Viele Distributoren bieten an, eBooks auch im Ausland zu vertreiben. Welche Märkte generell interessant sein könnten und was Sie bei Übersetzungen beachten sollten, hatte ich schon in zwei eigenen Artikeln geschildert.
Doch die einzelnen Märkte verdienen auch gesonderte Aufmerksamkeit, die Ihnen am besten Autoren nahebringen sollten, die im betreffenden Sprachraum leben. Nachdem sich letztens Elke Becker um den spanischsprachigen Raum gekümmert hat, erzählt eine Kollegin heute vom Self Publishing in ihrer Wahlheimat. Ich übergebe das Wort…
Grundsätzliches
In Italien gibt es ein starkes Nord-Süd-Gefälle, was die Arbeitslosenrate und das Durchschnittseinkommen anbelangt. In Sizilien gibt es mehr als 21 Prozent Arbeitslose, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei knapp 40 Prozent. Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld sind so gut wie inexistent. Die Provinz Bozen, allgemein unter dem Namen Südtirol bekannt, weist in Italien die höchste Quote an Arbeitnehmern auf (nur 5,4 Prozent Arbeitslose).
Ein großer Teil der Bevölkerung südlich von Rom kämpft täglich ums Überleben. Der Lebensstandard von Lombarden, Venetern, Trentinern und Südtirolern ist hingegen sehr mitteleuropäisch. Das kulturelle Interesse und somit auch das Leseverhalten sind hingegen mehr oder minder ausgewogen.
eBook-Markt Italien
Jeder Italiener hat ein oder mehr Handys, viele sind Smart- oder iPhones. Tablet-Computer oder iPads sind absolut in. E-Book-Reader sieht man nur wenige, egal ob auf den Straßen oder in den Verkehrsmitteln. Allerdings lesen Italiener kaum in der Öffentlichkeit (im Gegensatz zu den Russen). Italiener sind selten alleine unterwegs, lesen daher in den trauten vier Wänden.
Im Verborgenen existiert weltweit ein immenser, kulturell interessierter, italienischsprachiger Markt. Italien hat etwa 60 Millionen Einwohner, doch weltweit leben 200 Millionen Personen, die Italienisch sprechen. Auswanderer und Nachfahren von Immigranten auf der ganzen Welt halten ihre Sprache und Kultur in Ehren, und viele von ihnen sind begeisterte Leser.
Der eBook-Markt hinkt zwar hinter dem deutschen nach, wächst jedoch kontinuierlich.
Die Verkaufspreise für eBooks in Italien liegen in etwa auf deutschem Niveau, die großen ausländischen Verlage arbeiten ja weltweit mit einheitlicher Preispolitik, die italienischen stehen um nichts nach.
Amazon (Kindle), Mondadori (Kobo) & Distributor
Sieht man sich die Anzahl der angebotenen eBooks im Kindle-Store an, so sind die Zahlen für Deutschland und Italien nahezu identisch. 2,27 Milionen in Italien, 2,26 Milionen in Deutschland. Interessant ist der jeweilige Anteil von Büchern in der Landessprache: 66.800 in Italien und 67.200 in Deutschland.
Kindle und der Kindle-Store Italia wurden am 2. Dezember 2011 von der im November 2010 gegründeten Amazon Italia vorgestellt. KDP-Italien steckt noch in den Kinderschuhen, das merkt man vor allem bei Kontakten mit dem KDP–Support. Das hat jedoch und zum Glück keinen Einfluss auf ausländische Autoren.
Mondadori, eines der größten italienischen Verlagshäuser, vertreibt die kanadischen Kobo-eReader und nennt seinen eigenen Vertriebskanal (KoboBooks) „inMondadori“. Mondadori wirbt mit einem Angebot von knapp 3 Millionen eBooks.
In Italien gibt es seit vielen Jahren eine Vielzahl von Online-Bookshops. Jeden Monat tauchen neue Shops auf, oftmals mit Spezialgebieten wie Frauenliteratur, Thriller, oder Fantasy. Der Marktanteil an eBooks nimmt stetig zu.
Der starke und erfolgreiche italienische Distributor Narcissus (http://narcissus.me) , beliefert mit Ebooks eine enorme Anzahl an nationalen und internationalen Händlern. Diese sind: Amazon, Apple, Ultima Books, Barnes & Noble, IBS, Nokia Reading, La Feltrinelli, Libreria Rizzoli, Net-Ebook, Cubolibri, Book Republic, Ebookizzati, Libreria Universitaria, DEA Store, Webster, Unilibro Libreria Universitaria, MrEbook, Ebook.it, Librisalus,it, Libreria Fantasy, The First Club, Omnia Book, Il Giardino dei Libri, 9am, CentoAutori, Edizioni Il Punto d’Incontro, Excalibooks, Hoepli, KoboBooks, San Paolo Store, Libramente, Ebook Gratis, EC Store, Libreria Ebook, Byblon Store, Feedbook, L’Unità, Il Fatto Quotidiano, Libreria Tuttogratis, Libreria Apollodoro, Libreria Pur Femme, Libbreria Sui Pedali, Libreria Noir Italiano, Libreria Secretary, Libreria Freeonline, Libreria University, Libreria Mazy, Libreria Professional Book.
Man stellt eine fertige ePub-Datei ein. Falls nötig kann man es gegen Bezahlung von Narcissus umwandeln lassen.
Narcissus veröffentlicht mit ISBN. Man kann die eigene verwenden, oder diese gegen eine Gebühr von € 4,00 erwerben. Wichtig: eine italienische ISBN (978-88…) garantiert die Auflistung im Katalog der in Italien verfügbaren Bücher (wie VLB Deutschland).
Narcissus behält 40% des Verkaufspreises ein, die Provision liegt somit bei 60 %.
Die Website von Narcissus ist zweisprachig, italienisch und englisch.
Tipps für die Veröffentlichung
Von den Kosten einer Übersetzung ausgehend, rentiert sich diese (meiner Meinung nach) für ein Buch, das im deutschen Sprachraum annehmbare Verkaufszahlen hat. Immerhin entspricht die potenzielle Leserzahl der deutschsprachigen.
Was die Suche nach einem geeigneten Übersetzer anbelangt, verweise ich auch auf den entsprechenden Eintrag hier in der Selfpublisher-Bibel.
Viele der italienischen Indie-Autoren verzichten auf Korrektorat oder Lektorat, und das merkt man (leider)!
Mein Rat ist daher, auch ein übersetztes Buch dem Korrektor vorzulegen. Einige professionelle Übersetzer bieten die Kontrolle eines zweiten muttersprachlichen Übersetzers und die Korrektur als Inklusive-Paket an.
Italiener lieben die Genres Fantasy, Horror, Liebe, Erotik, historische Romane, Abenteuer, Krimis und Thriller. Interesse besteht auch für Ratgeber und Sachbücher im Allgemeinen, ausgenommen Diätbücher, die nicht auf der klassischen italienischen Ernährung basieren.
„Exotische“ Handlungsorte wie Berlin, München, Leipzig, Köln oder der Schwarzwald garantieren das Interesse der Leser. Das ist vergleichbar mit dem Interesse der Deutschen für Venedig, Rom, Neapel, Sizilien oder Florenz und hat den gleichen Effekt.
Was Italiener nicht mögen, sind die schwere, melodramatische, sehr trockene Art der skandinavischen Schriftsteller ebenso wie die irrealistischen Krimis ausländischer Schriftsteller, deren Handlung in Italien spielt. Donna Leon und ihr Kommissar Brunetti sind, de facto, in Italien unbekannt. Die Amerikanerin und ihr Verlag haben ihre Bücher nie ins Italienische übersetzen lassen, fehlendes Interesse und schlechte Verkäufe voraussehend.
Sie wollen ein Buch appetitanregend dem italienischen Markt anpassen?
Schicken sie ihre Protagonisten zum Abendessen in ein Wirtshaus oder einen Biergarten, geben sie ihnen Schweinebraten, Kraut, Kartoffelsalat, Matjesheringe und Schwarzwälder Kirschtorte zu essen. Vermeiden sie jede Art von italienischer Kost und tauschen sie den Aperitif-Prosecco mit regionalem Wein, begleitet von einheimischen Häppchen statt Carpaccio und Bruschette.
Fügen sie Lokalkolorit in die Erzählung ein, so wie die Reeperbahn, den Rhein, österreichische Skipisten oder Heidis Alpenstimmung.
eBooks italienischer Selfpublisher liegen preismäßig in etwa auf deutschem Niveau. Bei einem gut übersetzten Buch kann man den VP ohne Bedenken gleich ansetzen, doch ein Blick auf die italienischsprachigen eBooks hilft sicher bei der Entscheidung.