Kostenlos veröffentlichen? Was wirklich hinter Self-Publishing.com steckt

Neuerdings macht ein Anbieter kräftig Facebook-Werbung, der unter dem Begriff “Self-Publishing” eine “kostenlose Veröffentlichung” und “100 % Honorar” verspricht. Was hat es damit auf sich?

Facebook-Anzeige des Anbieters

Wer hinter der (übrigens mit WordPress erstellten) Seite steckt, verrät ein Nebensatz in der Beschreibung:  Das Angebot ist Teil der »Europäische Verlagsgesellschaften GmbH« und damit Teil eines der bedeutendsten Self-Publishing-Anbieter in Europa seit 1999. Das ist allerhöchstens die halbe Wahrheit. Unter dem Dach dieser GmbH stecken bekannte Druckkostenzuschuss-Verlage (DKZV) wie die Deutsche Literaturgesellschaft, Zur Erinnerung: Diese Pseudoverlage verdienen ihre Brötchen mit den Hoffnungen der Autoren, sie gelten als die Schwarzen Schafe der Branche. Das OLG Köln urteilte z.B. 2008, dass mit “bewusst wohlklingende[n] Namen und Bezeichnungen von ähnlich renommierten Verlagen und Vereinigungen” gearbeitet würde, “um so potentielle Autoren zu täuschen.”

Diese Vorgehensweise übertragen die Anbieter nun anscheinend auf das Selfpublishing. Um das zu erkennen, brauchen wir nur Versprechen und Realität nebeneinander zu stellen. Hinweis: die auf der Website angegebenen Preise entsprechen nicht denen, die man dann im Dashboard des eigenen Accounts findet. Update vom 17. Mai 2017: der Anbieter hat die Preisangaben im Dashboard verändert, sie entsprechen aber nach wie vor nicht denen auf der Homepage. Fügt man einen der Artikel dem Warenkorb hinzu, erscheint der auf der Homepage angegebene Preis, der deshalb im Text unten korrigiert wurde.

Versprechen: “Das Veröffentlichen bei Self-Publishing ist kostenlos. Für jeden.”

Realität: Nur das Hochladen eines fertigen E-Books kostet nichts. Damit ist Ihr E-Book im Shop des Anbieters verfügbar. Die ISBN, die die Voraussetzung ist, dass Ihr E-Book in den gängigen Shops gekauft werden kann, kostet pro Jahr 79,80 € (den Anbieter kostet sie ein paar Cent, anderswo ist sie kostenlos). Die Erstellung eines E-Books kostet 149,80 € (anderswo kostenlos).

Versprechen: “Du bekommst immer 100% des Verdienstes ausbezahlt… Es ist Dein Buch, es bleibt immer Dein Buch, die Rechte sind immer und ausschließlich bei Dir”

Realität: Beim Hochladen eines E-Books bestätigt der Autor lediglich die AGB, in denen weder Rechte noch Tantiemen geregelt sind. Ob so überhaupt eine gültige Rechteübertragung an den Anbieter erfolgt? Der braucht ja zumindest Vertriebsrechte von Ihnen. Über den tatsächlichen Verdienst lassen sich so keine Aussagen treffen. Auf eine explizite Nachfrage beim Support erhielt ich leider nur eine ausweichende Antwort. Wenn tatsächlich die Auszahlung bei 100 Prozent liegt und der Anbieter von Thalia & Co. dieselben Konditionen bekommt wie die großen Distributoren (was derzeit nicht klar ist), dann hieße das, dass Sie bei einem Verkaufspreis von 2,99 € pro verkauftem Exemplar etwa 50 Cent mehr verdienen würden. Um so auf die ISBN-Kosten von 79,80 Euro zu kommen, müssen Sie im Jahr mindestens 160 Exemplare verkaufen. Es scheint sich außerdem um einen Exklusiv-Deal zu handeln, denn Sie haben nicht die Möglichkeit, die Verkaufsplattformen selbst auszuwählen. Bei Preisänderungen fordert der Anbieter eine Neuveröffentlichung (wahrscheinlich fällt dann auch eine neue ISBN an). (Zitat aus der FAQ: “Deswegen sind nachträgliche Preisänderungen leider nicht möglich. Dafür müsstest Du das Buch neu herausbringen.”)

Versprechen: “Wenn Du Hilfe brauchst oder einfach zu bequem bist, solche Sachen wie ein Lektorat oder die Buch- und Covergestaltung selbst zu machen, dann kannst Du Dir irgendwo Hilfe holen – oder bei uns. Für unsere Arbeit möchten wir bezahlt werden, aber es ist deutlich niedriger als bei herkömmlichen Anbietern oder Agenturen.”

Realität: 50 Seiten Textkorrektur (Zitat: “Wir korrigieren Rechtschreib-, Grammatik- und Interpunktionsfehler für Dich.” – es handelt sich also ganz klar nicht um ein Lektorat) kosten hier 249,80 €, also etwa 5 € pro Seite. Anderswo – bei Profi-Lektoren – kostet 1 Seite Korrektorat zwischen einem und zwei Euro, bei 50 Seiten sollten nicht mehr als 100 Euro für die Korrektur der Rechtschreibung anfallen.

Versprechen: “Es gibt einfach keinen Haken.”

Realität: Es gibt mehrere Haken: Pauschalgebühr für den Vertrieb, intransparente Preise, ungeklärte Rechte, hohe Preise für Zusatzdienste – und nicht zuletzt der zweifelhafte Ruf der Firma, die hinter dem Angebot steht.