Gerade derzeit kommen sie wieder, die freundlichen E-Mails: “Ihre Bücher würden sehr gut in das Programm von … passen. Deshalb wollte ich Sie fragen, ob Sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen könnten…” Die meisten Publikumsverlage gehen inzwischen von sich aus aktiv auf erfolgreiche Selfpublisher zu – eine Nummer-1-Position ist dazu längst nicht mehr nötig, solange das veröffentlichte Buch offenkundig von professionellem Anspruch zeugt.

Wenn Sie ein, zwei erfolgreiche Titel über Amazon (insbesondere direkt über KDP) veröffentlicht haben, dauert es meist nicht lange, und Sie bekommen eine Anfrage per E-Mail, deren Absendeadresse auf “amazon.com” endet. Sie haben Amazon Publishing am Draht, Amazons Verlags-Arm, der seit etwa 2014 auch in Deutschland recht aktiv ist. Was Sie über Amazon Publishing wissen sollten, fasst dieser Beitrag zusammen.

Spätestens wenn man als erfolgreicher Selfpublisher irgendwann mit einem Verlag verhandelt, fragt man sich, ob das nicht jemand übernehmen könnte, der sich damit besser auskennt: ein(e) Literaturagent(in). Petra Hermanns von der Agentur Scriptsforsale diskutiert in einem Gastbeitrag diese Frage. Ich übergebe das Wort:

Als Literaturagentin stehe ich zunehmend vor der gestellten Frage, ob Selfpublisher einen Literaturagenten brauchen. Eine Frage, die sich nicht eindeutig auf alle Märkte und Autoren beantworten, aber deutlich werden lässt, dass die Aufgabenbereiche der Agenten immer vielfältiger werden mögen. Vor wenigen Wochen konnte ich mich auf der Frankfurter Buchmesse mit der Branche über die neuesten Trends und Entwicklungen austauschen, das Thema Selfpublishing wurde dabei stets erwähnt und diskutiert.

Als Selfpublisher sind Sie Autor und Verleger zugleich. Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht – aber bei mir kommt es durchaus vor, dass die eine Seite mal die Oberhand gewinnt: Der Verleger hat manchmal so viel Spaß daran, Pläne zu machen und Bücher zu vermarkten, dass der Autor seine Arbeit vernachlässigt. Für solche Fälle ist eine Idee sehr praktisch, die Thomas Knip (unter anderem durch das Projekt Seite 99 bekannt) kürzlich auf Facebook offenbart hat:

Thomas, der als Autor Marc Thomas schreibt, schließt einen Vertrag mit sich selbst. Darin regelt er, welche Rechte und Pflichten der Autor hat. Erwähnt sind freie Wochenenden ebenso wie die Notwendigkeit, pro Tag eine bestimmte Zeichenzahl zu Papier zu bringen. Mit Genehmigung des Erfinders ein Beispiel – Paragraph 2:

Wie The Digital Reader meldet, plant Amazon (zunächst in den USA) ein neues Programm neben KDP. Autoren können auf der neuen, gerade in Vorbereitung befindlichen Plattform eigene, noch nicht veröffentlichte Werke einreichen. Amazon wird daraus Auszüge veröffentlichen und dann die Leser darüber abstimmen lassen. Die vielversprechendsten Titel werden dann von Amazon Publishing veröffentlicht. Das Programm (derzeit nur “Amazons new publishing program” genannt) ähnelt damit Lyx Storyboard des Ehapa-Verlags.

Unterschreiben oder nicht?
Unterschreiben oder nicht?

Wie sehr sich die Position erfolgreicher Autoren durch das Self Publishing geändert hat, zeigt die Tatsache, dass inzwischen bei jedem erfolgreichen Indie-Autor die Verlage anklopfen und höflich um einen Vertrag bitten. Doch es gibt dabei erstens nicht nur seriöse Anbieter – und zweitens setzen auch die namhaften Verlage in ihren Vertragsvorschlägen gern Klauseln ein, die für den Autor nicht unbedingt vorteilhaft sind.

Ein unerfahrener Self Publisher, vielleicht ein bisschen geschmeichelt durch den berühmten Namen auf dem Briefpapier, vergisst dann schnell, dass das seitens des Verlags natürlich nur ein Angebot ist. Es ist wie auf dem Basar: Der Verlag rechnet damit, dass der Autor nun Gegenvorschläge macht – und am Ende einigt man sich auf ein Paket, das allen Wünschen gerecht wird.

Was sollten Sie bei den Vertragsverhandlungen beachten, worauf sollten Sie auf keinen Fall eingehen?

Ein faires Honorar

Im Vertrag sind normalerweise eine Tantieme, also ein prozentualer Anteil am Erlös, und eine feste Summe vorgesehen, ein Garantiehonorar. Die Tantieme wird in Prozent angegeben. Hier lauert aber die erste Falle: Achten Sie darauf, ob das Honorar vom Netto-Verkaufspreis des Buches (Preis minus 7 % Mehrwertsteuer) oder vom Netto-Verlagsabgabepreis (Preis minus Mehrwertsteuer minus Buchhandelsrabatt von 40-50%) berechnet wird. 10 Prozent vom Netto-Verlagsabgabepreis sind weniger als 8 Prozent vom Nettopreis. Üblich sind beim Taschenbuch 5-8 % vom Nettopreis, beim Hardcover 8-12%.

Tim Rohrer, Gründer und Betreiber der Lese-Community Leselupe.de, hat gerade ein eBook im Self Publishing veröffentlicht einen Verlag gegründet, den FeuerWerke Verlag. Ein neuer Verlag? Braucht das jemand? Das habe ich mich gefragt, als ich Tims Pressemitteilung erhielt. Und die Frage an den Neuunternehmer weitergeschickt. Im folgenden Tim Rohrers Antwort in Form eines Gastbeitrags.

Selfpublishing vs. Verlag

Immer mehr Autoren entscheiden sich heute bewusst (oder aus Mangel an Verlagsangeboten) für eine Veröffentlichung als Selfpublisher. Das ist gut, denn so werden mehr Bücher denn je veröffentlicht. Dadurch haben Leser eine größere Auswahl und Autoren, die naturgemäß einen hohen „Veröffentlichungsdruck“ verspüren, können ihr Werk selbstbestimmt der Welt präsentieren.

Die Vorteile von Selfpublishing sind offensichtlich: Das Buch wird garantiert veröffentlicht. Der Autor hat alle Entscheidungen in der eigenen Hand. Verkaufszahlen stehen meist tagesaktuell zu Verfügung. Ein deutlich größerer Anteil der Einnahmen geht ins Portemonnaie des Autors. Und vor allem kommt das Geld nicht mit 6 oder gar 12 Monaten Verzug beim Autor an (Vorschüsse bei Verlagsverträgen sind nicht garantiert), sondern meist schon 1-2 Monaten nach einem Buchverkauf.

Was spricht also heute überhaupt noch für eine Verlagsveröffentlichung?

Aus meiner Sicht als Kleinverleger sind dies im Wesentlichen zwei Themenfelder. Das erste hat mit Beratung & Strategie zu tun, das zweite mit den Kosten. Kommen wir zunächst auf das etwas komplexere Thema Beratung & Strategie zu sprechen: Dies hat viel mit Erfahrung und „Learning by doing“ zu tun. Wie so oft im Leben, macht man etwas besser, wenn man es zum zweiten, dritten oder vierten mal macht. Mit jedem Versuch wächst die Erfahrung, damit die Routine und Professionalität.

Heute startet die Münchner Verlagsgesellschaft mit 100fans.de eine Plattform, die das Crowd-Funding-Prinzip in die Verlagswelt übertragen soll. Dr. Felicia Englmann (40) ist bei der Münchner Verlagsgesellschaft für das Projekt 100 FANS zuständig. Sie ist Autorin und hat Journalistik, Englische Philologie und Politische Wissenschaft studiert. Englmann lehrt und forscht am Lehrstuhl für Politische Theorie der Universität der Bundeswehr München. Selfpublisherbibel.de beantwortete sie per E-Mail ein paar Fragen.

Frage: Was hat den Verlag bewogen, 100fans.de zu starten?

Antwort: Leser oder User können im Zeitalter von Social Media, Mediatheken, E-Papers und On-Demand-Angeboten sehr genau bestimmen, was sie sehen, hören und lesen möchten. Warum also nicht auch bei Büchern? Wir lassen die Leser entscheiden, welche Bücher bei 100 FANS erscheinen. Wir glauben, dass dies eine Chance im sich verändernden Buchmarkt ist, Autoren und Leser näher zusammen zu bringen.

Frage: Wie profitiert ein Autor davon, bei Ihnen ein Projekt einzustellen?

Antwort: Der Autor oder die Autorin kann sein Projekt direkt den Lesern präsentieren und dabei feststellen, wie es bei Lesern ankommen. Wenn es ankommt, erhält ein Autor einen Verlagsvertrag mit allen Verlagsleistungen und muss sich nicht selbst auf die oft mühsame Suche nach einem Verlag machen. Außerdem verdient der Autor bei 100 FANS prozentual mehr vom Verkaufspreis als bei einem klassischen Verlag.

Ein gutes Motiv für Self Publishing? 33 Prozent der deutschsprachigen Autoren sind mit ihrem Verlag unzufrieden – das ergab eine Umfrage, die Autorenverbände in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter ihren Mitgliedern durchgeführt haben. Abgesehen davon, dass damit die große Mehrheit der insgesamt über 1200 Befragten zufrieden oder sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit ist, finden sich in der Auswertung noch weitere interessante Zahlen.

Die Zufriedenheit lässt sich zum Beispiel 1:1 auch auf die Vertragsbedingungen übertragen. Ganze 34% der deutschen Umfrageteilnehmer hätten gern andere Verträge. Mit der inhaltlich-kreativen Zusammenarbeit sind hierzulande 37 Prozent unzufrieden.

Wenn das eigene Werk das Licht der Welt erblicken soll (und die Entscheidung gegen einen Verlag gefallen ist), stellt sich automatisch die Frage: Wen soll ich mein eBook online stellen lassen? Dazu gibt es im Grunde zwei Möglichkeiten.

  • Sie beliefern die wichtigsten Shops selbst, natürlich bei Amazon beginnend. Vorteil: direkte Kontrolle, aktuelle Statistiken, höheres Honorar. Nachteil: Massenbetrieb, kein direkter Ansprechpartner, Sie erreichen nicht alle potenziellen Leser.
  • Sie lassen sich die Verteil-Arbeit von einem so genannten Distributor abnehmen. Vorteil: kein Ärger mit x verschiedenen Shops, Übersicht über alle Kanäle, mehr potenzielle Käufer. Nachteil: weniger Honorar, weniger Kontrolle, oft exklusive Bindung.

Dass die Anbieter ihre Konditionen oft recht verklausuliert darstellen, erschwert die Auswahl. Ich habe deshalb in einer großen Tabelle die wichtigsten Merkmale der bedeutendsten Distributoren zusammengestellt. Zum Vergleich führt die Tabelle auch die Self-Publishing-Programme der Online-Händler auf.