Ein Spiel schreiben? Gesellschaftsspiele auf dem eReader

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Beim Thema eBook denkt man fast immer an Romane oder Sachbücher – aber auch Spiele lassen sich damit umsetzen. Ein Gastbeitrag von Sebastian Holtfoth von eBook-Games.

Gerade im Urlaub ist der eReader mit den Lieblingsbüchern immer dabei. Warum eigentlich nicht auch die Lieblings-Gesellschaftsspiele?
Das zentrale Element von Partyspielen bilden in der Regel die Begriffskarten, mit denen interagiert werden soll. Genau diese Karten lassen sich aber häufig nicht separat kaufen.

Es wäre doch praktisch, wenn man – gerade im Urlaub – keine große Verpackung mitnehmen müsste, dachte ich mir. Ende 2014 war es fertiggestellt: „Ups!? – das eBook-Spiel“. Es handelt sich um eine Adaption des beliebten Klassikers „Tabu“, bei dem es gilt, einen Begriff zu erklären, dabei aber bestimmte Tabu-Wörter zu vermeiden.

Ein eReader verfügt, anders als Tablet oder Smartphone, über keine interaktiven Möglichkeiten, kann weder Musik noch Videos abspielen. Das stört bei Gesellschaftsspielen überhaupt nicht – im Gegenteil – das Spielgefühl entsteht durch die Kommunikation der Mitspieler und soll nicht durch Geräusche und Blinken gestört werden. Der eReader dient lediglich dazu, die Spielkarten darzustellen.

Schnell war ein Kooperationspartner mit dem Spieleautor Franz Scholles und dem aktuell-spiele-verlag gefunden. „Na Typisch! – das eBook-Spiel“ und „Na Typisch! Fan-Edition“ greifen das „ewige“ Thema: Männer, Frauen und Beziehungskisten auf – kein Klischee bleibt bei diesem Spiel unberührt.

Das Ziel bei der Spielentwicklung war es, die Spiele so umzusetzen, dass direkt begonnen werden kann, ohne z.B. Pläne ausdrucken zu müssen. Ein paar Alltagsgegenstände wie z.B. Stift und Papier, Eieruhr oder Nüsse und Gummibärchen genügen und der Spieleabend kann beginnen.

Bei der Produktion der eBook-Spiele fiel auf, dass die Lesegeräte recht unterschiedliche Merkmale bei der Interpretation der eBooks besitzen, die bei klassischen Texten häufig kaum auffallen, bei komplexeren Layouts aber deutlich ins Gewicht fallen. Es bedurfte zahlreicher Testläufe, bis Kompromisse gefunden waren, die Spielkarten auf allen Geräten vorzeigbar zu machen. Schließlich sollten die Vorzüge der Lesegeräte mit der Vergrößerungsmöglichkeit der Schrift bewahrt bleiben.

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Cumedio arbeitet bei der eBook-Erstellung mit einer selbst entwickelten Software, um flexibel und schnell auf die Wünsche seiner Kunden und auf Veränderungen am Markt reagieren zu können. Für das eBook-Spiel wurde ein Modul zur seriellen Erzeugung der Spielkarten entwickelt. „Ups!? – das eBook-Spiel“ z.B. enthält 3000 Spielkarten, wobei drei verschiedenen Mischungen mit jeweils 1000 Karten erstellt wurden, um dauerhaften Spielspaß zu garantieren. Eine solche Menge an Karten von Hand zu gestalten, wäre sehr mühsam. Durch den Automationsprozess war es möglich, die Spielbegriffe direkt aus einer Datenbank in XHTML-Dateien umzuwandeln. Auf diese Weise musste das Kartenlayout lediglich einmal erstellt werden und die Spieleautoren konnten sich auf die Kernaufgabe konzentrieren: Passende Suchbegriffe auswählen.

Bei „Na Typisch!“ lag ein weitaus komplexeres Designkonzept vor. Die Themengruppen sollten als Symbol in den Kartenhintergrund gelegt werden. Auf einem Kindle-Reader funktionierte dies tadellos, leider sind solche Techniken auf Tolino-Geräten aufgrund ihrer Unfähigkeit, CSS3-Befehle zu interpretieren, derzeit nicht umsetzbar. Wir verlegten die Symbole schließlich in den Kopfbereich der Karten.

Wie auch bei klassischen Büchern üblich, stehen „Leseproben“ der Spiele bereit und die Spielkonzepte können – anders als bei geschlossenen Spieleschachteln – in Ruhe ausprobiert werden.

eBook-Spiele sind ein Nischenmarkt. Das Konzept zeigt aber, dass mit einem eReader mehr möglich ist, als man zunächst annimmt. Derzeit mangelt es bei der eBook-Gestaltung häufig an Kreativität. Der Upload und die automatische Wandlung einer Worddatei mag zwar für viele Self-Publisher der einfachste und naheliegende Weg sein: Das Ergebnis sind aber einheitliche und optisch langweilige eBooks. Schade, dass dem eigenen Text, dem eigenen Kind, eher selten ein schönes Gewand angelegt wird. Die Möglichkeiten und Grenzen des Mediums „eBook“ sind noch nicht erschöpfend ausgelotet worden.

Die neue Marke eBook Games wird auch zukünftig weitere eBook-Spiele bereitstellen. Aktuell ist ein weiterer Titel in der Produktion und wird in Kürze erscheinen – für den Herbst ist der letzte Teil der Spieleserie „Na Typisch!“ geplant.