Seit ein paar Wochen stellt Amazon in seinem Kindle-Direct-Publishing-Dienst eine neue Frage: Haben Sie KI-generierte Inhalte in Ihrem Buch verwendet? Der Hintergrund ist klar: KI-Tools wie ChatGPT oder Midjourney finden zunehmend auch beim Schreiben oder Übersetzen von Büchern Einsatz. Gleichzeitig ist in diesem Bereich vieles noch ungeklärt. Das beginnt schon bei den Rechten. Unterliegen KI-generierte Inhalte überhaupt dem Urheberrecht? Wahrscheinlich nicht. Aber was, wenn sie stark bearbeitet sind? Und wie verhält es sich mit den Rechten derer, deren Inhalte für das Training der KI-Tools genutzt wurden?
Amazon will mit der neuen Abfrage vor allem drei Dinge erreichen: Erstens – das Unternehmen will sich absichern. So heißt es explizit “Die Verantwortung dafür, dass sämtliche KI-generierten und/oder KI-unterstützten Inhalte allen Inhaltsrichtlinien entsprechen, einschließlich der Einhaltung aller geltenden geistigen Eigentumsrechte, liegt bei Ihnen.”
Zweitens jedoch will man das Thema im Blick behalten. Wenn alle KDP-Nutzenden die Frage korrekt beantworten, sieht Amazon, ob und wie sich die Technik durchsetzt. Im Zweifel wird man vielleicht selbst KI-Tools anbieten wollen, wie es BoD in seinem Online-Schreibprogramm WriteControl versucht. Bevor andere das Geschäft machen, macht es Amazon im Zweifel lieber selbst. Die Frage dient also auch der Marktforschung.
Drittens ist sie aber auch ein Werkzeug, um unliebsame Betrüger schneller loszuwerden. Wer seinen Geschäftspartner belügt, kann flott seinen Account einbüßen.
Wann muss ich mit “Ja” antworten?
Immer, wenn Sie Text oder Bild mit KI generiert haben, unabhängig davon, ob Sie es danach bearbeitet haben. “Wir definieren KI-generierte Inhalte als Texte, Bilder oder Übersetzungen, die von einem auf KI-basierenden Werkzeug erstellt wurden. Wenn Sie ein KI-basiertes Werkzeug zur Erstellung des eigentlichen Inhalts (egal ob Text, Bilder oder Übersetzungen) verwendet haben, gilt dieser als „KI-generiert“, auch wenn Sie anschließend umfangreiche Änderungen vorgenommen haben.” Das gilt auch für Übersetzungen mit DeepL oder anderen Tools.
Bei KI-assistierten Inhalten hingegen können Sie “Nein” anklicken. “Wenn Sie den Inhalt selbst erstellt haben und KI-basierte Werkzeuge zur Bearbeitung, Optimierung, Fehlerkontrolle oder anderweitigen Verbesserung dieses Inhalts (egal ob Text oder Bilder) verwendet haben, dann gilt er als „KI-assistiert“ und nicht als „KI-generiert“. Ähnlich verhält es sich, wenn Sie ein KI-basiertes Werkzeug zum Brainstorming und zur Ideenfindung verwendet haben, den Text oder die Bilder aber letztlich selbst erstellt haben.”
Welche Konsequenzen hat ein “Ja”?
Bisher keine. Es könnte aber sein, dass in Zukunft ein Vermerk auf der Buchseite angebracht wird. Autorenverbände setzen sich in der EU stark für eine solche Kennzeichnungspflicht ein. Sollte sie kommen, ist Amazon dafür gerüstet. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Amazon irgendwann bei KI-generierten Imhalten – wie jetzt schon bei Public-Domain-Inhalten – statt 70 nur noch 35 Prozent Honorar zahlt. Das würde dem Missbrauch wohl auch deutlich entgegenwirken, stärker vermutlich als die kürzliche Beschränkung auf den Upload von maximal drei Titeln pro Tag.
Welche Konsequenzen hat eine falsche Antwort?
Eine Falschinformation kann bis zur Kündigung des Accounts führen. Zwar gibt es heute noch keine Tools, die die Nutzung von KI zweifelsfrei feststellen können. Aber spätestens, wenn sich Lesende über KI-typische Fehler beschweren, könnte es problematisch werden. Außerdem vergisst das Netz nicht. Wenn es in zwei, drei Jahren KI erkennende Algorithmen gibt, könnte das auch nachträglich noch für unnötigen Ärger sorgen.