Mit Recycling vorhandener Gegenstände, Schauplätze, Situationen, Charaktere usw. erzählen Sie ökonomischer, da Sie statt zweier Ideen nur eine brauchen.
Autor: Stephan Waldscheidt
Spannung ist etwas Nebulöses, Ungreifbares, das irgendwie durch Romane wabert, aber letztlich nicht definiert werden kann.
Glauben Sie an diesen Unsinn? Viele Autoren tun das. Was man ihren Romanen anmerkt. Tatsächlich lässt sich Spannung bewusst erzeugen und beeinflussen. Sie lässt sich sogar definieren – und das ganz simpel.
Wer die Sprache nicht beherrscht, wird von ihr beherrscht. Als Autor müssen Sie die Kontrolle über all ihre Werkzeuge behalten – dazu gehört Ihre Muse ebenso wie Ihre Sprache.
Dialoge sind die Teile eines Romans, die die meisten Leser tatsächlich lesen, das heißt, die am seltensten überblättert werden. Damit bedeuten Dialoge auch ein Versprechen an Ihre Leser.
Wir alle mögen Menschen, die sich leidenschaftlich für etwas einsetzen. Wir mögen sie, weil sie funkeln und leuchten, weil sie intensiv sind, Energie ausstrahlen, weil sie mitreißen, weil wir uns wünschen, so zu sein wie sie, weil sie uns inspirieren und uns Hoffnung für unser Leben geben.
Über solche Menschen würden wir sogar einen ganzen Roman lesen.
Von Anfang an wird lernwilligen Autoren (also der deutlichen Minderheit, zu der Sie gehören) eingetrichtert, sie sollten ihren Protagonisten nicht schonen und ihre Heldin ebenso wenig. Oder, wie es früher hieß: »Immer feste druff!«
Gut zu schreiben macht Arbeit. Das stimmt. Meistens. Eine Ausnahme stelle ich Ihnen hier vor. Das Einzige, was Sie dazu tun müssen, ist, einen kleinen Perspektivwechsel in Ihrem Kopf zu vollziehen. Und Ihr Roman wird um einen Quantensprung spannender.
Warum gehen Leser eigentlich auf die ganzen Lügen ein, die wir als Autoren ihnen auftischen? Wieso widmen sie uns ihre kostbare Zeit, statt sie mit Fernsehen, Gassigehen oder dem Basteln der Golden Gate Bridge aus Zahnstochern zu verbringen? Weshalb tun sie das, obwohl sie uns noch nicht einmal persönlich kennen?
Charaktere einzuführen beschränkt sich nicht auf die Stellen im Roman, an denen die Charaktere auftauchen. Es beschränkt sich nicht einmal auf die Passagen, wo über die Charaktere gesprochen oder erzählt wird.
Sehen wir uns abschließend die Einführung eines nicht weniger populären Charakters an: Christian Grey aus »Shades Of Grey«. Selbst wenn Sie den Roman für Schund halten – die Autorin E. L. James muss eine Menge richtig gemacht haben, sonst wäre der Roman kein solches weltweites Phänomen geworden. Wie sie die männliche Hauptfigur einführt, ist schon mal ausgesprochen gekonnt.