Aufregung um Amazon: Deadline 26. Februar

Amazons Server zicken mal wieder: Taschenbücher werden aus nicht nachvollziehbaren Gründen mit 19% Umsatzsteuer bepreist und viele Autoren berichten, dass sie massiv an Followern verloren haben. Im Netz kreist die Aufregung aber um ein anderes Thema: Amazon streicht ein Feature, von dem 99 Prozent der Nutzer vermutlich nicht einmal wussten.

Worum geht es?

Manche (s.u.) Nutzer haben in ihrem Account die Möglichkeit, eBooks auf den Computer zu laden und von dort aus per USB-Kabel auf ihren Kindle zu kopieren. So sieht das dann bei mir aus:Die Veränderung ruft eine Eigenschaft digitaler Inhalte ins Gedächtnis, egal ob eBooks, Musik oder Filme, die manchen nicht bewusst ist – die Inhalte gehören Ihnen nicht. Sie erwerben lediglich eine Lizenz, die Inhalte nach den Regeln des Anbieters zu nutzen. Das gilt industrieübergreifend. Thalia z.B. verspricht nur einen einzigen Download auf ein Gerät Ihrer Wahl (lesen Sie mal die AGB unter Punkt C). Wenn Sie Ihr Konto bei Netflix, Apple oder Amazon kündigen, können Sie dort “erworbene” Inhalte nicht mehr nutzen. Sie können die Lizenz auch nicht weiterverkaufen, was bei einem echten Buch oder einer DVD ja völlig legal möglich ist.

Was ändert sich am 26. Februar?

Nichts, wenn Sie gar keinen Kindle besitzen. Nichts, wenn Sie einen 2024 gekauften Kindle besitzen (die Option wurde für diese Modelle schon zuvor eingestellt). Nichts für Nutzer von Kindle Unlimited (KU-Titel konnte man noch nie so herunterladen – wie sollte Amazon sonst die Begrenzung auf x geliehene Titel gleichzeitig durchsetzen?).

Eigentümer eines älteren Kindle können gekaufte E-Books nun nicht mehr auf ihren Computer laden, um sie von dort per USB-Kabel auf ihren Kindle zu kopieren.

Ganz alte Kindles ohne WiFi-Funktion werden damit obsolet – Sie könnten sie allerdings (welch Ironie) via USB mit per Calibre umgewandelten ePubs bestücken.

Nutzer alternativer E-Reader (die im Besitz eines älteren Kindle sind, nur dann hatten sie bisher die Download-Option) können die heruntergeladene Datei nicht mehr mit Calibre in ein Format ihrer Wahl umwandeln. Tolino und Kindle parallel zu nutzen, wird also schwieriger. Nach wie vor lassen sich aber DRM-freie ePubs an jeden Kindle schicken.

Gibt es dadurch weniger Raubkopien?

Dass etwas schwieriger wird, heißt nicht, dass es unmöglich ist. Amazon verhindert damit nun Gelegenheits-Diebstähle. Profi-Raubkopierer, die die einschlägigen Börsen im Netz beliefern, kommen immer noch an das Material. Die eBooks landen ja immer noch auf dem Computer, nur stärker verschlüsselt. Selbst wenn ein Anbieter ein wirklich unknackbares DRM programmieren würde (was technisch unmöglich ist), muss das eBook ja irgendwann lesbar auf einem Bildschirm zu sehen sein, und spätestens dann ist der Inhalt im Klartext abnehmbar.

Ich fürchte also, das wird die Profis nicht stören.

Soll ich schnell noch all meine tausend eBooks herunterladen?

Ich kann Sie nicht daran hindern 🙂 Aber Achtung: als Backup taugt das nur so halb. Die Dateien sind mit der Seriennummer des Kindle signiert, für den Sie sie herunterladen (siehe Screenshot oben). Falls der also kaputtgeht, hilft das Backup nicht.

Aber kein Problem: Der neue Kindle lädt sich die Bücher einfach aus Ihrem Account.

Wer einen uralten Kindle ohne WiFi besitzt, sollte natürlich die Chance nutzen und bis zur Deadline alle Bücher auf das Gerät übertragen.

Und wenn ich meinen Amazon-Account kündige?

Dann passiert, was überall passiert: Sie verlieren den Zugang zu Ihren Filmen, eBooks usw., also zu all Ihren gekauften Inhalten. Daran ändert sich durch die Abschaffung der Option nichts. Was nun allerdings schwerer wird: die Bücher vorher “in Sicherheit” zu bringen (und damit gegen den Lizenzvertrag zu verstoßen).

Also nicht, worüber man sich ärgern muss?

Nicht ganz. Wenn Sie als Autorin oder Autor KDP Select nutzen (nicht für jede und jeden lohnt sich der breite Veröffentlichungsweg), können Tolino-Leser Ihre Bücher, egal ob mit oder ohne DRM, nun nicht mehr legal konvertieren und auf ihren Tolino laden.

Bisher galt die – völlig legale – Empfehlung: verzichten Sie auf das DRM, dann kann jeder Tolino-Nutzer die bei Amazon gekaufte Datei legal für seinen Tolino umwandeln. Das ist nun nicht mehr möglich.

Eine rechtlich einwandfreie Alternative wäre, das eBook erst zum Erstverkaufstag bei KDP Select anzumelden. Dann können Sie es in der Zeit davor ganz legal den Tolino-Kunden als ePub zur Verfügung stellen.

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