Seit 2013 führen Hilke-Gesa Bußmann und Matthias Matting gemeinsam eine große Umfrage zum Stand des Selfpublishing in Deutschland durch. Der aktuelle Jahrgang der Umfrage lief bis 18. Juni – damit ist es nun an der Zeit, die Daten auszuwerten. Insgesamt haben diesmal 906 Teilnehmer die kompletten 50 Fragen beantwortet, also einen Zeitaufwand von wenigstens einer halben Stunde betrieben. Weitere 453 Nutzer haben zumindest Teilfragen beantwortet. Einen herzlichen Dank dafür!
Danken wollen wir aber auch den Dienstleistern, die den Link zur Umfrage so bereitwillig an ihre Kunden, die Autoren, weitergegeben haben, via Facebook, auf ihrer Website oder über ihren Newsletter. Nur so war die große, für das Feld des Selfpublishing repräsentative Teilnehmerzahl überhaupt möglich. Interessant übrigens, dass nur ein Viertel der 851 Teilnehmer aus 2014 in diesem Jahr erneut dabei war. Wir hoffen, dass das kein Symptom dafür ist, dass Autorinnen und Autoren das unabhängige Publizieren genauso schnell wieder fallen lassen wie sie damit begonnen haben. Andererseits werden Sie an den Antworten auf Frage 7 sehen, dass die Befürchtung wohl eher nicht zutrifft.
Damit genug der Vorrede. Wie sind die Antworten zu den Fragen 1 bis 10 ausgefallen? In den kommenden Tagen finden Sie an dieser Stelle dann auch die Auswertungen zu den Fragen 11 bis 50.
Bei der Frage nach der Zahl veröffentlichter Bücher hat sich im Vergleich zu 2014 recht wenig getan. Bei den Multi-Autoren (über 10 Werke) gibt es einen leichten Anstieg. Das sind wohl die, die im Selfpublishing erfolgreich und etabliert sind. 2013 sah das noch deutlich anders aus: Da hatten insgesamt nur 9 Prozent angegeben, mehr als 10 Bücher veröffentlicht zu haben.
Selfpublisher gelten gemeinhin als Schnellschreiber. Tatsächlich gibt es ein paar Umfrageteilnehmer, die ein Buch in weniger als zwei Monaten fertigstellen. In der Praxis brauchen 80 Prozent aller unabhängigen Autorinnen und Autoren länger als vier Monate, fast ein Drittel sogar mehr als ein Jahr. Im Vergleich zu 2014 hat sich die mittlere Veröffentlichungsgeschwindigkeit sogar leicht verringert. Sie lag 2015 bei etwa neun Monaten.
Bei der Frage nach dem Verdienst ist – wie in den vergangenen Jahren schon – eine deutliche Zweiteilung zu beobachten. Fast die Hälfte der Teilnehmer verdient nicht nennenswert mit dem Schreiben. Insgesamt ist ein leichter Anstieg der Einnahmen zu verzeichnen. 16 (2014: 14) Prozent der Teilnehmer verdienen mehr als 300 Euro im Monat. Der Durchschnittsverdienst aller Antwortenden lag in diesem Jahr bei 512 Euro (2014: 494 Euro, 2013: 312 Euro).
Dass Selfpublisher eBooks veröffentlichen, gilt als der Normalfall. Tatsächlich hat das eBook seinen Anteil im Vergleich zu 2014 noch etwas steigern können. Gleichzeitig jedoch ist ein erstaunliches Revival von Print zu beobachten. Brachten 2014 nur 32 Prozent der Teilnehmer Taschenbücher und 5 Prozent Hardcover heraus, waren es in diesem Jahr bereits 42 respektive 12 Prozent. Die im Vergleich zum Vorjahr doch deutlich besseren Konditionen scheinen hier Früchte zu tragen. Hörbuch und App sind absolute Nischenprodukte – jedenfalls bei den Autoren. Das liegt sehr wahrscheinlich daran, dass ein Angebot wie ACX in Deutschland noch fehlt.
Die Motivation für das Selfpublishing konzentriert sich wie in den Vorjahren auf zwei Faktoren: Freiheit und Kontrolle. Deren Bewertung hat sich sogar noch verstärkt, während das Argument “keinen Verlag gefunden” weiter zurückgedrängt wurde. Schlechte Erfahrungen mit Verlagen gibt weniger als ein Fünftel der Indies als Motivation an.
Amazon hat das Kindle Direct Publishing 2011 in Deutschland eingeführt – vor nun mehr als vier Jahren. Entsprechend erfahrener sind auch die Selfpublisher geworden. Fast zwei Drittel geben an, schon länger als ein Jahr dabei zu sein. Der Anteil der Neulinge mit unter sechs Monaten Erfahrung ist von 28 Prozent (2013) über 20 Prozent (2014) auf nun 16 Prozent gefallen.
Interessanterweise steigt die Zahl der Selfpublisher, die nie bei Verlagen veröffentlicht haben, von Jahr zu Jahr – inzwischen liegt sie bei 60 Prozent. Es ist zu vermuten, dass das Phänomen Selfpublishing von deutlich mehr Neuautoren als von bisherigen Verlagsautoren entdeckt wird.
Es ist nicht ganz überraschend: Im Vergleich zum vergangenen Jahr ist der Anteil derjenigen etwas gewachsen, die ihre eBooks direkt online stellen, statt einen Distributor zu nutzen. Wir werden später noch sehen, dass das (noch?) nicht am Markteintritt von Tolino Media liegt. Leicht angestiegen ist die Zahl der Autoren, die ihre Bücher über einen eigenen Shop anbieten.
Diese Grafik zeigt die konkreten Auswirkungen der Existenz des Selfpublishing auf das Verhältnis zu Verlagen sehr schön: Von Jahr zu Jahr ersparen sich immer mehr Autorinnen und Autoren längere Verlags-Bewerbungs-Touren. Man schickt das Manuskript vielleicht noch ein, zwei Mal ein, entscheidet sich dann aber schnell für die Veröffentlichung in eigener Regie. Der Anteil derjenigen, die sich gar nicht erst um Verlage kümmern, steigt parallel.
Die zehnte und für heute letzte Frage unterstützt die Aussage von Frage 9. “Unbedingt” will heute nicht einmal mehr jeder Zehnte Teilnehmer bei einem Verlag veröffentlichen. Als Option steht er oder sie dem Verlag (unter den richtigen Bedingungen) aber durchaus offen gegenüber.