Zurück in die Steinzeit – neue Vorlaufzeiten für Preisaktionen

Seltsame Regeln auf dem Markt für E-Books
Seltsame Regeln auf dem Markt für E-Books

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat, was zunächst mal unspektakulär klingt, seine “Verkehrsordnung” (PDF) geändert. Es handelt sich nicht um Gesetze, sondern um Vereinbarungen, die die Zusammenarbeit der im Börsenverein zusammengeschlossenen Parteien (Verlage, Buchhändler, Grossisten…) regeln. Sie bestimmen zum Beispiel, wie eine Bestellung auszusehen hat oder welche Versandkosten Verlage berechnen dürfen. Wer Mitglied im Börsenverein ist, muss sich “möglichst” an die Verkehrsordnung halten.

Seit kurzem findet sich unter § 3, Ziffer 3 eine Änderung, die nachgerade anachronistisch anmutet. Der Text: “Änderungen und Aufhebungen von gebundenen Ladenpreisen, auch der Sonderpreise und der Sonderbedingungen, muss der Verlag bzw. der Importeur mit einer Vorlauffrist von 14 Tagen1 im VLB anzeigen. In gleicher Weise sind die Ladenpreise von Neuerscheinungen (§ 9) und Ladenpreisänderungen bei Neuauflagen (§ 13) anzuzeigen. Im Fall von E-Books gilt eine Vorlauffrist von 4 Tagen. E-Book-Aktionspreise müssen mit einer Vorlaufzeit von 28 Tagen angezeigt werden.” Im VLB werden kurzfristigere Preisaktionen ab Anfang 2016 abgelehnt.

Die Forderung lässt den Betrachter staunend zurück. Während also eine einmalige Preisänderung bei E-Books binnen vier Tagen umgesetzt sein kann, soll eine zweimalige Preisänderung gleich vier Wochen brauchen? Die Logik dahinter ist nicht erkennbar, weil sie nicht existiert. Sie schadet sowohl den Verlagen als auch den Händlern. Umso mehr fragt man sich, wer sich für ihre Einführung eingesetzt haben muss.

Die gute Nachricht: wer als Selfpublisher nicht Mitglied des Börsenvereins ist und das VLB ignoriert, ist von der Regelung nicht betroffen. Das gilt zum Beispiel für Amazon. Aber auch Tolino Media wird die neue Regelung anscheinend nicht umsetzen – so ist jedenfalls eine Äußerung der Tolino-Media-Geschaftsführerin Jördis Schulz in der Facebook-Gruppe des Börsenvereins zu verstehen. Im Grunde betrifft sie nur Unternehmen, die ihre Preise nicht direkt in die Shop-Systeme der E-Book-Händler einspeisen, sondern dafür den eigentlich erwünschten Weg über das VLB gehen. Die für Selfpublisher unvergleichlich hohen Kosten für ISBN und VLB-Eintrag lohnen sich also in Zukunft noch weniger, weil sie die Flexibilität des Autors einschränken – die eigentlich ein wesentlicher Vorteil des Selbstverlegers ist.