Sowohl zeitlich als auch finanziell braucht das Lektorat neben dem Verfassen eines Buches den wohl größten Aufwand. Es ist die Grundvoraussetzung, ein professionell wirkendes Buch an den Start zu bringen. Auch wenn Sie selbst Germanistik studiert haben, brauchen Sie den Blick von Außen auf Ihren Text, den nur ein erfahrener Lektor bietet.
Rechnen Sie mit 4 bis 7 Euro pro Normseite (1500 Zeichen). Angebote im niedrigen dreistelligen Bereich für einen ganzen Roman können eigentlich nur unseriös sein oder enthalten gar kein echtes Lektorat, sondern nur ein Korrektorat (meist 1 bis 2 Euro pro Normseite), bei dem Rechtschreibung und Grammatik geprüft werden. Bei einem Roman sind also 1500 Euro für das Lektorat ein normaler Mittelwert. Erschrecken Sie nicht: eine Lektorin kann meist kaum mehr als zwei Manuskripte pro Monat bearbeiten. Nun können Sie selbst nachrechnen, dass dieser Berufsstand zu den schlechter bezahlten gehört.
Die richtige Wahl
Bei der Auswahl sollten Sie sich jedoch nicht zuallererst am Preis orientieren. Die Lektorin oder der Lektor müssen zu Ihnen und auch zu Ihrem Text passen. Lassen Sie sich am besten von anderen Autoren Text-Profis empfehlen, die bereits im gleichen Genre gearbeitet haben. Andererseits können wirklich gute Lektoren sich auch in neue Genres einarbeiten und sind dann vielleicht weniger betriebsblind.
Danach telefonieren Sie – und wenn Sie einen guten persönlichen Eindruck gewonnen haben, schicken Sie dem potenziellen Auftragnehmer mindestens einen Teil Ihres Manuskripts. Erst danach wird ein seriöser Partner Ihnen einen Kostenvoranschlag unterbreiten können – er muss schließlich zuerst den Input, Ihre Textqualität, beurteilen. Der Lektor wird Ihnen dann auch sagen, wieviele Durchläufe er veranschlagt (mit einmaligem Durchlesen ist es nie getan) und wann er mit der Arbeit beginnen kann.
Gerade die begehrten Profis können durchaus mal ausgelastet sein und haben vielleicht erst in drei Wochen oder drei Monaten Zeit für Sie. Beginnen Sie mit der Terminvereinbarung also nicht erst kurz vor dem geplanten Veröffentlichungstermin!
Was erwarten Sie?
Diskutieren Sie dann ausführlich, was Sie vom Lektorat erwarten – ein Profi wird diese Fragen auch von selbst aufwerfen. Wollen Sie jede kleine Änderung genehmigen? Wie erfolgt die Zusammenarbeit technisch, zum Beispiel über die Änderungs-Funktion von Word? Soll der Lektor auch Tatsachen prüfen, die Sie in Ihrem Buch als gegeben voraussetzen, oder geht es Ihnen nur um die Sprache? Darf der Lektor Ihnen Ihre Fehler auf den Kopf zu sagen – oder soll er lieber zart mit Ihnen umgehen? Die Eitelkeit des Autors kann schnell Schaden nehmen. Ein echter Profi wird seine Kritik dann in möglichst nette Worte kleiden, aber trotzdem keine Abstriche machen. Eine Lektorin ist nicht Ihre Freundin, ein Lektor nicht Ihr Kumpel, und das ist genau das, was Sie als Autorin oder Autor brauchen.
Nicht zu unterschätzen ist auch der Lerneffekt, der sich bei guter Zusammenarbeit fast automatisch einstellt: Bei Ihrem nächsten Buch werden Sie viele der Fehler des aktuellen Titels nicht wiederholen (aber keine Bange, es gibt nach meiner Erfahrung auch genügend neue Fehler zu machen, sodass der Lektor nie arbeitslos wird). Insofern ist der Rechnungsbetrag auch eine Investition in Sie selbst als Autor.
Ein guter Textarbeiter ist immer eine lohnende Investition – der falsche kann Ihnen aber auch den Spaß am Schreiben verderben. Das muss gar nicht an der fachlichen Qualität liegen. Nicht alle Menschen können miteinander eine so intime Beziehung aufbauen, wie ein Lektorat sie erfordert. Der Lektor ist schließlich oft der erste Mensch, der Ihre Arbeit zu sehen bekommt. Wenn Sie zwischendurch feststellen, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniert, scheuen Sie sich nicht, den Prozess abzubrechen. Erledigte Arbeit müssen Sie allerdings zahlen.
Deshalb kann es auch nicht schaden, mit einer Ihnen noch unbekannten Kollegin zunächst ein Probelektorat zu vereinbaren, vielleicht zwei Seiten, damit Sie den Arbeitsstil der Lektorin kennenlernen. Inwieweit dafür Kosten anfallen, ist Verhandlungssache.
Sie sehen keinerlei Möglichkeit, den nicht unerheblichen Betrag für ein Lektorat aufzutreiben? Es gibt Autoren, die mit dem Konzept der Testleser gute Erfahrungen gemacht haben. Sie lassen eine kleinere Anzahl von Fans ihre Bücher probelesen – alles, was denen auffällt, wird geändert. Zwanzig Augen entdecken eine ganze Menge Fehler. Die Testleser können Sie zum Beispiel über Ihre Facebook-Seite rekrutieren.
Wo anfangen?
Viele Kandidaten finden Sie beim VFLL, dem Verband der freien Lektorinnen und Lektoren. Hilfreiche Tipps zu LektorInnen finden Sie aber auch in der Rubrik “Lektorat” des Selfpublishingmarkt.de.