Gastartikel: Weitersagen verboten – wann und warum Autoren Zitate besser für sich behalten

Green paragraph

Sag nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst.“ Diesen Ausspruch des deutschen Dichters Matthias Claudius sollten sich Selfpublisher zu Herzen nehmen – besonders wenn es darum geht, andere Personen zu zitieren. Genau zu wissen, welche Aussagen von wem unter welchen Umständen zitiert werden dürfen, ist von großer Bedeutung. Denn ein Fehler kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass ein bereits veröffentlichtes Werk zurückgezogen werden muss, und auch Schadenersatzforderungen sind keine Ausnahme. 

Warum Aussagen eines ehemaligen Bundeskanzlers für ein Autoren-Duo zum Verhängnis geworden sind und welche Grenzen das Zitierrecht auch Selfpublishern auferlegt, dem widmet sich Ralph Günther, Gründer und Geschäftsführer von exali.de, heute in seinem Gastbeitrag. Disclaimer: Dieser Beitrag entstand im Rahmen unserer Sponsoring-Vereinbarung mit Exali.

Buch zu Kohlprotokollen künftig ohne Äußerungen Kohls

Dass es nicht immer so klug ist, alles zu sagen (beziehungsweise zu schreiben), was man weiß, musste der Autor Heribert Schwan schmerzlich erfahren. Sein Buch „Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle“ wurde nach einem Urteil des Landgerichts Köln um wichtige Zitate des Altkanzlers gebracht. Auch für seinen Co-Autor Tilman Jens sowie den Heyne-Verlag hat die Entscheidung weitreichende Folgen.

Schwan hatte zwischen 2000 und 2001 als Kohls Biograph gearbeitet und dabei rund 630 Stunden Tonbandaufnahmen aus Gesprächen mit Kohl angesammelt. Aussagen daraus entnahm er für sein 2014 erschienenes Buch, das er als historisches Vermächtnis bezeichnet. Der Altkanzler jedoch sah in der ungefragten Zitation einen schweren Vertrauensbruch – und bekam von den Richtern des Landgerichts Köln Recht (Az. 14 O 315/14). Sie sahen die Veröffentlichung der Zitate als rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers an, da sein Recht zur Selbstbestimmung über das gesprochene Wort verletzt werde.

Das Buch kann zwar noch immer käuflich erworben werden – ein Großteil der Zitate Kohls mussten jedoch in der Zwischenzeit geschwärzt werden und der Text ist damit seines Grundbestandteils beraubt.

Berufung: Pressefreiheit vs. Persönlichkeitsrechte

Inzwischen beschäftigt sich bereits das Oberlandesgericht Köln mit dem Fall – ein Urteil wird Mitte Mai erwartet. Es wurde jedoch bereits angekündigt, dass die richterliche Entscheidung des LGs mindestens bestätigt wird. Für den Erfolg der beiden Autoren wäre das ein herber Schlag und der Verkauf des Buchs müsste höchstwahrscheinlich ganz eingestellt werden.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist jedoch noch unklar, ob es zwischen Kohl und seinem Biographen eine Geheimhaltungsvereinbarung gegeben habe oder nicht. Anzunehmen ist aber, dass ein Letztentscheidungsrecht des Altkanzlers bezüglich der Veröffentlichung seiner Aussagen vereinbart worden war.

Das Einzige, was die Autoren jetzt noch retten könnte, ist die Pressefreiheit. Für den Fall, dass die Richter des Oberlandesgerichts die Zitate als historisch relevant und damit für die Öffentlichkeit von Interesse bewerten würden, müssten die Rechte des Altkanzlers als zweitrangig eingestuft werden. Diese Option gilt jedoch als wenig wahrscheinlich.

Gesetzliche Regelung des Zitierrechts

In jedem Fall hat das ungenehmigte Zitieren dem Autoren-Gespann einen Haufen Ärger eingebracht – und könnte auch für den Verlag noch richtig teuer werden (Kohls Anwälte sprechen von siebenstelligen Schadenersatzforderungen).

Nicht nur in Büchern, auch in anderen Druckwerken oder auf Webseiten können Zitate für Ärger sorgen. Und zwar immer dann, wenn der geistige Schöpfer einer Aussage (beziehungsweise dessen Erben) mit der Verwendung nicht einverstanden ist und seine Rechte einfordert.

Wer ein Zitat in seinem eigenen Werk verwenden möchte, sollte also vorher einen Blick in das Urheberrecht werfen – hier ist die Nutzung und Verbreitung von Zitaten nämlich geregelt. Vielleicht in 100 Jahren könnten Schwan und Jens ihr Buch den Gesetzen zufolge ohne Probleme veröffentlichen. Dann ist der siebzigjährige urheberrechtliche Schutz der Zitate Kohls vermutlich erloschen (gerechnet ab dem Tod des Urhebers). Die Verwendung älterer Werke ist deshalb grundsätzlich unproblematischer als die von aktuellen.

Schutz vor Folgen nichtautorisierter Zitate

Übrigens: Bei Nichteinhalten einer Geheimhaltungsvereinbarung fallen häufig hohe Vertragsstrafen an. Darunter werden solche Zahlungen verstanden, die bei Vertragsbruch abstrakt geleistet werden müssen, egal wie hoch der entstandene Schaden tatsächlich ist. Auch auf die Autoren des Buchs zu den Kohl-Protokollen könnte eine solche Zahlung noch zukommen. Selfpublisher, die sich vor diesem Risiko schützen möchte, können auf eine Media-Haftpflicht  zurückgreifen, die auch den Verstoß gegen Geheimhaltungsvereinbarungen abdeckt.

_ABP5118web