Wer sein eigenes Buch via KDP oder Distributoren bei Amazon eingestellt hat, kommt oft plötzlich gar nicht mehr vom Bildschirm los. Eine magische Zahl lockt, die sich nach unbegreiflichen Zusammenhängen verändert: der Verkaufsrang oder Bestsellerrang, englisch Sales Rank. Eine Menge Mythen ranken sich um diese Zahl. Das liegt natürlich zum einen daran, dass Amazon um die dahinter stehenden Algorithmen ein Geheimnis macht. Eine weitere Ursache ist, dass unerklärliche Sprünge zu beobachten sind: Selbst, wenn sich ein Buch kein einziges Mal verkauft hat, kann es in den Charts nach oben steigen!

Zunächst die Grundlagen. Der Verkaufsrang zeigt auf, wie oft sich ein Buch oder eBook auf einer länderspezifischen Amazon-Seite aktuell (!) verkauft, und zwar im Vergleich zu allen anderen Büchern bzw. eBooks. Verkäufe bei Amazon.com beeinflussen den Rang bei Amazon.de nicht – und umgekehrt. Auch das Verschenken von eBooks wird nicht beim Sales Rank berücksichtigt. Ebenso wenig spielt es eine Rolle, ob ein Kunde nach dem Buch gesucht oder sich dessen Detailseite angesehen hat – es handelt sich um den Verkaufsrang, nicht um die Popularität (eine andere Amazon-Bestenliste, auf die ich in einem späteren Artikel eingehen werde). Und schließlich misst der Sales Rank auch nicht, wie oft sich ein Titel insgesamt verkauft hat – dann wären Bestseller kaum noch von ihrer Position zu vertreiben. Wohl aber tauchen Ausleih-Vorgänge über die Kindle-Leihbibliothek in dieser Statistik auf – nicht ganz unwichtig für KDP-Autoren, die über den Sinn oder Unsinn des KDP-Select-Programms nachdenken.

Der Verkaufsrang bei Amazon wird einig und allein von den Verkaufszahlen eines eBooks bestimmt. Richtig? Darüber waren sich jedenfalls bisher die Experten einig. Demnach spielen weder der Preis eine Rolle noch die Klicks auf eine Buchseite. Dass sich Ränge trotzdem nicht eindeutig aus den Verkaufszahlen berechnen lassen, liegt zum einen an unbekannten Variablen (wie lange spielen frühere Verkäufe eine Rolle, und welche?), zum anderen natürlich an der Konkurrenz, die ebenfalls mal mehr und mal weniger verkauft.

Ist das alles? Eine spannende Theorie stellt die amerikanische Autorin Rachel Aaron in ihrem Blog auf: Rachel glaubt aus dem Startverlauf ihres neuen Buches Hinweise darauf gefunden zu haben, dass der Amazon-Algorithmus eine weitere Komponente besitzt. Der Computer schätzt demnach aus den objektiv ablesbaren Voraussetzungen (Bewertungen, Kategorie, Preis…) ab, wo etwa ein eBook landen könnte. Dabei geht der Algorithmus stufenweise vor – etwa wie ich mir die Arbeitsweise eines Schwimmtrainers vorstelle. Wenn ein neuer Sportler zur Gruppe kommt, schaut ihn sich der Trainer an: Wie groß ist er, wie trainiert wirkt er? Dann wird der Neuling erst einmal mit ein paar anderen ins Wasser geworfen, die der Trainer für ähnlich leistungsfähig hält. Krault der Neuling seinen Kollegen davon, kommt er in die nächsthöhere Gruppe. Schwimmt er zu langsam, fällt er in eine schwächere Gruppe zurück.