Stiltipp: Wie Sie »als« und »während« effektiver verwenden – oder weglassen

Wie in allen anderen Berufen und Berufungen gibt es auch beim Schreiben Kennzeichen, die untrüglich den Anfänger vom Fortgeschrittenen unterscheiden – und keine Schande sind. Bei Anfängern.

Beim Schreiben zählen erzählerische Unzulänglichkeiten ebenso dazu wie stilistische Macken. Die schlechte Nachricht: Auch in Ihren Texten finden sich von beiden eine Menge. Die gute Nachricht: Sie können das ändern. Die noch bessere Nachricht: Bevor Sie diese Schwächen nicht ausgemerzt haben, braucht sie niemand zu bemerken. Schreiben ist Überarbeiten und das ist gut so.

Also los, gehen wir gleich zwei eng verwandte Klassiker stilistischer Anfängerfehler an.

Fred warf Martin aus seiner Wohnung. Als Martin auf dem Boden im Hausflur aufschlug, jagte ein heftiger Schmerz durch seinen Rücken.

Der Satz mit »als« ist okay, oder? Grammatikalisch und so, nicht? Solche Sätze liest man schließlich andauernd. Solche Sätze schreiben Sie andauernd. Dennoch holpern sie stilistisch. Warum?

Solche Sätze mit »als« zwängen mehrere Vorgänge in einem Satz zusammen, die man in den meisten Fällen besser hintereinander, in Aktivsätzen, ausdrücken würde. Das liest sich flotter, fordert vom Leser weniger Vorstellungsarbeit und überbringt dieselbe Information.

Martin schlug auf dem Boden im Hausflur auf und ein heftiger Schmerz jagte durch seinen Rücken.

Darüber hinaus fokussieren diese Sätze die Aufmerksamkeit des Lesers schon durch ihre Konstruktion auf die »Vor-, Gleich- oder Nachzeitigkeit« (Im duden.de -Eintrag zu »als«). Dabei spielt dieses zeitliche Verhältnis im Beispiel und in den meisten Fällen, wo Autoren solche Sätze unbedacht verwenden, keine Rolle. Hinzu kommt, dass der Leser auch in den Aktivsätzen das zeitliche Verhältnis aus dem Zusammenhang heraus erkennt.

Das tut er selbst dann, wenn Sie den Aktivsatz auseinanderreißen:

Martin schlug auf dem Boden im Hausflur auf. Ein heftiger Schmerz jagte durch seinen Rücken.

Ihre Leser sind fast immer schlauer, als Sie denken. Doch was selbst der schlauste Leser nicht kann: parallel lesen. Ein Leser liest Ihr Buch linear, also Satz für Satz. Warum wollen Sie ihm das erschweren?

Stilistisch ebenso unschön gerät vielen Autoren die unbedachte Verwendung der Präposition »während«.

Klassische Musik wogte durchs Zimmer, während Martin den Duft von Melanies Parfum tief einatmete.

»während – bezeichnet eine Zeitdauer, in deren Verlauf etwas stattfindet o. .; im Verlauf von« (duden.de). Wir haben hier wie oben bei »als« eine überflüssige Betonung der Chronologie. Wir haben auch hier eine umständliche Konstruktion, die der Autor besser in Aktivsätzen darstellen sollte:

Klassische Musik wogte durchs Zimmer und Martin atmete den Duft von Melanies Parfum tief ein.

oder:

Klassische Musik wogte durchs Zimmer. Martin atmete den Duft von Melanies Parfum tief ein.

Den Verlauf übernimmt der Leser automatisch und unbewusst aus der Situation in seine Vorstellungswelt: Die klassische Musik wogt im Hintergrund weiter, als Martin den Geruch einatmet. (Im letzten Satz ergibt das »als« mehr Sinn, da wir hier den zeitlichen Aspekt herausstellen und er wichtiger ist als der Inhalt, um den es uns in diesem Absatz nicht geht.)

Beide Beispiele ruinieren für sich genommen noch keinen Text. Hier und da verwendet sorgen sie sogar für Abwechslung. Doch wer sich solche Konstruktionen erst einmal angewöhnt hat, neigt dazu, sie häufig zu verwenden. So ist es auch bei »als« und »während«: Auf Dauer nerven sie und erfüllen ihre Aufgabe nicht mehr, für einen weniger gleichförmigen Lesefluss zu sorgen.

Und dann gibt es noch die Fälle, wo die Verwendung von »als« und »während« sinnvoll ist – weil sie einen Zweck erfüllt. Etwa in jenem Satz von oben, wo wir auf die Zeit fokussieren: Die klassische Musik wogt weiter, als Martin den Geruch einatmet. Oder in folgenden Konstruktionen:

Martin liebte Melanie seit Jahren, ja, er redete dauernd mit ihr, wenn er allein war, malte sich lange, innige Gespräche aus. Als er dann endlich bei ihr auf der Couch saß, brachte er kein Wort heraus.

Der Zeitdimension kommt hier eine wichtige Rolle zu. Das »als« macht Sinn.

Auch für »während« kann die Zeit eine zentrale Rolle spielen. Wie etwa hier:

Während Martin stumm auf der Couch saß und seinen Weißwein warm werden ließ, lief Melanie durch die Wohnung und quasselte, quasselte und quasselte.

Das stumm Dasitzen und das quasselnd Herumlaufen werden durch das »während« zusammengebracht und ergeben einen starken Kontrast. Der wäre weniger stark, wenn die beiden Sätze einfach hintereinanderstünden:

Martin saß stumm auf der Couch und ließ seinen Weißwein warm werden und Melanie lief durch die Wohnung und quasselte, quasselte und quasselte.

Auch kann »während« zwei entfernte Ereignisse zeitlich miteinander verknüpfen:

Während Martin in Melanies Bett lag und zufrieden zur Decke blickte, stand Fred unter der Dusche, beschimpfte sein verzerrtes Spiegelbild im Duschkopf und machte sich Vorwürfe, dass er Melanie so mies behandelt hatte.

Sehen Sie sich Ihre »als« und »während« bei der Überarbeitung und künftig beim Schreiben genauer an. Brauchen Sie die »Vor-, Gleich- oder Nachzeitigkeit« oder den Verlauf? Rechtfertigt die Verwendung der Präpositionen eine Erschwerung des Leseflusses? Oder könnten nicht zwei Aktivsätze den Job besser und flotter erledigen?

Stephan Waldscheidt

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