Amazon verändert die AllStar-Boni – keine Autoren-AllStars mehr

Amazons Kindle Direct Publishing (KDP) hat heute eine Änderung des AllStar-Programms angekündigt. Bisher erhielten in jedem Monat die 150 deutschen KDP-Nutzer*innen mit den meisten via KindleUnlimited gelesenen Seiten jeweils zwischen 500 und 7500 Euro extra. Dieser Teil des Programms, der Autoren-Bonus, der Amazon.de monatlich 310.000 Euro gekostet hat, wird ab 1. Mai eingestellt, ebenso wie ein spezieller Bonus für Kinderbücher, der Deutschland nie erreicht hat.

In einer zweiten Bonus-Ausschüttung erhielten die 100 E-Books mit den meisten via KindleUnlimited gelesenen Seiten jeweils zwischen 250 und 750 Euro extra, den sogenannten Buch-Bonus. Darüber wurden auf dem deutschen Markt also 42.500 Euro zusätzlich ausbezahlt. Diese Bonus-Zahlung bleibt erhalten. Sie wird zudem in Zukunft nicht nur in Deutschland, den USA und Großbritannien ausgezahlt, sondern auch für die Amazon-Portale in Frankreich, Italien, Spanien, Kanada, Australien, Japan, Mexiko, Indien und Brasilien, also überall, wo es auch ein Kindle-Unlimited-Programm gibt. Die zu honorierenden Bücher werden dabei für jedes Amazon-Portal separat ausgerechnet und stehen allen Nutzer*innen offen. Ein deutscher KDP-Nutzer kann also mit einem englischsprachigen Buch auf Amazon.ca oder für ein italienischsprachiges Buch auf Amazon.it ebenso Boni erhalten wie für ein deutschsprachiges Buch auf Amazon.de.

Es wird allerdings nicht mehr möglich sein, exakte Grenzen für den Bonus anzugeben, denn Amazon “nutzt neben den gelesenen Seiten eine Vielzahl von Kundensignalen, um Bücher zu würdigen, die Leser begeistern”. Sprich: es ist unbekannt, nach welchen zusätzlichen Kriterien die Boni verteilt werden. Klar ist nur, dass ein E-Book nach wie vor in Select sein muss (sonst kann es nicht in KindleUnlimited gelesen werden) und den Inhaltsrichtlinien entsprechen muss (was ja eigentlich für jedes Buch im Shop gelten müsste).

Wie hoch die Boni sein werden, in welchen Stufen sie vergeben werden oder wie viele gelesene Seiten man brauchen wird, verrät Amazon derzeit noch nicht. Zumindest die erste Frage müsste sich Ende Juni klären lassen, wenn die neuen Boni erstmals vergeben werden. Bekannt ist lediglich der Fonds – 1,5 Millionen Dollar wird Amazon jeden Monat dafür zur Verfügung stellen. Bisher waren es grob gerechnet 750.000 Dollar weltweit, die Amazon für das Programm ausgegeben hat. Die Summe wurde also verdoppelt. Dafür teilt sie sich nun allerdings auf zwölf statt drei Märkte auf. Falls (falls!) alle Länder-Plattformen denselben Anteil bekommen, wären das pro Markt 125.000 Dollar, also für Deutschland nur noch weniger als ein Drittel der bisher an die Autor*innen ausgezahlten Summe. Das wäre dann tatsächlich eine Schlechterstellung der deutschen KDP-Nutzer*innen zugunsten der Kolleg*innen in den anderen Märkten.

Es ist allerdings nicht gesagt, dass die Aufteilung so erfolgt. Schon bisher wurden pro Land unterschiedliche Summen ausgezahlt. Amazon.de war z.B. die einzige Plattform, auf der 150 Autor*innen (statt anderswo 100) einen Bonus erhielten. Und die Kindle-Unlimited-Quoten sind ebenfalls von Land zu Land sehr verschieden. Hier wird man also schlicht abwarten müssen. Dass das neue Programm auf dem deutschen Markt eine deutliche Verbesserung darstellt, halte ich allerdings für unwahrscheinlich.

Was auf jeden Fall das Ergebnis ist, ist eine Neuverteilung der Boni. Bisher war es mit einer starken Backlist mittelgut verkaufender E-Books durchaus möglich, einen Autoren-Bonus zu erhalten. Aber den gibt es ja nicht mehr. Zusätzlich belohnt werden jetzt nur noch die Titel, die sich sowieso schon sehr gut verkaufen. Das betrifft dann auch nur noch bestimmte Genres – man betrachte dazu die aktuelle Bestsellerliste. Es wäre natürlich möglich, dass Amazon über das neue, relativ weiche Kriterium der “Vielzahl von Kundensignalen” auch einige E-Books in kleineren Genres honoriert, die es sonst kaum in die Top 100 schaffen.

Die gute Nachricht, insbesondere auch für die deutsche Buchhandelskonkurrenz: Das erleichtert natürlich die Entscheidung, über KindleUnlimited weniger gut laufende Titel gleich zu Tolino & Co. zu geben. Sie tragen ja nicht mehr zum Autoren-Bonus bei, und die Sichtbarkeit ist vielleicht auch nicht mehr so großartig. Ich vermute deshalb, dass es etwa ab Juli, wenn die ersten neuen AllStar-Auszahlungen bekannt werden, zu einer gewissen Abwanderung kommen wird. Nicht bei den Top-Titeln natürlich, aber bei der Backlist – eine Strategie, die ja auch bisher schon einige erfolgreiche Selfpublisher*innen verfolgt haben.