eReader-Test: Onyx Boox M96 Universe – der Riesen-E-Reader mit Android- und Kindle-Unterstützung

Vor ein paar Jahren hat Amazon den Kindle DX vorgestellt – einen Kindle mit größerem Bildschirm, der sich gerade bei Lesern wissenschaftlicher Literatur großer Beliebtheit erfreut hat. Das Gerät blieb entsprechend lange im Programm, wurde aber nie durch einen Nachfolger ersetzt. Bei E-Readern scheinen nur 6-Zoll-Displays massenkompatibel zu sein. Zwar haben es auch andere Firmen mal kurzzeitig mit größeren Bildschirmen probiert, doch von Dauer waren diese Versuche nie.

Der chinesische Hersteller Onyx (in Europa von der polnischen Firma Arta-Tech vertreten) bietet nun endlich mal wieder eine interessante Alternative. Spannend ist das Onyx Boox M96 Universe schon deshalb, weil es mit einem einigermaßen aktuellen Android-System läuft (4.0.4). Sogar der Google Play Store ist vorinstalliert. Das heißt, Sie können Ihre Lieblings-Leseapps installieren und sind nicht auf ein bestimmtes System angewiesen. Ob Amazon oder Tolino, hier sind alle eBooks friedlich vereint.

Natürlich hat ein so großer Bildschirm auch ein paar Nachteile. So ist das Gerät ziemlich schwer, ein paar Gramm mehr als ein halbes Kilo. Das Display (eInk Pearl) besitzt 1200 x 825 Punkte und wirkt damit im Vergleich zu aktuellen 6-Zoll-Displays relativ grobkörnig – trotzdem ist von jedem Dokument mehr zu sehen. Der Finger reicht zur Bedienung nicht, stattdessen braucht man einen speziellen Stift. Wer den verliert, kann aber immer noch mit den Tasten am Gerät arbeiten. Ungewöhnlich: zur Speichererweiterung lässt sich eine große SD-Karte einsetzen, keine MicroSD wie etwa beim Tolino.

Das eBook-Dateisystem des Onyx Boox ist einigermaßen gewöhnungsbedürftig und erinnert an frühe PocketBook-Zeiten. Doch sobald man über die Menüleiste am unteren Bildschirmrand auf “Apps” umschaltet, hat man plötzlich keinen eReader mehr vor sich, sondern ein Android-Tablet. Wichtige Google-Apps wie der Kalender und vor allem der Play Store sind vorinstalliert. Startet man diese, muss man zunächst seinen Google-Account einrichten. Das funktioniert nur dann auf Anhieb, wenn man nicht die Zwei-Faktor-Authentifizierung nutzt. In diesem Fall muss man zunächst ein gerätespezifisches Kennwort bei Google anfordern (wen das betrifft, der weiß, was ich meine – wer es nicht weiß, hat das Problem höchstwahrscheinlich nicht).

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Die vorinstallierten Android-Apps

Im Google-Play-Store sind alle Apps verfügbar, die von den Programmierern als kompatibel bezeichnet wurden. Das sind viele, aber nicht alle. Der Onyx Boox M96 lässt sich aber auch problemlos rooten, danach kann man ihm über einen Trick jede mögliche Identität geben. Auch hier liegt kein echtes Problem vor. Schwieriger wird es, wenn eine App nicht gut zum eInk-Schirm passt. Natürlich kann man darauf keine Videos abspielen, das sollte klar sein.

Die Kindle-App funktioniert, arbeitet aber ein bisschen zögerlich. Es ist definitiv nicht dasselbe Lesegefühl wie auf einem echten Kindle (immerhin gibt es Tasten!). Anderererseits – auf welchem eReader kann man schon gleichzeitig ePubs (mit DRM) und Amazon-eBooks (mit DRM) lesen? Der M96 Universe verbindet insofeen tatsächlich Welten.

Natürlich funktionieren auch noch zahlreiche andere Android-Apps auf dem Gerät. Der Nutzer sollte dabei darauf achten, möglichst grafisch anspruchslose Programme zu wählen – also lieber Schach als Minecraft. PDFs gewinnen durch das große Display natürlich enorm. Ebenfalls praktisch: per USB lässt sich eine Tastatur anbinden. Dann kann man auf dem eInk-Tablet sogar ganz ordentlich schreiben.

Fazit

Der Onyx Boox M96 Universe ist trotz einiger Schwächen ein interessantes Gerät. Er ermöglicht auf jeden Fall die beste Buch-Auswahl, lässt sich aber auch auf PDF-Dateien ein. Wer länger ohne Stromnetzanbindung unterwegs ist, erhält damit auch eine Alternative zum Tablet. Als nervig erwies sich, dass immer der Stift dabei sein musste. Außerdem wäre MicroUSB statt MiniUSB zeitgemäß.

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Die Unterseite mit SD-Slot
Die Unterseite mit SD-Slot

 

Rechts sitzt ein Steuerkreuz für den Cursor
Rechts sitzt ein Steuerkreuz für den Cursor