Interview mit Selfpublisherin Halo Summer: Mein größter Traum ging in Erfüllung

Vor ein paar Wochen habe ich für FOCUS einen Artikel über Selfpublishing und Selfpublisher geschrieben, anlässlich des “Kindle Storyteller“-Wettbewerbs, den FOCUS mitveranstaltet. Dazu habe ich mit einigen Autoren E-Mail-Interviews geführt, die ich im Text leider nur auszugsweise unterbringen konnte. Deshalb an dieser Stelle nun die komplette Frage-Antwort-Runde. Wir beginnen mit Halo Summer (45), die vor allem Fantasy-Lesern ein Begriff sein dürfte und mit dem modern erzählten Märchen Aschenkindel am Wettbewerb teilnimmt.

Wie sind Sie zum Selfpublishing gekommen?

Als ich mit vierzehn Jahren den letzten Satz von „Herr der Ringe“ las, schwor ich mir unter Tränen, Schriftstellerin zu werden. Mir war damals nicht klar, dass meine größte Leistung darin bestehen würde, jahrelang gegen geschlossene Verlagstüren anzurennen und trotzdem nicht aufzugeben, sondern weiterzuschreiben. Als Amazon vor fünf Jahren die Self-Publishing-Plattform KDP ins Leben rief, ging plötzlich eine Tür auf, wo ich keine erwartet hatte – und ich rannte euphorisch hindurch.

Hat Selfpublishing Ihr Leben verändert? Und wie?

Mein größter Traum ging in Erfüllung: Meine Bücher haben ihre Leser gefunden und das hat es mir vor zwei Jahren erlaubt, meinen Beruf als Redakteurin aufzugeben und mich ganz dem Schreiben zu widmen. Indem ich selbst veröffentliche, bin ich vollkommen frei. Jede Entscheidung treffe ich alleine, aber nie einsam, da ich über das Internet ständig mit meinen Lesern und befreundeten Autoren in Kontakt stehe. Ich arbeite heute mehr als früher, auch an Wochenenden und im Urlaub, aber es ist eine Arbeit, die mich glücklich macht.

Was erhoffen Sie sich vom StoryTeller? Machen Sie etwas anders als sonst, um Ihre Chancen zu erhöhen?

Ich sehe das so: Der Storyteller-Preis ist so eine Art Party für uns Self-Publisher. Wir holen unser bestes Buch aus der Schublade und schicken es auf die Tanzfläche. Dadurch bekommen wir als Self-Publisher mehr Aufmerksamkeit und können vielleicht auch Vorurteile ausräumen, die gegen unsere Art des Veröffentlichens bestehen. In diesem Wettbewerb geht es für uns darum zu feiern, was wir geschafft haben. Am Ende bekommt einer den ersten Preis – stellvertretend für alle.

War die Teilnahme kompliziert?

Kompliziert ist, ein gutes Buch zu schreiben. Der Rest ist einfach. Man gibt lediglich das Schlagwort „kindlestorysteller2016“ beim Hochladen der Textdatei an und schon ist man mit seinem Buch beim Wettbewerb dabei.

Was wären wichtige Tipps für Teilnehmer?

Schreibt eine Geschichte, in die ihr euch bis über beide Ohren verknallt, aber seid anschließend streng und hart zu euch. Nehmt den Text auseinander, dreht jeden Buchstaben um, stellt alle Wörter infrage, bis ihr ganz sicher seid: Das ist das absolut Beste, das ich im Moment aufs Papier bringen kann.

Wie sind Sie zu Ihrem Aschenkindel gekommen?

Ich liebe das Aschenputtel-Motiv und wollte diese Geschichte schon immer auf eine rebellische und magische Weise neu erzählen. Wir haben es beim Aschenkindel nicht mit einem hilflosen, prinzenfixierten Mädchen zu tun, das darauf wartet, erlöst zu werden, sondern mit einer Heldin, die sich ihre Welt bisweilen sarkastisch, aber auch in liebender Begeisterung erobert. Aschenkindel braucht keine Einladung zum Ball, es kann überall tanzen. Und wie ich das gerade so sage, denke ich: Mit uns Self-Publishern ist das eigentlich ganz genauso.