Discoverability, Visibility, Sellability: Was für Selfpublisher wirklich wichtig ist

(Foto: everett225 / depositphotos.com)
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Das derzeit wohl wichtigste Buzzword der Buchbranche heißt “Discoverability”. Es erscheinen immer mehr Titel, so die Idee dahinter, unter denen Käufer auswählen müssen, die Auswahl wächst, aber nicht die (echte oder digitale) Regalfläche, und E-Books sind dabei mangels Dinglichkeit noch ganz besonders unsichtbar. Wie schafft man es, dass ein Werk trotzdem noch von seinem Leser entdeckt wird? Das ist das Discoverability-Problem, Sascha Lobo nannte es gerade den “eiligen Gral der E-Book-Welt”, dessen Lösung jedes Unternehmen geradezu versprechen muss, das als innovativ gelten will.

Nun ist die Buchbranche weder die erste noch die einzige, die damit kämpft. Besonders ausgeprägt und für jedermann nachvollziehbar verläuft der Kampf um die Sichtbarkeit im Web, in den Ergebnislisten der Suchmaschinen. “Search Engine Optimisation” ist längst ein Muss, viele Unternehmen beschäftigen dazu teure Berater. Spannend ist dabei, wie weit die Technik hier schon gekommen ist. Nachdem in den ersten Jahren noch technische Tricks und Formeln geholfen haben (“nennen Sie das Keyword mindestens x mal, aber mit einem Abstand von y Wörtern”), ist die Technik bei Google & Co. inzwischen so weit, dass in den meisten Fällen vor allem eines belohnt wird: gute Inhalte (“content”). Das ist auch das explizit formulierte Ziel der Suchdienste: ihren Kunden vor allem die für ihre Bedürfnisse relevanten Inhalte zu zeigen, nicht die, die speziell für Google & Co. optimiert wurden. Denn Relevanz ist das Geschäft dieser Unternehmen, und ich bin überzeugt, dass Computer spätestens in ein paar Jahren gelernt haben werden, gute Inhalte zu identifizieren. SEO-Beratung wird dann Schreib- und Inhaltsberatung.

Die Buchbranche ist noch nicht ganz so weit. Aber auch ein Buchhändler denkt nicht anders: Er verdient am besten, wenn er seinen Kunden gute, zu ihren Lesebedürfnissen passende Bücher anbietet. Was kann der Verlag, was kann der Selfpublisher dazu tun? Gute Bücher veröffentlichen. Aus dem Discoverability-Problem wird für Autoren bei genauer Betrachtung ein uraltes Problem: Wie schreibe ich ein gutes Buch? Natürlich lohnt es sich immer, darüber zu diskutieren. Aber mit technischen Maßnahmen kommt man dabei nicht weit.

Vor allem verliert man dabei zumindest als Selfpublisher leicht aus dem Auge, was das eigentliche Problem ist: Wer besitzt die Kundenbeziehung? Im traditionellen System der Buchbranche ist die Antwort klar – der Händler. Aber muss das sein? Selfpublisher haben bereits viel erreicht. Sie sind Autor und Verleger in einer Person. Wohl niemand ist dem Leser so nah wie sie. Doch der entscheidende Schritt fehlt: Amazon, Apple oder Tolino verraten mir nicht, wer mein Buch gekauft hat. Ich kann nur hoffen, dass sie so schlau sind, meinen Käufern auch meine kommenden Titel anzubieten. Wenn sie clever sind, versäumen sie das nicht, es ist ja schließlich ihr Umsatz. In der Realität ist es leider anders. Und wenn ein Händler etwa seine Konditionen derart verändert, dass ich ihn meine Bücher lieber nicht mehr verkaufen lassen will, sehe ich meine Leser nie wieder.

Der heilige Gral besteht für mich deshalb darin, mindestens als Partner in die Beziehung zum Kunden einsteigen zu können. Ich selbst möchte meinen Lesern neue Bücher anbieten können, denn ich weiß am besten, dass ein Käufer von Buch X vermutlich Buch Y mag, aber nicht Buch Z. Ich habe die Bücher schließlich geschrieben! Ich möchte von seinen Erfahrungen hören, direkt reagieren, ein persönliches, nicht anonymes Verhältnis aufbauen.

Ja, das ist viel verlangt, weil der Händler ein Stück seiner Souveränität aufgibt. Es besteht ja die Gefahr, dass mein Leser dann meine Bücher woanders kauft, vielleicht sogar direkt bei mir. Andererseits kennt wohl niemand seine Leser so gut wie der Autor. Wenn ich in die Kundenbeziehung einsteige, spart der Händler Aufwand und verdient mehr. Den gesparten Aufwand kann er in seinen Shop investieren – in Sachen Komfort können alle Anbieter durchaus noch zulegen. Dann habe ich auch keinen Grund, mir und meinen Lesern den Aufwand des Direktkaufs zuzumuten. Ich bin es ja als Selfpublisher gewohnt, Dienstleister für ihre Arbeit zu bezahlen. Und ich habe selbst weniger Aufwand: Bisher muss ich ja einen Teil meiner Arbeit darin investieren, anonyme in mir bekannte Kunden zu verwandeln, indem ich Anreize zum Abonnieren meines Newsletters schaffe. Ich denke deshalb, dass ein Händler, der so etwas ermöglicht, in Zukunft die besten Karten im Markt hat.

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