Ein schmaler Grat: wie Sie zu Rezensionen ermutigen können – und wie nicht

Aussagekräftige Rezensionen gehören zu den wichtigsten Metadaten eines Buches oder E-Books – das heißt zu den Elementen, die potenzielle Käufer*innen vor ihrer Klick-Entscheidung am häufigsten begutachten. Es kommt dabei nicht unbedingt auf die schiere Menge an, und eine absolute Top-Sternezahl von 5,0 ist auch nicht so wichtig. Tatsächlich erregt eine große Zahl von 5-Sterne-Rezensionen, die in kurze Zeit erfolgt sind, eher den Verdacht der Käufer*innen, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Sieht man sich die Top 100 an, erkennt man, dass alles, wo mindestens vier der maximal fünf Sterne gelb leuchten, von Lesenden akzeptiert wird. Unter einem Schnitt von 3,8 verkaufen sich die meisten Titel deutlich schlechter (von sehr kontroversen Themen abgesehen, die mit Protest-Verrissen rechnen müssen, aber wegen des Themas trotzdem ihre Leser finden, oder von absoluten Top-Autor*innen abgesehen).

Anders als Cover, Klappentext oder Preis, die weiteren drei wichtigen Säulen, haben Sie die Rezensionen zu Ihrem Werk aber nicht unter Kontrolle. Die Leser*innen können und sollen ihre eigene Meinung dazu schreiben (dass das nicht alle verstehen und manchmal etwa die Lieferung oder ihren E-Reader bewerten, steht auf einem anderen Blatt). Aber da Sie ein gutes Buch geschrieben haben (wenn nicht, hätten Sie es sicher nicht veröffentlicht), braucht Sie das nicht zu beunruhigen. Oder?

Doch, durchaus. Was ein “gutes Buch” ist, beurteilen nun einmal nicht Sie. Und es kann passieren, dass Ihr Buch in die falschen Hände gerät, etwa weil Sie:

  1. Es in die falschen Kategorien einsortiert haben
  2. Es als Genremix in kein Regal richtig passt
  3. Klappentext oder Cover ein anderes Buch versprechen
  4. Sie es zu billig oder kostenlos angeboten haben
  5. Sie es auf den falschen Kanälen beworben haben

Bis auf Punkt 2 haben Sie all das selbst unter Kontrolle. Und was den Genremix betrifft: Als Autor*in eines solchen Buches muss Ihnen klar sein, dass es seine passende Zielgruppe schwerer erreichen wird. Dieses Problem haben Verlage gleichermaßen. Punkt 4 bezieht sich auf den Kaufimpuls, den ein sehr günstiger Preis beim Schnäppchenkäufer auslöst. Sie kennen das vielleicht selbst – ein schickes Teil, im Schlussverkauf nur noch 5 Euro! Zu Hause dann stellen Sie fest, dass es Ihnen doch nicht so richtig steht, aber nun haben Sie es einmal gekauft, und bei Discountware ist der Umtausch ausgeschlossen… Zwei Beispiele, was die Kanäle für Ihre Werbung anbelangt: Wenn Sie einen normalen Liebesroman auf Pornoseiten im Netz bewerben, werden die Käufer*innen, die Sie dort finden, enttäuscht sein. Ähnliches gilt für Facebook-Werbung mit den falschen Stichworten.

Aber nehmen wir an, Sie haben alles richtig gemacht. Ihr Buch verkauft sich ganz gut, aber trotzdem wollen einfach keine Rezensionen kommen. Das liegt daran, dass Irrtümer über das Rezensieren verbreitet sind. Lesende glauben, dass es Autor+innen eh nicht interessiert, dass sie nicht schreiben können und so weiter. Oft genug fehlt auch einfach der letzte Anstoß. Wie oft haben Sie sich im Urlaub schon vorgenommen, diesem netten Hotel doch mal im Netz eine schöne Bewertung zu geben, und sind dann zu Hause doch im Alltag stecken geblieben?

Deshalb empfiehlt es sich durchaus, nett daran zu erinnern, dass es die Möglichkeit gibt, Ihr Buch zu rezensieren – und dass das eine gute Tat ist, die nicht nur Ihnen, sondern auch anderen hilft. Dabei gibt es einige Dinge, die Sie besser vermeiden – und andere, auf die Sie unbedingt verzichten sollten.

  • Do: Am Ende des Buches, im Nachwort, darauf verweisen, dass unter dieser Adresse eine Rezension möglich ist. Bei Amazon-E-Books wird dieser Hinweis zwar automatisch eingeblendet, aber eine Bitte der Autorin erfüllt man doch eher als eine vom großen Jeff Bezos.
  • Don’t: Andere Autor*innen darum bitten, Ihr Buch im Austausch zu rezensieren. Das “Eine Hand wäscht die andere”-Prinzip verstößt gegen die Rezensionsrichtlinien, und das ist auch noch besonders leicht nachzuweisen (ebenso unseriös ist übrigens der Tausch “ich blättere dein Buch durch und du dafür meines” bei KindleUnlimited-Titeln)
  • Do: Im nächsten Newsletter darauf hinweisen, dass man Ihr Buch unter der Adresse … rezensieren kann (und wem damit geholfen ist)
  • Don’t: In jedem Newsletter und täglich auf Facebook darum zu bitten, Ihr Buch zu rezensieren. Bettelei kommt bei vielen nicht gut an. Vielleicht folgen sie Ihrer dringenden Bitte auch, damit Sie endlich Ruhe geben, so wie Sie dem (schlechten) Straßenmusiker vielleicht spenden, damit er verschwindet. Aber haben Sie dabei ein gutes Gefühl? Vermutlich werden Sie dem Musiker in Zukunft lieber aus dem Weg gehen.
  • Do: Sich bei besonders netten Rezensent*innen persönlich oder auch öffentlich (dosiert) bedanken.
  • Don’t: Jede positive Rezension stolz auf Facebook präsentieren – Ihr Dank sollte nicht als Schleimerei herüber kommen. Leser mögen Sie als Autor*in, weil Sie ihnen ein paar schöne oder spannende Stunden beschert haben. Sie möchten aber deshalb nicht unbedingt von Ihnen eingeschleimt werden. Wenn Sie Rezensionen zitieren (nicht bloß verlinken), müssen Sie zudem das Urheberrecht beachten – also vorher fragen!
  • Do: Treuen Fans ab und an nette Andenken zukommen lassen (hübsche Lesezeichen, Postkarten …)
  • Don’t: Solche Geschenke vom Kauf Ihres Buches abhängig machen (widerspricht der Preisbindung).
  • Do: Interessierten Buchblogs und anderen “Profi-Rezensent*innen” oder Teilnehmenden einer Leserunde Ihr Buch oder E-Book kostenlos zur Verfügung stellen.
  • Don’t: Rezensent*innen nach erfolgter Rezension den Wert des Buches per Gutschein oder bar erstatten. Das hat nicht nur einen unschönen Geruch, sondern widerspricht auch den Amazon-Richtlinien. Mit Rezensionen dürfen keine Zahlungen oder sonstige Vorteile verknüpft sein! Zu solchen Vorteilen zählt übrigens auch die Teilnahme an Gewinnspielen.

Sie sehen, gerade bei der Gewinnung ehrlicher Rezensionen bewegen Sie sich oft auf einem schmalen Grat. Wo endet Bitten und wo beginnt Betteln? Was sind geldwerte Vorteile? Am besten, Sie orientieren sich an ihrem eigenen Gewissen. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Straßencafé und ein Fremder schlägt Ihnen das vor, was Sie gerade Ihren Leser*innen vorschlagen wollen. Würden Sie das als unseriös empfinden? Meist landen Sie dadurch auf der richtigen Seite.