Welche Kriterien gibt es überhaupt dafür, was an Details aus der Recherche in einen Roman gehört?
Autor: Stephan Waldscheidt
Sympathie ist, laut Wikipedia, die sich spontan ergebende gefühlsmäßige Zuneigung. Man kann darüber streiten, ob Zuneigung nicht immer gefühlsmäßig ist. Was ich an der Definition spannend finde, ist das Wörtchen spontan. Denn genau da liegt einer der Knackpunkte auch für sympathische Charaktere.
Schreiben ist nicht Malen nach Zahlen. Das gilt auch dann, wenn Sie sich einer bewährten Romanstruktur samt deren Meilensteinen (wie Wendepunkten usw.) bedienen. Selbst dort können Sie Ihre Kreativität ausleben – sofern Sie damit dem Roman und seinen Lesern einen Dienst erweisen, keinen Bärendienst.
Sie wollen einen Urban-Fantasy-Roman schreiben oder die Leser in Ihre ganz eigene Steampunk-Welt entführen. Sie wollen den Charakteren Ihres Science-Fiction-Dramas einen Handlungsrahmen geben. Weltenbau ist nicht auf fantastische Genres beschränkt. Er kann schlicht heißen, eine eigene kleine Welt in der bestehenden zu schaffen, etwa eine Kleinstadt, in der die Ereignisse ihres realistischen, zeitgenössichen Romans spielen.
Der Weltenbau ist für Fantasy-Autoren das, was für Autoren von realistischen Romanen die Recherche ist. Unerlässlich, um den Charakteren ihren Handlungsspielraum zu geben, den Leser in die Geschichte zu ziehen und das Geschehen lebendig, verständlich und sinnlich erfahrbar zu machen. Wie Recherche ist der Weltenbau aber auch zeitaufwendig und nicht immer einfach.
Wir Menschen tun eine Menge dafür, das Belohnungszentrum unseres Gehirns zu aktivieren. Manche nehmen Drogen, andere essen Süßigkeiten oder betreiben Extremsport. Andere lesen. Sicher, Sie belohnen Ihre Leser mit spannender Unterhaltung, mit kontroversen Themen oder einer schönen Sprache. Das allein reicht nicht.
Prüfungen, Examina, Tests, Klausuren, Vorstellungsgespräche – man muss sie einfach lieben. Ach, das tun Sie nicht? Welches war die unangenehmste Prüfung Ihres Lebens? Versetzen Sie sich in die Situation zurück. Was war das Problem? Was ging schief? Hatten Sie womöglich nicht genug Zeit, die Aufgaben zu lösen?
Ein Film wie »Rogue One: A Star Wars Story«, der 200.000.000 US-$ gekostet hat, sollte zumindest eins sein: spannend. Warum bin ich – und andere Kinogänger in meiner Sitzreihe –, trotz all der Schlachten und des Spezialeffekte-Tsunamis, mehrmals fast eingeschlafen?
Neben all den anderen Unannehmlichkeiten, die so eine Prüfung mit sich bringt, sticht eine besonders heraus: Die verdammte Prüfung muss in einer Zeitspanne erledigt werden, die garantiert nicht reicht, alle Fragen zu beantworten, auf alle Lösungen zu kommen oder sie so ausführlich darzulegen, dass es dem Prüfer genügt.
Ihr Buch ist noch nicht bereit. Diesen Satz stelle ich mal hier so in den Raum, weil ich weiß, dass er in 95 % der Fälle zutrifft. Das ist eine konservative Schätzung. Die Tatsache, dass es Leute gibt, die Ihr unfertiges Werk gut finden, sollte Sie darüber nicht hinwegtäuschen.