin, Händlern über ein Marktplatzmodell den Zugang zum Kunden zu ermöglichen, ähnlich wie Amazon – nur dass Rakuten selbst nicht als Händler (und damit auch nicht als Konkurrent unter dem selben Dach) auftritt. Damit können sich Thalia, Weltbild & Co. wohl identifizieren.

Was die Genehmigung der Übernahme für die Selfpublishing-Plattform Tolino Media bedeutet, ist heute schwer abzuschätzen. Auf kurze Sicht wird sich wohl eher nichts ändern: Die Tolino-Händler können nicht plötzlich alle Tolino- gegen Kobo-E-Reader austauschen, und eine funktionierende Distribution in alle angeschlossenen Shops baut Kobo nicht über Nacht auf. Und während bei den Kooperationen von Kobo und FNAC oder WH Smith auf dem E-Reader ein Kobo-Shop installiert ist, gehören die Tolino-Kunden dem jeweiligen Buchhändler, bei dem der Kunde seinen E-Reader gekauft hat, auf dem Gerät ist also ein Thalia- oder Weltbild-Shop vorinstalliert, der sich auch nicht einfach verändern lässt. Eine nennenswerte deutsche Präsenz besitzt Kobo Writing Life, das Selfpublishing-Angebot von Kobo, zudem nicht – die Arbeitsplätze der Tolino-Media-Mitarbeiter dürften also sicher sein.

Perspektivisch dürften die Selfpublishing-Angebote aber wohl doch verschmelzen. Für die unabhängigen Autoren wäre das kein Nachteil, denn bei Kobo gibts tendenziell ein bisschen mehr Geld (70 Prozent ab einem Endpreis von 1,99 Euro, 45 Prozent darunter), außerdem sind die Titel weltweit verfügbar statt nur im deutschsprachigen Raum. Aber natürlich müssten dabei auch die Tolino-Händler mitspielen.