Blogger-Tipp: Sieben Fakten über Selfpublisher, die Sie (vielleicht) noch nicht kannten

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Vor ein paar Wochen gab es in der Selfpublishing-Gruppe in Facebook eine teilweise kontrovers geführte Diskussion zwischen Autoren und Bloggern. Den Stein des Anstoßes bildete der Begriff “Selfie“, der in einer Blogger-Aktion einer Firma für Selfpublisher geprägt worden war. Die Verwunderung der Blogger über die als herabsetzend empfundene Reaktion auf eine gut gemeinte Aktion ist symptomatisch für das gegenseitige Unverständnis: Bloggern ist oftmals wohl nicht klar, dass Autoren einen sehr engen Bezug zur Sprache haben, die ihr einziges Werkzeug ist. Ein Wort, das schon so klar für andere Zwecke vergeben ist, kann eigentlich in seiner Umdeutung nur auf Widerspruch stoßen.

Aber es muss ja nicht bei solchen Missverständnissen bleiben. Ich glaube, ich kenne beide Seiten gut genug, um es mal mit einer Übersetzung zu probieren. Deshalb heute der erste Teil, der sich speziell an Buchblogger richtet: Der Selfpublisher, das unbekannte Wesen.

Selfpublisher sind Autoren und Verleger in einer Person. Es passiert selten, dass sie beide Anteile gleichermaßen gern und gekonnt ausüben. Manche sind hervorragende Schreiber, lassen aber beim Marketing kein Fettnäpfchen aus. Andere entwickeln tolle Vermarktungsideen für ein Buch, dem es noch an letzter Perfektion fehlt. Versuchen Sie deshalb, sich wie die Leser am Buch zu orientieren, nicht am Drumherum. Nach den ersten drei Kapiteln einer großartigen Geschichte ist ihre laienhafte Vermarktung allemal vergessen.

Selfpublisher sind keine verhinderten Verlagsautoren. Gerade die erfolgreichen Indie-Autoren haben längst von jedem größeren Verlag Angebote vorliegen und entscheiden sich bewusst für ihr Veröffentlichungs-Modell, vielleicht auch von Projekt zu Projekt verschieden. Zudem gehen etablierte Verlagsautoren öfter dazu über, ältere Titel erneut als Selfpublisher zu veröffentlichen. Das Modell der Zukunft ist der Hybridautor.

Es gibt zwei Gruppen von Selfpublishern: Die eine lebt vom Schreiben (oder versucht das zumindest auf längere Sicht), die andere sieht das Schreiben als mehr oder weniger intensiv ausgeübtes Hobby. Werfen Sie die beiden Gruppen nicht in einen Topf, denn sie setzen unterschiedliche Schwerpunkte und haben auch unterschiedliche Ansprüche. Ein Hobby darf den Familien-Etat nicht zu sehr belasten. Wer aber vom Schreiben lebt, kennt die nötigen Investitionen in Lektorat, Cover und so weiter. Pauschale Urteile über “die” Selfpublisher treffen immer die Falschen.

Selfpublisher übernehmen das komplette Risiko für ihr Buch. Schon bis zur Veröffentlichung fallen im Normalfall Kosten von rund 2500 Euro an. Und auch danach gibt es keinen Verlag im Hintergrund, der Marketing-Euro vorstreckt. Die Rezensionsexemplare, die Indie-Autoren Ihnen schicken, sind stets von eigenem Geld vorfinanziert. Deshalb freuen sich diese Autoren, wenn Sie auch eBooks lesen. Eine Datei per E-Mail zu verschicken, kostet nichts.

Selfpublisher stehen mit ganzer Seele hinter ihrem Buch. So, wie Sie Ihr Blog mit Herzblut betreiben, haben Indie-Autoren monatelang am Text gesessen, sich die Haare gerauft, der Nacht Schreibzeit abgezwackt. Als Verlagsautor gibt man an einem Punkt des Veröffentlichungsprozesses immer Verantwortung ab, beim Cover, beim Lektorat, selbst beim Titel – und damit entsteht auch etwas Abstand. Den besitzen Selfpublisher oft nicht. Ihr Urteil, in Form einer Rezension, trifft sie deshalb ganz direkt. Bedenken Sie das – nicht, indem Sie Selbstzensur üben, sondern indem Sie akzeptieren, dass Selfpublisher sich auch stärker (womöglich emotionaler) mit Ihrem Urteil auseinandersetzen. Das wirkt vielleicht unprofessionell, aber es ist menschlich. Sie beurteilen eben nicht das Werk eines anonymen Großverlags, sondern das Ergebnis monatelanger Lebenszeit eines Menschen (der entsprechende Appell an die Autoren kommt im zweiten Teil des Beitrags…).

Selfpublisher wollen gleichberechtigt am Buchmarkt teilhaben. Ein Buch selbst zu veröffentlichen, war noch vor zehn Jahren öffentlicher Audruck des Scheiterns als Autor. Nur, wer einen Verlagsvertrag in der Tasche hatte, nannte sich Schriftsteller. Heute sieht niemand mehr von oben auf Selfpublisher herab (jedenfalls offiziell). Doch es gibt noch immer Hürden, vor denen unabhängige Autoren stehen, etwa Dienstleister, die eine Verlags-Veröffentlichung voraussetzen. Selfpublisher ärgern sich über solche Schranken. Sie wollen nichts geschenkt haben und keine Sonderbehandlung, sondern eine selbstverständliche Teilhabe an allen Möglichkeiten des Buchmarkts (okay, bei Geschenken beschwert sich wohl niemand, wenn sie nicht von oben herab erfolgen).

Selfpublisher lernen dauernd hinzu. Es gibt kein “Selfpublishing-Studium” und keinen Ausbildungsweg zum Indie-Autor. Man kann Schreibschulen besuchen und in der Selfpublisherbibel nachlesen, aber im Grunde bedeutet Selfpublishing dauerndes “Learning by doing”. Und damit sind auch Fehler verbunden, die aus falschen Erwartungen entstehen. Wer noch keine Erfahrungen mit Bloggern hat, weiß zum Beispiel auch nicht um die Stapel ungelesener Bücher und wird ungeduldig, wenn eine Woche nach dem unverlangten Zusenden eines Rezensionsexemplars noch immer keine Besprechung erfolgt ist. Das entschuldigt die Fehler nicht, aber vielleicht weckt es ein wenig Verständnis. Vor allem aber sollte es nicht dazu verleiten, eine einmal gemachte schlechte Erfahrung auch auf die Zukunft und alle Selfpublisher zu übertragen.

Nächste Woche dann im zweiten Teil: Der Blogger, das unbekannte Wesen…