Stellen Sie sich die Bestseller-Regale Ihrer Buchhandlung vor. Nun wechseln Sie die Beschriftung SPIEGEL- oder FOCUS-Bestseller aus, indem Sie sich sinnvolle oder obskure Genres ausdenken, etwa “Bücher, die unsere Leser in drei Tagen fertig hatten” oder “Die besten Romance-Bücher”. Schließlich stellen Sie diese Regale an alle Wände der Buchhandlung – und fertig ist “Amazon Books”. Ansonsten, davon konnte ich mich in der Filiale Santa Monica überzeugen, sind die Unterschiede marginal: Sie werden freundlich begrüßt, der Angestellte versteckt sich also nicht hinter dem Tresen; als Neuling erklärt man Ihnen die Besonderheiten. Und Sie werden nicht böse angesehen, wenn Sie Ihr Handy zücken und Bücher fotografieren (um etwa den Partner um seine Meinung zu fragen oder das Buch auf den Wunschzettel zu setzen). Im Gegenteil: Man fordert Sie sogar dazu auf, mit der Amazon-App die Preise zu prüfen, denn als Prime-Mitglied bekommen Sie immer den Preis von Amazon.com und müssen nicht den evtl. höheren Preis des Amazon-Books-Ladens zahlen.
Wegen der zunehmenden Verbreitung der Bestseller-Regalflächen bei uns kommt dem Besucher eine Filiale von Amazon Books, wo Bücher immer mit dem Cover nach vorn gezeigt werden, gar nicht mehr ungewöhnlich vor. Unter jedem Buch findet sich ein Auszug aus einer Rezension, dazu auch die Gesamtzahl der Bewertungen und der Bewertungsschnitt. Es werden aber nicht nur Bestseller verkauft, der Laden gibt auch Empfehlungen. Und auch die “Kunden kauften auch”-Listen haben es in den Laden geschafft: “Wenn Sie dieses Buch mochten, mögen Sie auch jene Bücher” heißt das dann im Laden. Allerdings funktioniert das Konzept offline m.E. nicht wirklich. Ab und zu steht auch ein Kindle im Regal, auf dem man in einem der Titel stöbern kann, sehr verlockend ist das jedoch nicht.
Das Angebot ist vielfältig; wer auf der Suche nach Lesestoff oder Geschenken ist, wird ebenso sicher fündig wie in einer deutschen Buchhandlung. Die Beratungsqualität der Angestellten habe ich nicht getestet. Was mich aber sehr gewundert hat: Amazon Books gibt die Vielfalt von Amazon gar nicht wieder. Im Selfpublishing veröffentlichte Werke, die Amazon dem Buchhandel ja eigentlich voraus hat, kommen so gut wie nicht vor. Amazon Books ist eine Domäne der klassischen Großverlage; das Angebot wird von teuren Hardcovers dominiert, ab und an findet sich auch ein Titel der Amazon-eigenen Imprints, aber das war es auch schon. Selfpublisher, das war meine Schlussfolgerung, sollten sich also von einer Expansion der Idee nach Deutschland nichts erhoffen – es ist keine verstärkte Präsenz im Handel feststellbar.