Wenn der große Gegner Amazon außer dem eReader Kindle auch Tablets unter der Kindle-Fire-Marke verkauft, muss die Produktkategorie wohl spannend sein. Das werden sich jedenfalls die in der Tolino-Allianz vertretenen deutschen Buchhändler gedacht haben – und so gaben sie beim Technik-Partner Telekom ein Tolino-Tablet in Auftrag.
Natürlich sagt das keiner der Partner so – aber zufällig ist der Telekom-eBook-Shop Pageplace der einzige, der das Tolino Tab nicht verkauft. Oder besser die Tolino Tabs, denn es gibt ja eine Version mit 7 und eine mit 8,9 Zoll Diagonale. Wie bei Amazon. Die Telekom ist aber auch Vertriebspartner von Apple und Samsung und damit wohl mit Tablets ausreichend ausgestattet.
179 Euro für die kleinere Version – das klingt gar nicht so schlecht. Zwar bietet Aldi 10-Zoll-Tablets für denselben Preis an, aber auf dem Papier gehört das Tolino Tab zu einer neueren Generation. So hat etwa der Bildschirm nicht nur 1280 x 800, sondern 1440 x 900 Punkte Auflösung. Mit dem Kindle Fire HDX kann das Tolino Tab trotzdem nicht mithalten: Das Display ist okay, aber nicht überwältigend. Das Gerät liegt insgesamt gut in der Hand. Der Rahmen um den Bildschirm ist relativ breit, das Tolino Tab wiegt aber kaum mehr als der Konkurrent.
Da die Tolino-Allianz ihre Offenheit immer so betont: Das Tolino Tab lässt sich besser erweitern als ein Amazon-Tablet. Sowohl ein HDMI-Ausgang zum Fernseher sind vorhanden als auch ein MicroSD-Speicherkartenslot. Da das Grundmodell nur 16 GB speicher besitzt, ist das aber auch nötig.
Nach dem Start öffnet sich die Tolino-App. Auf dem Testgerät lag sie noch in einer fast unbrauchbaren Version 1.0.0 vor, bot aber sofort ein Update auf 1.1.7 an. Leider funktionierte das erst im etwa 20. Anlauf. Mit der aktualisierten Version lässt sich arbeiten, sie bietet unter anderem auch Sammlungen, begeistern kann sie noch nicht. Vor allem die kurze Verzögerung beim Blättern in einem eBook nervt. Beim Markieren muss man etwa eine Sekunde warten, bis etwas passiert. Wörterbücher wie auf dem Tolino shine oder in der Kindle-App gibt es noch nicht. Während die App läuft, tauchen die Android-Softkeys unten nicht auf, die Android-Menüs oben kann man jedoch aufrufen.
Die Funktion, das Archiv der App mit Accounts bei anderen Tolino-Händlern zu verknüpfen, ist zwar vorhanden, funktioniert jedoch nicht. Ein echter Krampf ist das Einkaufen neuer eBooks – zumindest im Weltbild-Shop, der auf meinem Gerät vorgegeben war. Eine solche unzeitgemäße Oberfläche kann man den Kunden doch 2013 nicht mehr anbieten!
Aber das macht eigentlich nichts, es gibt ja den Menüpunkt “Apps, Internet und mehr” (in Version 1.0 hieß er noch “Zurück zu Android”). Darüber landet man im gewohnten Android-Bildschirm. Alles ist da, was man in Android 4.2.2 erwarten kann. Sie können im Google-Store einkaufen, die Kindle-App laden (und somit auch bei Amazon shoppen) oder auch auf die gewohnte App von Weltbild, Thalia oder Hugendubel zugreifen (die allerdings auch keinen hübscheren Shop besitzen).
Das Tablet wird im Betrieb relativ warm. Der Akku hält realistisch etwa sieben Stunden, was für ein Gerät dieser Größe normal ist. Der Prozessor ist kein Geschwindigkeits-Rekordhalter. Neuere Tablet-Apps ruckeln leicht, die Android-Oberfläche scrollt aber flüssig.
Fazit: Das Tolino Tab 7 ist kein wirkliches Billig-Tablet. Als Android-Gerät ist es Mittelklasse. Im Vergleich zu den Kindle-Tablets wird der Zugriff auf das gewohnte Android weniger erschwert. Dafür muss der Nutzer aber auch mit deutlich weniger Komfort leben. Mit Version 1.5 ist die Tolino-App dann vermutlich richtig ausgereift.