TIPP: Der Wettbewerb endet am Mittwoch (15. Juli)!
In ihrem neuen Buch “Dirty Writing. Vom Schreiben schamloser Texte” beschreibt Ines Witka das Zusammenwirken zweier Kulturtechniken, die die Menschheit vorangebracht haben: Sexualität und Kreativität. Der Konkursbuchverlag hat uns erlaubt, hier einen Ausschnitt wiederzugeben, der sich mit einer wichtigen, in vielen Büchern schlecht gelösten Frage befasst:
Wie nenne ich das, was meine Protagonisten zum Sex brauchen?
Wenn für den Mann die Vagina nicht mehr als „ein mit Schleimhaut ausgekleideter Gang“ ist, kann der Leser daraus schließen, dass er Sexualität wohl als bedrohlich empfindet und Frauen am liebsten auf ihre biologischen Funktionen reduziert. Benutzt er das Wort „Fotze“, drückt das eine geringe Wertschätzung Frauen gegenüber aus (in sexuellen Situationen hingegen kann das Wort erregend wirken).
Wenn einer dagegen vom „Jadetor“, der „goldenen Lotusblüte“ oder dem „Paradies“ spricht, klingt das wertschätzender. Doch außerhalb des entsprechenden Kulturraumes oder nicht passend zum Charakter der Figur klingt es fremd oder unfreiwillig komisch.
Ob für die Heldin ihre Vagina ein Tempel, eine Schatzkiste oder ein Schneckenhaus ist, ob sie einen eigenen Kosenamen erfindet oder von ihrem Schlitz redet, sagt viel über ihr Verhältnis zu ihrem Körper aus. Hat sie Brüste, Melonen, Tüten oder zwei Ballons?
Beim Schreiben überlege ich, wie die Figur die Körperteile bezeichnen würde. Welcher Mann spricht lieber von seinem Großen als vom Zauberstab? Bevor Sie lächerliche oder übertriebene Begriffe benutzen, die nicht zum Ton ihrer Geschichte passen, benutzen Sie die neutralen Begriffe wie Brüste, Vulva, Vagina, Penis und Hoden.
Von der Zeitschrift “Literary Review” wird ein “Bad Sex in Fiction-Award” verliehen, den schon viele namhafte Autoren erhielten, z.B. posthum Norman Mailer u.a. für einen „stoßenden Kolben“ oder Rachel Johnson u.a. für “Und während er mit seinem Mund knabbert und zieht, finden seine Hände meinen Busch …”
Muschi, Dose, Möse, Muschel, Venusspalte oder Liebesgrotte? Kleiner Mann, Gurke, Schwanz, Lurch oder Rammbock? Sack, Nüsse, Eier oder Glocken? Das muss nach der Figur, dem Kontext und der Zeit, in der die Geschichte spielt, entschieden werden.
Übung: Sinnliche Gegenstände beschreiben
Suchen Sie sich ein Accessoire, das in Ihrem Text (oder Ihrer Fantasie) eine wichtige Rolle spielt (seidiger Stoff, Sextoy, Schuh, Schreibgerät, Folie …).
Sehen: Legen Sie den Gegenstand vor sich, beschreiben Sie ihn. Ist seine Form weich und gefällig? Oder ist sie von Ecken und Kanten geprägt?
Riechen: Elektrisiert Sie der Duft? Weckt er eine Erinnerung? Könnte er sich verändern? Durch Nässe? Durch Hitze?
Schmecken: Lecken Sie daran. Welche der vier Geschmacksrichtungen, süß, sauer, salzig oder bitter, nehmen Sie wahr? Alles andere, was Sie sonst noch wahrnehmen, riechen Sie!
Hören: Welche Klanglaute können Sie dem Gegenstand entlocken? Benutzen Sie Verben, die schon wie das Geräusch klingen: zirpen, schnurren, brüllen, säuseln, gurren, fauchen, blubbern, knacken usw.
Tasten: Schließen Sie die Augen, fühlen Sie daran, reiben Sie sich damit über den Arm, über die Wange. Leistet seine Stofflichkeit Widerstand? Streichen Sie gern darüber? Löst seine Beschaffenheit Gefühle aus?
Wir haben eine Menge an Verben zur Verfügung, die schon die Art der Berührungen benennen: Tätscheln, knuddeln, prickeln, kribbeln, kratzen, liebkosen, streicheln. Schreiben Sie versuchsweise, während Sie den Gegenstand in der Hand halten.
Stellen Sie auch Fragen an den Gegenstand, die man nicht stellen würde, zum Beispiel an den Stoff.
Und nun übertragen Sie die Übung direkt auf Ihre Geschlechtsteile. Erfassen Sie Ihre Vagina, Ihren Penis mit allen Sinnen und beantworten folgende Fragen spontan ohne nachzudenken:
Sehen: Wie sieht ihre Vagina / ihr Penis aus?
Meine Vagina/Penis sieht aus wie _______
Riechen: Wie empfinden Sie ihren Duft?
Meine Vagina/Penis duftet wie __________
Schmecken: Mein Saft schmeckt wie ____________
Hören: Wie nennen Sie Ihre Vagina / ihren Penis?
Ich nenne meine Vagina/meinen Penis _________
Tasten: Wie möchten Sie berührt werden?
Meine Vagina/mein Penis liebt es, wenn ich sie / ihn berühre wie _____
Ausschreibung des Schreibwettbewerbs
Schreiben Sie die Buchstaben des Alphabets, sammeln zu jedem Buchstaben Stichwörter, die Sie mit Erotik, Liebe, Verführung und Lust verbinden – fertig ist ein Abecedarium. Wählen Sie drei Wörter aus dem Abecedarium aus, verwenden Sie diese sinnvoll in einer Szene / Glosse /Kurzgeschichte. Setzen Sie sich ein Zeitlimit. Und los!
Mailen / schicken Sie uns Ihr Abecedarium und den Text an:
office@konkursbuch.com oder
konkursbuchPreis
PF 1621
72006 Tübingen
Einsendeschluss: 15.7.15.
Bis Herbst 2015 wählt eine Jury die schönsten Texte aus.
Die Preise:
- 1. Preis: Reise + Eintritt für 2 Personen zur erotischen Show “Love Bites” (November oder Dezember) mit Live-Musik, Tanz, Performances & Lesungen. Dort Verleihung eines Überraschungs(geld)preises.
- 2. Preis: Beckenbodentrainingsset, gestiftet von Frau Blum, Boutique Erotique aus Stuttgart
- 3. Preis: CrashPad, Film von Shine Louise Houston (Preisträgerin des PorYes Awards 2009), gestiftet von PorYes Initiatorin Laura Méritt aus Berlin.
… sowie Veröffentlichung der Preistexte und einer Auswahl der Texte, die in die engere Wahl kommen, in der runden Nummer des erotischen Jahrbuchs „Mein heimliches Auge. Das Jahrbuch der Erotik 30“ (Oktober 2015). Mit der Einsendung erteilen Sie uns das einmalige, nicht exklusive Recht, den (bis dahin noch nicht veröffentlichten) Text in „Mein heimliches Auge XXX“ abzudrucken.
Die Jury:
- Sophie Andresky, bekannte Autorin erotischer Bücher und Kolumnen (u.a. „Vögelfrei“, 2015 i.d. 20sten Auflage).
- Claudia Gehrke, Verlegerin
- Matthias Matting
- Ulla Steuernagel, Redakteurin beim Schwäbischen Tagblatt, zusammen mit U. Janßen Initiatorin der der Kinder-Uni in Tübingen, Autorin.
- Ines Witka, Autorin, konzipiert und realisiert Workshops für biografisches und erotisches Schreiben.