Erfolg kann man im Selfpublishing längst in fast allen Genres haben – doch von Genre zu Genre zeigen sich durchaus Unterschiede, die sich an den Amazon-Top-100 ablesen lassen. Zwar dominieren Liebesromane und Krimis die Charts, doch auch die anderen Kategorien haben ihre Fans und lassen längst zu, damit den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen.
Im folgenden ein paar Beobachtungen über typische Phänomene in den einzelnen Genres. Wie immer gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Wenn ich also sage, dass Liebesromane relativ schnell wieder aus den Charts verschwinden, dann heißt das nicht, dass es nicht Gegenbeispiele gäbe.
Schwierig sind auch Genre-Mischungen. Man könnte ja annehmen, dass sie das Beste aus den gemischten Genres vereinen, tatsächlich ist aber das Gegenteil der Fall. Deshalb verkaufen sich Mischungen meist schlechter als reine Genre-Titel. Aber auch hier gibt es natürlich Ausnahmen; “Romantasy” als Mischform hat z.B. inzwischen mehr Leserinnen als reine, klassische (High) Fantasy.
Liebesromane
- Relativ kurze Verweildauer in den Charts
- Schnell nach oben, schnell nach unten
- Treue, sehr engagierte Fans
- Sehr stark bei der Leihe
- Niedrige Preise
- Harter Wettbewerb
- Vor allem jüngere Leserinnen
Erotik
- Sehr harter Wettbewerb, da nur in eigener Unterrubrik sichtbar
- Stark bei der Leihe
- Weibliche und männliche Zielgruppe, aber selten beides in einem Buch
- Mittlere Preise
- Fans bleiben eher anonym als in anderen Genres
- Sonderfall “Einhandliteratur”, die in schneller Folge produziert wird
Krimi / Thriller
- Im Mittel etwas ältere Leserinnen und Leser
- Entspanntere Fans
- Leihe nicht ganz so wichtig
- Etwas höhere Preise
- Längere Verweildauer in den Charts
- Brauchen nach Start länger in die Charts
- Harter Wettbewerb
Fantasy
- Eher jüngere Leserinnen (teils bis in den Jugendbuchbereich)
- Engagierte Fans
- Etwas höhere Preise
- Autor*innen bleiben länger in Erinnerung
- Längere Verweildauer in den Charts
- Leihe sehr wichtig
Historische Romane
- Etwas ältere Leser*innen
- Weibliche und männliche Leser
- Seltener in den Charts
- KindleUnlimited weniger wichtig
- Annehmbarer, nicht zu harter Wettbewerb
- Etwas höhere Preise
Science Fiction
- Relativ hohe Preise
- KindleUnlimited weniger wichtig
- Eher ältere Leser (Mehrzahl) und Leserinnen
- Feste, treue Zielgruppe
- Längere Verweildauer in den Charts
- Seltener in den Charts
- Entspannter Wettbewerb
Kinderbuch
- Relativ hohe Preise
- Breite Erhältlichkeit wichtig (auch Print)
- Käufer sind Eltern und Großeltern
- Richtige Altersgruppenwahl wichtig
- KindleUnlimited weniger wichtig (schon wegen geringerem Umfang)
- Fast nie in den Charts
- Gedruckt im Selfpublishing schwierig, da Farbdruck teuer
Jugendbuch
- Niedrige Preise (Taschengeld)
- Altersgerechte Geschichte wichtig (Protagonist*in i. d. R. zwei Jahre älter als Leser*in)
- Deutlich mehr Leserinnen als Leser
- KindleUnlimited wichtig
- Häufige Mischung mit Hauptgenres Liebe und Fantasy
Sachbuch
- Zielgruppe: Lesende, die ein Problem lösen wollen
- Suchmaschinenoptimierung sehr wichtig
- Höhere bis hohe Preise
- Kaum Fans
- Kaum in den Charts
- KindleUnlimited weniger wichtig (schon wegen geringerem Umfang)
- Breite Erhältlichkeit wichtig (auch Print)
- Mit Bebilderung hohe Dateigrößen beim E-Book
Habe ich Aspekte vergessen? Was ist Ihnen bei einzelnen Genres aufgefallen?
Lieber Herr Matting,
in einigen Genre sprechen Sie nur von “Leihe”. Meinen Sie damit ebenfalls KU oder auch andere Ausleihmöglichkeiten? Meine Frage speziell lautet, ob es Sinn macht Fantasy-Titel, die mehrheitlich von jüngeren Leserinnen gelesen werden, proaktiv in der Ausleihe anzubieten oder ob das insgesamt nur den Absatz verhageln würde.
Im Voraus schon mal herzlichen Dank für Ihre Antwort.
Viele Grüße
Myriam
Für die meisten AutorInnen ergibt sich mit der Leihe (das ist primär KindleUnlimited, aber auch die KOLL gehört dazu, im Artikel gebrauche ich das synonym, weil man es nicht separat wähken kann) ein Plus.
Danke für die aufschlussreiche Übersicht.
Aber (es gibt ja immer eins): Ist bei SF der Durchschnittspreis wirklich so horrend, dass es gleich zweimal gesagt werden muss? 😉 Nein im Ernst: Hängt das damit zusammen, dass hier eher Print verkauft wird, ist es also eine rein rechnerische Sache? Oder sind auch innerhalb der Ausgabeformen SF-Bücher teuerer als andere?
Aus meiner Sicht als SFler muss ich ergänzen, dass der Nebeneffekt von “treue Zielgruppe” darin besteht, dass es recht langsam geht (wenn es überhaupt klappt), sich seine eigene Fanbase zu schaffen (oft sind die Leser vor allem bestimmten Autoren, Serien oder Verlagen treu). Das relativiert den Aspekt mit dem entspannten Wettbewerb erheblich.
Das war ein Fehler 😉 Der höhere Preis gilt auch für das E-Book.
Genau so sind auch meine Beobachtungen. Bei Liebesromanen fällt mir noch auf, dass neue Namen immer eine Chance bekommen, auch wenn sie nicht über KU leihbar sind (wohingegen Verlage ja immer der Ansicht sind, LeserInnen experimentieren nicht gern und wollen nur gewohnte AutorInnen). Ob das bei anderen Genres auch so ist, kann ich nicht sagen. In diesem Zusammenhang fällt auch immer wieder auf, wie gut es manche Liebesromane über Bookrix bis an die Spitze schaffen, obwohl sie ja nicht leihbar sind.