Erfahrungsbericht: Mit einem teuren Ratgeber in die Amazon-Charts

Man drawing a soccer game strategy with white chalk on a blackboard.

Es steht. Das eigene Buch ist fertig. Wie schafft man es nun, dass es auch gelesen oder gar als Bestseller auf Amazon gelistet wird?

Es gibt sicherlich viele Wege, alle mit ihren speziellen Vor- und Nachteilen. Einen bestimmten möchte ich Ihnen in diesem Beitrag zeigen, nämlich wie ich es geschafft habe, mit einem Dating-Ratgeber ohne Verlag, ganz oben im Ranking bei Amazon zu erscheinen.

Zu Spitzenzeiten sogar als Bestseller Nummer 3 über alle Genres hinweg.

Der Anfang und das Ziel

Seit 2012 verkaufe ich meinen Dating-Ratgeber „Verführe mit Persönlichkeit“ für 57,40 EUR bereits über meine Webseite in Verbindung mit dem Zahlungsanbieter Digistore24. Nachdem mein E-Book dort bereits den höchsten Verkaufsrang in der Kategorie „Dating und Beziehung“ belegt hat, wollte ich weiter wachsen. Das Ziel: über Amazon neue Kunden gewinnen.

Da ich selbst auch der Unternehmer hinter dem Buch bin und über entsprechendes Marketing-Know-How sowie eine gewisse Reichweite verfüge, ist ein Verlag für mich nicht die beste Option.

Auch die BoD-Angebote waren aufgrund der geringen Autorenmarge nicht attraktiv für mich, zumal das Angebot auf Amazon somit ein Risiko zu den Verkäufen auf meiner Webseite bedeutete.

Wenn der Kunde nämlich die Wahl hat, über eine „recht unbekannte“ Webseite zu kaufen oder über Amazon, dann entscheidet er sich in den meisten Fällen für Amazon.

Ich entschied mich also dafür, das Buch ohne Verlag und ohne BoD-Lösung auf Amazon anzubieten.

An der Stelle kamen die verschiedenen Verkaufsprogramme von Amazon ins Spiel.

Für welches Verkaufsprogramm soll man sich entscheiden?

Angebote auf Amazon

  • Kindle Direct Publishing: Für viele Indie-Autoren ist das sicherlich ein toller Einstieg, für mich jedoch nicht, da die Vergütungsstruktur von KDP nicht zu meiner Preissetzung passt. Mein E-Book habe ich jahrelang erfolgreich für 57,40 EUR über meine Webseite verkauft. Wer KDP kennt, weiß, dass Amazon die Tantieme bei der Grenze von 9,99 EUR anpasst. Bis dahin erhält der Autor 70 % der Verkaufserlöse, ab einem höheren Preis nur noch 35 %. Diese Option fiel für mich damit raus, da sie mit meiner Verkaufsstrategie nicht harmonierte.
  • CreateSpace: die Book-on-Demand Lösung von Amazon. Der Vorteil ist klar, man hat keine Kosten für Druck, Lagerhaltung oder Versand, doch auch hier nimmt sich Amazon den Löwenanteil mit weit über 50 % der Verkaufserlöse. Damit war CreateSpace ebenfalls keine attraktive Lösung.
  • Amazon Advantage: das Verkauf- und Versandprogramm Amazons, wobei man sich selbst um den Druck kümmern muss. Da auch hier die Tantiemen bei nur 50 %-62 % liegen (je nach Umsatzerlösen), ist das Programm nicht die richtige Lösung für mich gewesen.

All diese Verkaufsprogramme harmonierten also nicht mit meiner Strategie, da ich nicht bereit bin, Amazon den Löwenanteil an meinen Buchverkäufen anzubieten, schließlich stellen diese Verkäufe ja eine Konkurrenz zu meinem Angebot auf meiner Webseite da, bei dem meine Marge deutlich höher ist. Doch sie haben auch große Vorteile, denn viele verkaufsfördernde Maßnahmen erlaubt Amazon nur bei den Programmen, bei denen das Unternehmen am meisten verdient.

Ich entschied mich dennoch einen anderen Weg zu gehen und es komplett in Eigenregie aufzuziehen:

  • Angebot über den Amazon Marketplace in Verbindung mit „Versand durch Amazon“: bei dieser Variante ist meine Gewinnmarge meiner Recherche nach am höchsten. Amazon verdient 15 % am Verkaufserlös, sowie 1,21 EUR für den Versand und 1,01 EUR pauschale Abschlussgebühr, was wohl so etwa, wie eine Versandpauschale darstellt. Der Vorteil dieser Variante ist, dass ich mich nicht um den Versand kümmern muss, jedoch um den Druck.
  • Eigener Druck: ich arbeite mit „Winterwork“ zusammen, die hervorragende Leistung brachten und bei meinen Recherchen zu den günstigsten Anbietern am Markt gehörten. So habe ich es geschafft, ein Taschenbuch in sehr guter Qualität mit 508 s/w Seiten zu einem Preis von 3,52 € drucken zu lassen.

Strategie & Umsetzung

Mein Ziel war es wie gesagt, meine Reichweite über Amazon zu erhöhen. Über Google werde ich bereits gefunden, doch sind diese Kunden nicht direkt kaufbereit. Anders auf Amazon: wer auf Amazon sucht, ist bereit, Geld auszugeben.

Aus dem Grund wollte ich mir Amazon als Absatzkanal erschließen und schnell mit einem guten Ranking in den jeweiligen Kategorien einsteigen. Um diesen Anfangs-Boost zu erreichen, plante ich den Ratgeber an meine Subscriber zu bewerben.

Das Problem war jedoch, dass mein Buch mit 57,40 €deutlich teurer ist als alle Bücher der Konkurrenz. Der Preis der meisten Dating-Ratgeber liegt zwischen 9,99 € und 24,99 €. Ich würde mit diesem Preis also kaum hohe Verkaufszahlen erreichen, die mir einen Bestseller-Rang bei Amazon bescheren. Den Preis allerdings auf dieses Niveau zu senken und es an all meine E-Mail-Abonnenten zu schicken, würde eine komplett neue Strategie für mich bedeuten, die meine bisherige aushebelt. Zudem hat mein Buch mit 508 Seiten zwei bis dreimal so viel Umfang wie die anderen Ratgeber, die bei Amazon gelistet sind.

Ein anderer Grund, warum ich den Preis meines Buches nicht auf dieses Niveau senken wollte, war, dass meine Webseiten-Umsätze durch diese Preissenkung stark abnehmen würden, zumal ich bei meinen Preistests herausgefunden habe, dass 57,40 € der beste Preis für Verkäufe auf meiner Webseite ist.

Würde ich den Preis nur auf Amazon senken und über meine eigene Webseite den Preis weiterhin bei 57,40 € belassen, so würde ich eine starke Abwanderung der Verkäufe von meiner eigenen Webseite hin zu Amazon feststellen, was durch den geringeren Preis zu weniger Gewinnen am Ende des Monats führen würde.

Ich musste einen anderen Weg finden, um auf Amazon Fuß zu fassen: ein Sonderangebot an die Käufer meiner Erstversion. Das waren etwas mehr als 10.000 Käufer, wobei ich nur noch ca. 6.500 davon anschreiben durfte, da sich die anderen über die Jahre bereits aus meinem E-Mail-Verteiler ausgetragen haben.

Biete ich ihnen mein Buch zum selben Preis der E-Book-Version an, schaffe ich keine Verkaufsrekorde, zumal sie ja die Inhalte bereits in digitaler Version besitzen. Doch es als Taschenbuch zu besitzen und zugleich in einer aktualisierten Version, und das zu einem ganz geringen Preis? Das macht es attraktiv.

Um das Angebot zum No-Brainer zu machen, entschied ich mich komplett auf meine Gewinnmarge zu verzichten und es zu meinen Selbstkosten anzubieten: etwa 7,99 €. Als Bonus gab es auch noch das neue Buch als E- und Audio-Book oben drauf.

Als E-Book stand es ja sowieso bereits. Nur das Audio-Book hat nochmals etwa einen Monat Arbeit benötigt. Und dann stand die Strategie fest:

  1. Launch an die Käufer der Erst-Version
  2. Angebot zu Selbstkosten ohne Gewinnaufschlag
  3. Boni durch E- und Audio-Book

Auf diese Weise sollte mein Buch in die Rankings bei Amazon gebracht werden, um den Ball ins Rollen zu bringen, erste Produktrezensionen zu erhalten und sich so den Absatzkanal zu erschließen.

Ich promotete den Verkauf dabei mit drei E-Mails an meine 6.500 Käufer der Erstversion, die ich noch anschreiben durfte. Eine vor Verkauf, eine ab Verkaufsstart und eine letzte Erinnerungsmail ein paar Stunden vor Verkaufsende.

Das Angebot galt genau 48 Stunden. 36 Stunden nach Angebotsbeginn erreichten wir unser Spitzenranking mit einem Bestseller-Rang 3 über alle Genres hinweg. Aufgrund dieses Erfolgs schob ich eine kurze Zwischenmail ein, um meinen Lesern für den Spitzenrang zu danken und zeitgleich andere Interessenten durch diesen social proof weiter anzuheizen.

Fazit

Die Strategie war aufgegangen. Ich bin ganz oben in den Rankings gelandet.

Doch ob sie auch mittelfristig Potenzial für mich hat, ist die andere Frage. Denn direkt nach Angebotsschluss habe ich den Preis wieder auf 57,40 € erhöht, um keine Abwanderung der Käufer von meiner Website zu Amazon zu riskieren. Das bedeutet natürlich wieder einen starken Ranking-Rückgang, zumal ich die hohen Absatzzahlen bei einem Nischenprodukt sowieso nicht aufrecht halten würde.

Doch auch eine Preissenkung, um mit den anderen Dating-Ratgebern wettbewerbsfähig zu sein, wirkt bislang nicht attraktiv.

Der Mehrumsatz, den Amazon mir liefern könnte, wenn ich einen niedrigen Preis ansetze, dürfte bei meinen Berechnungen nicht ausreichen, um den Umsatzverlust bei einer Abwanderung meiner Webseite-Käufer auszugleichen. Der Grund dafür ist, dass die Bestseller in der Dating-Branche einen Verkaufsrang von etwa 1400 haben, was nur wenige Verkäufe pro Tag bedeuten kann.

Bleibt also abzuwarten, ob diese Strategie auch langfristig Umsätze und Verkäufe über Amazon bringen wird oder ob die margenschwachen Programme von Amazon in Verbindung mit einem günstigeren Produktpreis die einzige Lösung für das Ausnutzen dieses Absatzkanals sind.