Jutoh – der Schnelleinstieg
Wenn ich ein neues Projekt starte, will ich am liebsten sofort loslegen. Forscher wissen schon lange, dass es die Motivation ungeheuer erhöht, wenn man bereits etwas in der Hand hält. Wer sich in monatelanger Vorabrecherche verliert, läuft Gefahr, nie zum Ergebnis zu kommen. Selbst wenn die ersten Entwürfe vielleicht am Ende gar nicht im fertigen eBook landen oder Sie sie kräftig umschreiben müssen: Gönnen Sie sich das Erfolgserlebnis, die erste Szene oder den ersten Abschnitt schwarz auf weiß und vielleicht sogar auf dem E-Reader vor sich zu haben. Keine Sorge – mit Jutoh können Sie jeden einzelnen Absatz später an eine andere Stelle verschieben.
Damit Ihnen der Schnelleinstieg nicht von der Technik verhagelt wird, beschreibe ich im folgenden, wie ein eBook in wenigen kurzen Schritten entsteht. Fragen Sie an dieser Stelle noch nicht nach dem Warum und verlieren Sie sich nicht in Details: Jetzt soll ein schnell vorzeigbarer Erstling im Vordergrund stehen, der trotzdem alle Anforderungen an ein korrekt formatiertes eBook erfüllt.
1. Jutoh installieren
Um diesen Schritt kommen Sie nicht herum. Ich hoffe, Sie haben das vorhergehende Kapitel gelesen – darin ist die Installation ausführlich erklärt.
2. Jutoh starten
Das Programm öffnet seinen Hauptbildschirm. Die große, graue Fläche in der Mitte ist Jutohs eigener Desktop. Das Fenster links oben, der Organizer, zeigt die (noch leere) Struktur Ihres Projekts. Im Control Panel darunter erscheint später unter anderem das Cover Ihres eBooks.
3. Neues Projekt anlegen
Öffnen Sie das Menü File -> New Project. Füllen Sie zumindest “Book title” und “Author” aus (unter “Identifier” erscheint automatisch eine Kopie des “Book title”). Klicken Sie auf “Next”. Im nächsten Bildschirm schlägt Jutoh einen Projektnamen vor (das wird der Dateiname) und einen Speicherort unterhalb von “Jutoh Documents”. Die Entscheidung liegt hier bei Ihnen. Aber klicken Sie auf jeden Fall auf “Clear all” and setzen Sie dann mit dem Mauszeiger Häkchen vor “ePub” und “Mobipocket”. Klicken Sie auf “Next”. Den nächsten Bildschirm, die Import-Optionen, belassen Sie, wie er ist, denn wir wollen diesmal noch nichts importieren, und betätigen erneut den “Next”-Button.
Nun aktivieren Sie die unterste Option “From scratch” – wir wollen bei Null beginnen. Erneut klicken Sie auf “Next”. Die Frage nach dem Cover-Design belassen Sie bei der Vorgabe – darum werden wur uns später kümmern. Sobald Sie nun auf “Finish” tippen, speichert Jutoh Ihr neues Projekt. Damit Sie auch gleich loslegen können, legt das Programm außerdem ein Unter-Dokument an, das sich am besten mit einem Kapitel vergleichen lässt. Dafür müssen Sie nun noch einen Namen vergeben. Wie wäre es mit “Kapitel 1”?
4. Text schreiben
Werfen Sie einen Blick auf den “Organizer”, das kleine Fenster oben links. Unter dem Reiter “Projects” finden Sie Ihr Projekt, darunter den Ordner “Content” (den kleinen, dreieckigen Pfeil können Sie ein- und ausklappen) mit Ihrem ersten Kapitel. Außerdem findet sich ein weiterer Ordner namens “Scraps”. “Content” und “Scraps” unterscheiden sich wesentlich: Alles, was in “Content” steht, landet im eBook, der Inhalt von “Scraps” hingegen nicht. “Scraps” eignet sich also prima für Ihr Recherchematerial.
Die einzelnen Abschnitte können Sie problemlos mit der Maus hin- und herbewegen: Tippen Sie darauf, halten Sie die Maustaste fest und verschieben Sie das Dokument an seinen neuen Platz. So lässt sich später die Reihenfolge von Kapiteln ganz leicht ändern. Jetzt aber klicken Sie erst einmal auf “Kapitel 1” (oder wie Sie es genannt haben).
Im großen Hauptfenster öffnet sich nun ein weißes Blatt – ein Textfeld, das Sie beschreiben können. Ich hoffe, Sie haben keine Angst davor. Tippen Sie einfach los, ohne sich um Schriftgrößen und so weiter zu kümmern. Gewöhnen Sie sich an, Inhalt und Form zu trennen. Schreib-Programme wie Word verleiten dazu, sich statt um eine interessante Wortwahl lieber um eine hübsche Textauszeichnung zu kümmern. Das kostet Zeit (weil Sie später doch manches umformatieren müssen) und Kreativität.
Das betrifft sogar die einfachsten Möglichkeiten der Formatierung über die Tastatur, an die Sie sich vielleicht schon gewöhnt haben:
- Trennen Sie Wörter nicht am Zeilenende.
- Fügen Sie keine Leerzeilen zwischen Absätzen ein.
- Verzichten Sie auf Tabulatoren und wiederholte Leerzeichen.
Wäre unser aktuelles Projekt nicht nur ein Test, würde ich Sie auffordern, nach dem ersten Kapitel das zweite, dritte und so weiter anzulegen. Das funktioniert ganz einfach über Document -> Add Book Section Document. Aber an dieser Stelle soll uns ein Kapitel genügen, es geht ja nur “ums Prinzip”. Schreiben Sie aber wenigstens zwei Absätze.
5. Text formatieren
Wenn der Text abgeschlossen ist, kommt die Zeit für die Gestaltung. Falls Sie Programme wie Indesign oder Quark Express kennen – vergessen Sie, was dort möglich ist. Bei einem klassischen eBook übernimmt der Leser die Gestaltung. Man sagt auch, das eBook besitze ein “reflowable layout” (ich will nicht verhehlen, dass es auch den Gegensatz, das “fixed layout” gibt, mehr dazu verrate ich später). Je nachdem, wie der Leser seinen eBook-Reader einstellt, fließt das Buch in eine neue Form. Das begrenzt Ihre Möglichkeiten als Autor, ist aber auch einer der Vorteile des klassischen eBooks.
Trotzdem lassen sich natürlich auch eBooks auf unterschiedliche Weise gestalten. Zunächst braucht unser Kapitel eine Überschrift. Diese gehört in die oberste Zeile. Okay, “Kapitel 1” ist einfallslos, genügt aber den technischen Anforderungen. Schreiben Sie die Überschrift in einen eigenen Absatz am Textanfang. Dann klicken Sie in diese Zeile.
Oberhalb des Textfensters sollten Sie eine Leiste mit verschiedenen Icons und einem Textfeld sehen. Darin müsste das Wörtchen “Normal” stehen. Dabei handelt es sich um die Formatvorlage, die dem aktuellen Absatz zugeordnet ist.
Mehr über Formatvorlagen erfahren Sie später – jetzt sollten Sie wissen, dass es sich dabei um eine spezifische Mischung aus verschiedenen Formatierungen handelt, die man per Mausklick auf einen Absatz anwenden kann. Das erspart vordergründig, nacheinander etwa Merkmale wie “fett”, “Schriftgröße 12” und “zentriert” einzugeben. Der größte Vorteil besteht aber darin, dass Sie diese Formatvorlagen bei Bedarf später auch noch beliebig ändern können – und dadurch ändern sich automatisch alle Absätze, denen diese Vorlage zugeordnet ist!
Haben Sie das Textfeld mit dem Wörtchen “Normal” gefunden? Klicken Sie den Pfeil daneben an. Eine längere Liste öffnet sich, aus der Sie “Heading 1” wählen, eine Vorlage für eine Überschrift auf der obersten Ebene. Ihre Überschrift sollte nun in die Mitte rücken und größer erscheinen.
Danach klicken Sie in Ihren ersten Absatz. Öffnen Sie wieder die Liste der Formatvorlagen, wählen Sie diesmal aber “Body Text” aus. Der Absatz sollte im Flattersatz erscheinen (die Zeilenenden rechts sind nicht bündig ausgerichtet) und keinen Einzug besitzen. Das ist in Deutschland die übliche Gestaltungsform des ersten Absatzes nach einer Überschrift.
Nun sind der zweite und die folgenden Absätze an der Reihe. Klicken Sie entweder in den Text oder markieren Sie den Text durch Festhalten und Ziehen der Maustaste. Wählen Sie aus der Liste der Formatvorlagen “Body Text First Indent”. Die markierten Absätze erscheinen ebenfalls im Flattersatz, besitzen aber nun am Anfang einen Einzug.
Wenn Sie einzelne Wörter hervorheben möchten, markieren Sie einfach den Text und klicken Sie auf das entsprechende Icon in der Leiste oben, etwa “B” für fett (bold). Nutzen Sie diese Auszeichnungen aber nicht für ganze, sich wiederholende Passagen oder Absätze. Dafür können Sie später sogar eigene Formatvorlagen definieren, mit den oben schon beschriebenen Vorteilen.
6. Inhaltsverzeichnis anlegen
Jedes eBook braucht ein Inhaltsverzeichnis. Ihres nicht, meinen Sie, weil Sie nur eine Abfolge von Szenen aneinandergereiht haben? Irrtum. Ein eBook ohne Inhaltsverzeichnis ist für den Leser schlechter nutzbar. Der Leser kann damit nicht gezielt bestimmte Abschnitte anspringen, die Funktion “Inhaltsverzeichnis” beim eReader bleibt inaktiv – und am Ende ernten Sie dafür Kritik in Form einer Rezension. Das muss nicht sein, wo Ihnen Jutoh doch die meiste Arbeit abnimmt.
Öffnen Sie den “Table of Contents Wizard” über das Menü Book -> Build Table of Contents. Jetzt, ganz wichtig, überlassen Sie die Arbeit nicht komplett der Software, sondern aktivieren Sie “Create contents with Jutoh’s help”. Das Häkchen vor “Create a contents page” lassen Sie stehen und klicken auf “Next”.
Nun wundert sich das Programm, dass es noch kein Inhaltsverzeichnis gibt. Bestätigen Sie die Rückfrage mit “Yes”.
Im nächsten Reiter tragen Sie unter “Table of contents title” das Wort “Inhaltsverzeichnis” ein – das wird nämlich die Überschrift für Ihr Inhaltsverzeichnis. Erneut ist ein Klick auf “Next” gefordert.
Jutoh durchforstet nun Ihr eBook nach Überschriften. Diese erkennt es daran, dass Sie sie in Schritt 5 mit einer der “Heading”-Formatvorlagen ausgezeichnet haben. “Heading 1” ergibt dabei eine Überschrift der obersten Ebene, aus “Heading 2” wird eine Unter-Überschrift, “Heading 3” wird zu Unter-unter-… – Sie erkennen das Muster. Wenn Sie in Schritt 5 sauber gearbeitet haben, brauchen Sie nun nichts weiter zu tun als die von Jutoh automatisch so benannte “Table of Contents” noch auf Deutsch zu übersetzen, also in ein “Inhaltsverzeichnis”. Danach klicken Sie auf “Next”.
Bevor Jutoh seine Arbeit beendet, bietet es Ihnen noch an, in Zukunft automatisch tätig zu werden. Es kann kaum schaden, ein Häkchen vor “Automatically build advanced table of contents” zu setzen. Das hat den angenehmen Effekt, dass ab sofort beim Erzeugen eines eBooks vorab das Inhaltsverzeichnis nach den in diesem Schritt festgelegten Regeln aktualisiert wird. Klicken Sie zum Schluss auf “Finish”.
Überzeugen Sie sich, dass das Inhaltsverzeichnis bereitsteht: Jutoh hat es am Anfang des eBooks eingefügt.
7. Cover anlegen
Die Programmierer haben Jutoh mit der Fertigkeit ausgestattet, ohne Benutzung einer Zusatzsoftware eBook-Umschläge (Cover) zu erzeugen. Das ist ganz praktisch, wenn Sie Inhalte für Ihre privaten Zwecke in eBook-Form bringen wollen. Falls Sie jedoch beabsichtigen, Ihre Bücher für Geld anzubieten, sollten Sie diese Funktion nicht nutzen. Warum? So erzeugte Cover sehen einfach unprofessionell aus.
Woher bekommen Sie ein gutes Cover? Das hängt davon ab, welches Budget Sie sich selbst gesetzt haben. Sie können eigene Fotos mit Schriftzügen versehen, das kostet Sie nichts, wirkt aber meist laienhaft. Vielleicht finden Sie ja einen Grafiker oder grafisch begabten Menschen in Ihrem Freundeskreis? Etwas Geld müssen Sie bei Angeboten wie cover-your-book.de investieren, wo Sie fertig vorbereitete Cover vorfinden, auf denen nur noch Ihr Name fehlt. Schließlich gibt es auch noch Plattformen wie 99designs.de, auf denen Grafiker für 200 bis 500 Dollar ein wirklich professionell wirkendes Cover für Sie umsetzen. Am Ende muss aber in jedem Fall eine Bilddatei im Jpeg-Format stehen. Idealerweise in einem Hochformat (Seitenverhältnis von 1,6), wobei die längste Seite idealerweise 2500 Pixel, wenigstens aber 1000 Pixel messen sollte.
Jetzt, für unser Test-eBook, darf es einfach ein Foto sein, das Sie mit der Bildbearbeitungs-Software Ihrer Wahl auf das entsprechende Maß beschnitten haben. Danach klicken Sie einfach auf das Mini-Cover in der linken unteren Ecke – und die “Project Properties” öffnen sich schon an der richtigen Stelle.
Suchen Sie rechts unten den Knopf “Create from image file”. Wenn Sie diesen anklicken, öffnet sich eine Bild-Auswahl. Manövrieren Sie zu dem von Ihnen ausgesuchten Foto und klicken Sie auf “Ok”. Und das gleich noch einmal. Prima, Ihr eBook hat nun auch ein Umschlagbild.
8. Letzte Einstellungen
Bevor Sie Ihr eBook endgültig fertigstellen, müssen Sie noch eine fiese kleine Falle umgehen. Jutoh hat nämlich vergessen, Sie in Schritt 3 auch die Sprache des eBooks festlegen zu lassen. So erscheint Ihr Buch jedem eReader als englischsprachiges Werk. Das stört genau dann, wenn der Nutzer ein Wort im elektronischen Wörterbuch nachschlagen will – der eReader ruft dann das falsche Wörterbuch auf.
Das lässt sich aber leicht korrigieren: Öffnen Sie das Menü “Book” -> “Project Properties”. In der Zeile “Language” finden Sie das Kürzel “en”. Das schmeißen Sie raus und ersetzen es durch “de”. Danach brauchen Sie bloß noch auf “Ok” zu klicken.
9. eBook erzeugen
Die vorletzte Aufgabe besteht für Jutoh darin, Ihren Text samt aller Formatierungen in ein vollwertiges eBook umzuwandeln. Wählen Sie dazu im Fenster unten links (unter dem Cover) eines der beiden Ziele ePub oder Mobipocket. Danach klicken Sie auf “Compile”, und das Programm beginnt mit der Arbeit.
Der Prozess sollte an dieser Stelle nicht länger als zehn Sekunden dauern, Ihr eBook ist ja noch dünn. Im Error-Fenster unten erscheinen eventuell ein paar Warnungen. Wenn Sie meinen Vorschlägen brav gefolgt sind, sollten aber keine ernstzunehmenden Hindernisse zu Tage treten. In dem in Schritt 3 spezifizierten Ordner wartet nun also eine Mobi- oder ePub-Datei auf Sie.
10. eBook prüfen
Amazon, bei dem Sie Ihre Mobi-Datei nun hochladen könnten, ist sehr tolerant, was technische Fehler in eBooks betrifft. Solange das Buch lesbar bleibt, wird es angenommen. Andere Firmen sind strenger. Doch auch bei Amazon sollten Sie keine fehlerhaften Bücher hochladen – das bemängeln zwar die Kontrolleure nicht, wohl aber Ihre Leser. Deshalb sollten Sie das eBook vor dem Hochladen auf Fehler prüfen.
Dazu müssen Sie zunächst auf jeden Fall ein ePub-File erzeugt haben. Wenn nicht, holen Sie dies nach (Schritt 9). Dann brauchen Sie nur noch auf “Check” zu klicken, und Jutoh bedient sich der Software ePubCheck, um ihr Buch gründlich zu prüfen. Das Ergebnis ist oft eine Fehlerliste. Bei unserem Testbuch erhalten Sie zum Beispiel Fehlermeldungen, wenn Sie ein neues Kapitel angelegt haben, dieses aber noch keinerlei Inhalt besitzt. Die Interpretation der Fehlermeldungen ist eine Kunst für sich, auf die ich in späteren Kapiteln noch eingehen werde.