Der zweite Teil von Albert Knorrs Marketing-Tipps. Nachdem Sie gestern von Leseratten und Leseproben gelesen haben, geht es heute um Schokolade, Promotage und anderes.

Buchregal

Wenn ich Zeit und Kosten der Buchregale berücksichtige, dann waren sie ein katastrophaler Knieschuss in Sachen gelungenes Marketing. Ursprünglich dafür gedacht, die Vielfalt meiner Bücher auf einem Regal im Buchhandel zu präsentieren, verstellen mir die meisten davon mittlerweile die Wohnung. Die Materialkosten liegen bei etwa 150 Euro pro Regal, hinzu kommen ungefähr 6 Stunden meiner Arbeitszeit für Feinschnitt, Zusammenbau und Lackieren. Nicht mitgerechnet sind die diversen Prototypen, die ich im Vorfeld ausprobiert habe, bis ich die optimale Stückliste für den Lasercutter erstellt habe.

Ein Buchregal

Warum sich die Buchregale so schlecht in den Buchhandel integrieren ließen, hat unterschiedliche Gründe. Hauptverantwortlich ist sicher der Umstand, dass mein Timing extrem schlecht war. Zu einer Zeit, in der etwa die Hälfte aller Buchhandlungen vor Ort massiv mit dem Überleben kämpft und Überschüsse remittiert, ist ein weiteres Extraregal, das nur befüllt gut aussieht, nicht unbedingt das, was man im Laden haben möchte.

Vielen muss ich ihn wohl gar nicht vorstellen: Albert Knorr hat schon Self Publishing betrieben, als Amazon noch gar nicht in Deutschland vertreten war. “Wiens Thrillerautor” berichtet regelmäßig auf seiner Website und in der SP-Gruppe bei Facebook von seinen vielfältigen Erfahrungen – was ihm gelungen ist, aber auch, was sich nicht gelohnt hat. Deshalb bin ich besonders froh, das Buchmarketing-Genie überredet zu haben, aus seinem Erfahrungsschatz auszupacken. Ich übergebe hiermit das Wort an Albert…

Marketing beim Eigenverlag

Das Spannende an Werbung ist, dass man bestenfalls hinterher sagen kann, ob und wie sie funktioniert hat. Und selbst dann sind die Ergebnisse selten reproduzierbar. Eine Strategie, die vor zwei Jahren funktioniert hat, ist heute zum Scheitern verurteilt, könnte aber schon morgen wieder einschlagen wie eine Bombe. Oder anders ausgedrückt: Werbung ist nie schlecht, solange man den richtigen Zeitpunkt dafür erwischt. Und die richtige Zielgruppe. Und den richtigen Ort. Und den richtigen Preis. Und…

Gutes Marketing ist weit mehr als Werbung, von der ohnehin jeder übersättigt ist. Als Eigenverleger habe ich einerseits traditionelle Wege versucht, andererseits aber auch eigene Ideen entwickelt und umgesetzt. Einige werde ich erläutern und sowohl gelungene als auch missglückte Beispiele anführen.

Vorab-Leseproben

Als ich 2006 als Autor und Verleger begonnen habe, galten Leseproben im Internet gemeinhin als undenkbar. Autorenkollegen reagierten geradezu panisch bei dem Gedanken, dass Leser vorab einen Blick auf die „geheimen Texte“ werfen könnten. Umso argwöhnischer wurde ich beäugt, als ich verkündete, dass ich die Feedbacks meiner Testleser in meine Bücher einfließen lassen würde. Zu einer Zeit, als Blogs gerade erst im Kommen waren und man Twitter und FB noch nicht kannte, war die Aufmerksamkeit der Internetnutzer leichter zu bekommen. Damals waren meine Leseproben (etwa 100 Buchseiten als Word-File) geradezu verboten verführerisch: Ich lieferte lesbaren Content und zwar gratis!

Zunächst schrieb ich potenzielle Leser per Mail an (im Lauf der Jahre etwa 40.000), später startete ich Testleser-Aufrufe in Foren. Vor allem das Amazon-Forum erwies sich in jenen Tagen als wahre Goldgrube. Binnen weniger Wochen wurde ich von tausenden Interessierten kontaktiert und verschickte meine Leseproben – zu einem großen Teil nach Deutschland. Natürlich lasen nicht alle den Text, nur ein Teil davon schickte mir Feedback, und wieder nur ein Teil davon kaufte später das Buch. Dennoch übertrafen die Absatzzahlen meiner Taschenbücher in Deutschland vom Stand weg die Verkäufe in Österreich.