Was Sie brauchen, um im Selfpublishing erfolgreich zu sein

Es gibt Menschen, die sind mit Leib und Seele Unternehmer. Andere haben lieber vierzig Jahre lang einen Chef. Und dritte sind gern selbst Chefin oder Chef in einem Unternehmen, das ihnen nicht gehört. Die persönlichen Wünsche und Voraussetzungen im Arbeitsleben sind vielfältig. Ähnlich ist es bei Autorinnen und Autoren. Seit sich Selfpublishing in der bekannten Form durchsetzt, wird das immer deutlicher. Lange Zeit gab es nur eine einzige Uniform, die sich Schreibende anziehen konnten – heute lassen sich verschiedene Modelle auch prima kombinieren.

Doch was genau brauchen Autorinnen und Autoren, die im Selfpublishing erfolgreich sein wollen?

Bevor hier Missverständnisse entstehen: Die Definition von “Erfolg” ist immer individuell. Es kann ein echter Erfolg sein, ein Buch überhaupt fertiggestellt, die schwierige Familiengeschichte bewältigt oder die Hürden einer Veröffentlichung gemeistert zu haben. Diese persönliche Einschätzung will ich in keiner Weise schmälern. Im folgenden geht es aber um eine andere Art von Erfolg – vom Schreiben leben zu können, also eine Definition auf kommerzieller Basis.

Voraussetzung 1: Freude am Schreiben

Es klingt banal – natürlich sollte gern schreiben, wer vom Schreiben leben will. Aber tatsächlich höre ich öfter, dass manche Schreibende den eigentlichen Schreibvorgang eher als stressig erleben. Sie mögen es, zu recherchieren, die Fantasie spielen zu lassen, sich Geschichten auszudenken. Aber das Aufschreiben ist dann lästig. Im Selfpublishing nimmt allerdings das Schreiben einen großen Raum ein. Das liegt an der relativ hohen Veröffentlichungsfrequenz, die für dauerhaften Erfolg nötig ist. Ein Buch im Jahr ist hier auf Dauer zu wenig.

Voraussetzung 2: Fähigkeit, mit Kritik umzugehen

Niemand mag Kritik. Sie müssen es nicht großartig finden, wenn Leser*innen Ihr Buch nicht gefällt. Aber Sie müssen einen Modus finden, damit umzugehen. Denn manchmal hat Kritik leider Recht. Wenn ich zum Beispiel die Anmerkungen meiner Lektorin lese, ist mein erster Gedanke: So ein Quatsch. Dann überlege ich mir: nun, aus ihrer Sicht mag das gerechtfertigt sein, auch wenn es aus meiner Sicht nie und nimmer stimmt. Und dann kommt der entscheidende Schritt: Wie hoch ist die Gefahr, dass Leser*innen die Sicht der Lektorin teilen? In 99 Prozent der Fälle einige ich mich dann mit mir selbst, die gewünschte Änderung vorzunehmen, um auch dieser Person, die wie meine Lektorin denkt, ein gutes Buch zu bieten. Im Nachhinein zeigt sich dann oft, dass es deutlich mehr als ein Leser ist, dem ich damit einen Gefallen getan habe.

Voraussetzung 3: Bereitschaft, auf den Leser zuzugehen

Beim ersten selbstveröffentlichten Buch besteht etwa die Hälfte des nötigen Aufwands aus Marketing (später wird es weniger). Ich muss versuchen, mein Buch unter der großen Zahl anderer Bücher sichtbar zu machen, Schritt eins, und dann Leser*innen in Fans zu verwandeln, Schritt zwei. Es gibt da viele Möglichkeiten; Selfpublishing-Autor*innen haben gegenüber Verlagen hier oft den Vorteil, ihre Leserinnen und Leser direkt ansprechen zu können. Sie beherrschen Schritt zwei besser. Keine Sorge – dank Website, Newsletter und sozialen Medien müssen Sie dazu nicht extrovertiert sein, Ihre Fans auf großen Messen persönlich umarmen oder in Talkshows lustige Geschichten erzählen. Auch Introvertierte haben sehr gute Chancen – solange die Bereitschaft da ist, sich mit den Leser*innen elektronisch auszutauschen. Eine Autor*in zum Anfassen, das ist es, was Verlage oft nicht zu bieten haben.

Voraussetzung 4: Professionelle Arbeitsweise

Buchkäufer sehen kaum auf Verlagslabel. Sie sind offen für neue Namen. Aber sie erwarten ein professionelles Produkt, das sich in nichts von einer Verlagsveröffentlichung unterscheidet. Man kann das nicht oft genug wiederholen. Die Zeiten, wo man mit einem selbstgemachten Cover kommerziellen Erfolg haben konnte, sind vorbei. Ein professionelles Produkt entsteht aber nur als Ergebnis professioneller Arbeit. Da die wenigsten Schreibenden gleichzeitig Grafikkünstler*innen sind und ein Selbstlektorat unmöglich ist, bedeutet das, dass Sie auf die Hilfe von Profis zurückgreifen müssen. Und auch die Weiterbildung sollte hier Raum bekommen. Das bedeutet aber auch, dass Sie in Ihr Buch und sich selbst investieren, ohne sicher sein zu können, dass sich die Investition am Ende rentiert. Vor diesem Problem stehen alle Verlage, aber Sie als Selbstverleger*in ebenso.

Voraussetzung 5: Vernetzung

Allein gegen die Welt – das ist schwierig. Wenn Sie bei 150.000 neuen E-Books im Jahr mit Ihrem Titel erfolgreich sein wollen, brauchen Sie Input und Hilfe von Anderen mit ähnlichen Zielen. Die treffen Sie in Vereinen wie Qindie, im Selfpublisher-Verband, in kleineren Gruppen, die gemeinsam auf Messen auftreten, in Facebook-Gruppen … Es geht darum, nicht alle guten und schlechten Erfahrungen selbst machen zu müssen, das wäre einfach ineffizient. Und oft macht es auch mehr Spaß, die Erfolge mit jemandem teilen zu können, der sie realistisch einschätzen kann.

Voraussetzung 6: Frusttoleranz

Es gibt im Autor*innenleben auch Ereignisse, die als unfair, fies, gemein oder bösartig wahrgenommen werden. Das Spektrum reicht von Problemen beim Upload und Neidrezensionen über Betrug bei KindleUnlimited und mangelnde Akzeptanz durch manche Händler bis hin zu Plagiaten und E-Book-Klauplattformen. Auf all das werden Sie früher oder später stoßen. Die Kunst besteht darin, sich den Spaß am Schreiben und Veröffentlichen nicht verderben zu lassen. Mir hilft es, an die Überzahl der ehrlichen Fans zu denken. 98 Prozent der Leser*innen und auch Ihrer Autoren-Kolleginnen und -Kollegen sind nett und ehrlich, und das ist doch eine, über alle Branchen hinweg verglichen, sehr gute Quote.