Gastartikel: Das letzte Wort ist gesprochen: BGH bestätigt Herausgabe von Tonbändern an Altkanzler Kohl

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Wenn Aussprüche eines Anderen für Ärger sorgen, dann ist mit ziemlicher Sicherheit das Zitierrecht im Spiel, das für ziemlich ungemütliche Situationen sorgen kann. Für den ehemaligen Biografen des Altkanzlers Kohl sowie seinen Co-Autor wird es nun tatsächlich richtig ungemütlich: Die Richter waren sich über alle Instanzen hinweg einig und nun hat auch der Bundesgerichtshof die Urteile der vorinstanzlichen Richter bestätigt.

Was genau die Richter entschieden haben, welche Auswirkungen das für das Autoren-Duo und den Erfolg ihres Buches haben wird und was Selfpublisher aus dem Fall lernen können, sieht sich Gastautor Ralph Günther, Gründer und Geschäftsführer von exali.de, heute genau an. Disclaimer: Dieser Beitrag entstand im Rahmen unserer Sponsoring-Vereinbarung mit exali.

Was bisher geschah…

Im April dieses Jahres haben wir bereits einmal über den aufsehenerregenden Fall berichtet. Auslöser der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Helmut Kohl und seinem ehemaligen Biografen Heribert Schwan war das Buch „Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle“, welches Schwan zusammen mit seinem Kollegen Tilman Jens veröffentlichte. Einen großen Bestandteil dieses Buches stellten wörtliche Zitate Kohls dar, die Schwan bei Interviews im Rahmen der Zusammenarbeit für eine Biografie gesammelt hatte.

Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten wurde eine Biografie nie veröffentlicht, die Tonbänder mit rund 630 Stunden Interviews bzw. Erzählungen Kohls zu seinem Leben, seinem Werdegang und seinen politischen Ämtern, behielt Schwan jedoch ein und nutzte Aussagen aus dem Tonmaterial in seinem eigenen Buch – ungefragt, versteht sich.

Forderung: Herausgabe der Tonbänder

Kohl klagte auf Unterlassung und forderte die Herausgabe der Tonbänder. Nachdem ihm nach dem Landesgericht Köln auch das Oberlandesgericht Köln Recht gab, hat nun der Bundesgerichtshof das Urteil bestätigt: Helmut Kohl kann die Herausgabe des Tonmaterials, das während der Treffen mit Heribert Schwan in den Jahren 2001 und 2002 aufgenommen wurde, fordern.

Die Richter machten deutlich, dass Kohl zwar nicht durch „Verarbeitung” (§ 950 Abs. 1 Satz 1 BGB) zum Eigentümer der Tonbänder geworden ist, da das bloße Aufnehmen von Tondokumenten keine neue Sache aus den Tonbändern mache. Dies werde auch dadurch nicht geändert, dass die Tondokumente historisch wertvoll und einmalig sind.

Anspruch auf Herausgabe aus Auftragsverhältnis

Ein rechtlicher Anspruch auf die Herausgabe ergibt sich aber dennoch – „Auftragsverhältnis“ heißt das ausschlaggebende Stichwort. Durch ihre Zusammenarbeit haben die beiden Parteien nach Meinung der Richter konkludent eine rechtlich verbindliche Vereinbarung über das von dem Kläger zur Verfügung zu stellende Material getroffen. Konkludent bedeutet, dass sich verpflichtende Vereinbarungen aus schlüssigem Verhalten ergeben und auch dann gültig sind, wenn sie nicht schriftlich in einem Vertrag fixiert worden sind.

Eine solche Vereinbarung sei in dem auftragsähnlichen Rechtsverhältnis zu sehen, in welchem Kohl als Auftraggeber und Schwan als Auftragnehmer agierte. Da der Auftragnehmer keinen Vorteil aus der Ausführung des Auftrags erlangen darf – Schwan also nicht von den Interviews mit Kohl profitieren darf – ist er zur Herausgabe verpflichtet.

Selfpublisher aufgepasst: Urheberrechtlicher Schutz von Zitaten

Mit dem Urteil ist nun auch die letzte Hoffnung des Autoren-Teams gestorben, dass ihr Buch noch gerettet werden kann. Denn das wird nun sicherlich vom Markt genommen, ohne Kohls Zitate ist es so gut wie wertlos. Und nicht nur das: Schadenersatzforderungen seitens des Altkanzlers, die dessen Anwälte mit hoher Wahrscheinlichkeit einfordern werden, dürften die beiden ebenso teuer zu stehen kommen.

Der Fall zeigt deutlich, dass es nicht besonders ratsam ist, Zitate ohne Einverständnis des Zitierten zu verwenden. Im Zweifel ist sein Persönlichkeitsrecht nämlich stärker als die Pressefreiheit, die nur dann greift, wenn das Zitat aufgrund seines hohen historischen Werts für die Öffentlichkeit von Interesse ist (was im Normalfall eher nicht zutreffen dürfte). Dies gilt selbstverständlich nicht nur für gedruckte Werke, sondern auch für Webseiten und elektronische Dokumente.

Wer nicht ohne Zitate kann, sollte sich zumindest auf die ältere Generation beschränken: 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers sind sämtliche Rechte an einem Zitat erloschen und sie können nach Herzenslust verwendet werden.

Kleiner Tipp: Die Media-Haftpflicht über exali.de schützt Selfpublisher im Falle von Rechtsverletzungen vor teuren Schadenersatzforderungen ;-).

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