Vergangene Woche hat mich Sebastian Posth auf eine interessante Untersuchung aus den USA aufmerksam gemacht: Auf Techcrunch hat die Preis-Vergleichseite Luzme vorgerechnet, bei welchen Preisen in den USA und in Großbritannien die höchsten eBook-Umsätze gemacht wurden.
Kurzfassung: während nach Verkaufszahlen die meisten eBooks zwischen 1 und 2 Dollar verkauft wurden, lag die Umsatzspitze bei 9 bis 10 Dollar. In Großbritannien hingegen lagen sowohl nach Anzahl als auch nach Umsatz Titel unter 1 Pfund deutlich vorn.
Wie sieht es in Deutschland aus? Mein Amazon-Top-1000-Tool stellt als Datenbasis die eBook-Rankings des vergangenen halben Jahres zur Verfügung, genau so lange läuft es schon. Ich habe die Top 1000 für diese Auswertung in mehrere Ranking-Bereiche mit vergleichbaren Verkaufszahlen aufgeteilt und dann für jede Preisgruppe die Verkaufszahlen und daraus die Umsatzzahlen ermittelt. Die Werte sind um die Umsatzsteuer bereinigt, stellen aber den kompletten Nettopreis eines Buches dar, also das, was Amazon netto eingenommen hat.
Das Ergebnis ist teils vorhersehbar, teils überraschend. Bei den Verkaufszahlen lagen wie erwartet sowohl in den Top 100 als auch in den Top 1000 eBooks mit Preisen von 3,99 Euro vorn, gefolgt von 2,99 Euro.
Bei den Top 1000 zeigt sich aber auch schon ein deutlicher Peak bei 8,99 Euro.
Wie äußert sich das in den Umsätzen? In den Top 100 liegen 3,99 Euro vor 4,99 Euro und 2,99 Euro. 99-Cent-Titel setzen noch weniger um als etwa Titel zu 11,99 oder 14,99 Euro.
In den Top 1000 hingegen kehrt sich das Verhältnis beinahe um. eBooks zu 8,99 Euro erzielen fast so viel Umsatz wie solche zu 3,99 Euro. Was heißt das für Autoren und Verlage? Es gibt einen Umsatzbereich jenseits der Billig-Strategie, in dem ebenfalls kommerzieller Erfolg möglich ist. Die Umsätze liegen hier immerhin höher als bei 2,99 oder 4,99 Euro. Allerdings wird es deutlich schwieriger, mit einem solchen Preis Sichtbarkeit zu erreichen, wie in einer anderen Auswertung zu sehen war.
Zudem ist der deutsche eBook-Markt erstaunlich gesund, was wir wohl der Preisbindung zu verdanken haben. Dass in Großbritannien die Preise so am Boden liegen, ist nämlich den Preis-Schlachten der großen Anbieter (Sony, Sainsbury’s) geschuldet, die sich mit Billig-Preisen Marktanteile erkaufen wollten. Leser mögen es vielleicht anders sehen – aber für Autoren und Verlage scheint die Preisbindung damit doch einen echten Nutzen zu haben.
Vielleicht auch noch interessant: In welchen Rängen der Bestsellerliste wurden welche Umsätze erzielt? Die Grafik zeigt vor allem (wieder einmal), dass die Midlist kaum zu unterschätzen ist. Sie trägt jedenfalls sehr gut zu den Umsätzen bei.
Und welchen Umsatz hat Amazon in Deutschland nun insgesamt 2013 mit eBooks erzielt? Im zweiten Halbjahr komme ich bei dieser Abschätzung auf 56 Millionen Euro. Das gilt nur für die Top 1000, wohlgemerkt, und enthält weder die Leihbücherei noch Umsatzspitzen zu Weihnachten. Eine weitere Extrapolation wird noch ungenauer. Man könnte davon ausgehen, dass die Titel mit Rängen von 1001 bis 10.000 im Mittel je 5 Exemplare am Tag verkauft haben. Bei ähnlicher Preisgruppenverteilung wie für die Top 1000 ergibt sich damit ein zusätzlicher Umsatz von gut 120 Millionen Euro für dieses halbe Jahr, insgesamt also fast 30 Millionen Euro pro Monat. Der “Long Tail”, die Titel unterhalb der Top 1000, erzeugt damit weitaus höhere Umsätze als alle Spitzentitel zusammen.