“Obwohl ich mein Buch über Anbieter X vertreibe, wird es bei Amazon von einem anderen Händler – womöglich sogar mit Versandkosten – vertrieben (und nicht von Amazon selbst).”
Wie passiert so etwas? Ganz einfach: Ein (geheimer) Algorithmus entscheidet, welcher Händler die sogenannte Buy-Box erhält. Das ist die Schaltfläche “In den Einkaufswagen / Jetzt kaufen”. Dieser Algorithmus gibt jedem Händler eine Chance, und so passiert es gern mal, dass nicht Amazon, sondern ein unbekannter Händler den ersten Zugriff hat.
Neunzig Prozent der Kunden klicken im Mittel direkt auf die Buy-Box. Bei Büchern vermutlich noch mehr, weil die Preisbindung ja bei vielen bekannt ist und deshalb kein Grund besteht, weiter unten auf “Andere Verkäufer” zu klicken. Dort taucht dann auch Amazon mit auf und jeder andere Händler, der das Buch verkauft.
Das Problem entsteht auch in einem anderen Rahmen. Da Kindle Direct Publishing für gedruckte Bücher keine Exklusivität fordert, entscheiden sich immer mehr Selfpublisher dazu, ihre Werke auch über andere Plattformen (etwa Tolino Media oder Tredition) zu vertreiben, die ebenfalls nicht exklusiv beliefert werden müssen. So ist das Buch auch im traditionellen Buchhandel verfügbar. Das führt dann dazu, dass dasselbe Buch bei Amazon von (mindestens) zwei Anbietern vertrieben wird – von Amazon selbst und eben von der anderen Firma. Dabei ist aber nie gesagt, wer nun die Buy-Box bekommt.
Allerdings ist der Verdienst oft bei von KDP gedruckten Büchern höher. Kann ich also irgendetwas tun, damit die Zielgruppe auf Amazon zuerst das KDP-Buch angezeigt bekommt?
Nein. Wer die Buy-Box erhält, entscheidet ein (geheimer) Algorithmus. Den können WEDER Amazon oder KDP NOCH der andere Dienstleister (Tolino, BoD etc.) beeinflussen. Ich auch nicht. Sie ebensowenig.
Nun will natürlich jeder Händler, der auf Amazon verkauft, am liebsten die Buy-Box haben. Deshalb gibt es viele Theorien dazu, welche Faktoren eine Rolle spielen könnten:
- Preis: bei Büchern irrelevant.
- Lieferzeit: kann der Anbieter beeinflussen, aber dazu muss erst einmal jemand dort das Buch kaufen.
- Über Prime erhältlich: bei den meisten Händlern der Fall.
- Kundenbewertungen: Hier geht es um die des Händlers, nicht des Autors oder Buches.
- Kundenzufriedenheit: bei hohen Umtauschquoten gibts Abzüge.
Können Sie davon etwas beeinflussen? Jein. Die Lieferzeit ist ein Faktor – WENN der Anbieter schnell liefert, könnten Sie theoretisch mit Eigenbestellungen dafür sorgen, dass Amazon davon erfährt. Bringt das immer die Buy-Box? Ganz gewiss nicht. Der sekundäre Händler muss ja auch erst einmal flotter liefern als die Nummer eins!
Und es kostet natürlich den Preis von ein paar Büchern (niemand weiß, wie viele Sie bestellen müssen, damit sich etwas verändert). Denn wenn Sie auf die Idee kommen, diese anschließend wieder zurückzugeben, wird der Händler abgestraft.
Mein Tipp: kalkulieren Sie so, dass es sich auch über Tolino Media & Co. lohnt, und stören Sie sich nicht daran, wenn andere Händler Ihre Bücher verkaufen. Ihr Honorar bekommen Sie trotzdem!
Könnte Amazon sich nicht automatisch immer selbst die Buy-Box geben? Könnten sie! Aber das würde die Kartellbehörden auf den Plan rufen, wie bei jedem anderen Händler mit so großer Marktmacht.