Autoren-Tipp: Was tun, wenn Sie ein Plagiat Ihres Textes finden?

Judge sitting at table during court hearings on room background

Plagiate sind, auch wenn es gerade anders erscheint, kein Massen-Phänomen. 99,9 Prozent aller Bücher und eBooks dürften auf originären Leistungen ihrer Autoren beruhen. Aber ab und zu vergessen Menschen unter dem Lockruf schnellen Geldes eben doch Recht und Anstand – was tun Sie also als Urheber, wenn Sie einem Plagiat auf die Schliche gekommen sind?

1. Beweise sichern

Wenn der Beschuldigte vom Vorwurf erfährt, könnte es sein, dass er versucht, alle Spuren zu tilgen. Sie müssen also schneller sein. Fertigen Sie Bildschirmfotos vom geklauten Text an. Amazon stellt zum Beispiel den “Blick ins Buch” bereit, aber auch die Volltextsuche von Google Books ist hier sehr hilfreich. Die Beweissicherung sollte stets der erste Schritt sein, bevor Sie jemanden über Ihren Verdacht informieren.

2. Verantwortlichen suchen

Wer ist verantwortlich dafür, dass der verdächtige Text veröffentlicht wurde? Bei Websites gibt es normalerweise ein Impressum, bei .de-Adressen auch einen Eintrag bei Denic. An dieser Stelle geht es nicht darum, den Schuldigen zu finden: Es kann ja durchaus sein, dass der Verantwortliche ebenso betrogen wurde wie Sie. Aber das ist nicht Ihr Problem. Sie brauchen den rechtlich Zuständigen, und das kann ein Verlag sein oder ein Autor, wenn es ein selbst publiziertes Werk ist.

Falls es weder Buch- noch Website-Impressum gibt und auch sonst keine Spuren des Autors, brauchen Sie einen sekundären Verantwortlichen, den “Mitstörer”. Das kann zum Beispiel Amazon sein oder allgemein der eBook-Shop, in dem der geklaute Text veröffentlicht wurde. Diese Unternehmen haben in der Regel eine eigene Abteilung für Urheberrechts-Verletzungen. Bei Amazon füllen Sie dazu ein spezielles Formular aus, und zwar mit möglichst genauen Informationen.

3. Öffentlichkeit suchen

Ein probates Mittel insbesondere beim Inhalte-Klau besteht darin, die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen. Leser reagieren oft schneller als Unternehmen. Ein Shitstorm auf Facebook, Twitter oder in den Produkt-Rezensionen bewirkt oft mehr als eine Abmahnung durch einen Rechtsanwalt, weil auch andere Titel des Autors bzw. der Firma betroffen sind. Allerdings sollten Ihre Beweise dann auch hieb- und stichfest sein – anderenfalls beschwören Sie Probleme für sich selbst herauf, etwa den Vorwurf der üblen Nachrede.

4. Rechtsanwalt beauftragen

Den nächsten Schritt können Sie theoretisch auch allein gehen – allerdings nur, wenn Sie eine Adresse des Textdiebs gefunden haben: Sie schicken dem Verletzer Ihrer Rechte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung und fordern ihn zur Zahlung von Schadenersatz aufMustertexte dazu finden Sie hier.

Wenn Sie zunächst auf einen Rechtsanwalt verzichten, gehen Sie kein Kostenrisiko ein. Sie müssen allerdings damit rechnen, dass die Gegenseite Ihr Schreiben dann weniger ernst nimmt. Mitglieder des Selfpublisher-Verband e.V. können das Erstschreiben kostenlos vom Verbandsjustiziar erstellen lassen. Auf den Anwaltskosten bleiben Sie (beim Vorliegen klarer Beweise) nur dann sitzen, wenn die Gegenseite zahlungsunfähig ist. Ihre private Rechtschutzversicherung wird den Anwalt bei Urheberrechtsproblemen in der Regel nicht zahlen.

Bei der Bemessung des Schadenersatzes dürfen Sie großzügig sein und auf normale Buchhonorare 100 Prozent aufschlagen.

Sie müssen selbst an dieser Stelle übrigens nicht nachweisen, dass Sie selbst das Urheberrecht am Text besitzen – das ist erst nötig, wenn Sie vor Gericht ziehen. Allerdings schmälert es dann Ihre Chancen doch deutlich.

Ein vernünftiger Dieb wird an dieser Stelle die Unterlassungserklärung unterschreiben und vielleicht allenfalls versuchen, über den Schadenersatz zu verhandeln. Wenn aber absolut keine Einigung zu erreichen ist, folgt der Gang vor Gericht. Eventuell reagiert der Angeschriebene überhaupt nicht – dann empfiehlt sich eine einstweilige Verfügung.

5. Einstweilige Verfügung beantragen

Der Antrag auf eine einstweilige Verfügung zwingt den Gegner zur Reaktion, denn wenn er sich weiterhin stumm stellt, wird sie einfach erteilt – und kann dann von Ihnen per Gerichtsvollzieher durchgesetzt werden. Spätestens an dieser Stelle würde ich allerdings auf einen Anwalt zurückgreifen, auch wenn Sie das theoretisch ebenfalls noch selbst erledigen können.

6. Gang vor Gericht

Eine Klage beim Amts- oder Landgericht kann nur Ihr Anwalt einreichen. Unter Umständen können Sie Prozesskostenhilfe beantragen. Ein komplettes Verfahren kann sich über Monate bis Jahre hinziehen, wenn alle Instanzen ausgeschöpft werden. Ein guter Anwalt wird Sie realistisch über Ihre Chancen informieren, bevor er die Klage einreicht. Wenn der Fall eindeutig ist und Sie Ihre eigene Urheberschaft nachweisen können, ist das Verlustrisiko gering. Allerdings könnte gerade bei längerem Prozessverlauf irgendwann der Beklagte abhanden kommen, wenn etwa seine Firma in Konkurs geht. In diesem Fall blieben Sie auf den Kosten sitzen, auch wenn Sie gewonnen haben.