Die Leipziger Buchmesse startet bald – entsprechend häufen sich die Meldungen neuer Unternehmen, die die Buchwelt auffrischen oder gar revolutionieren wollen. “frankly” kommt aus Leipzig, also bietet es sich natürlich an, auf der Heimat-Messe zu starten. Die Homepage ist bereits passwortgeschützt online, das Passwort kann man sich zuschicken lassen oder dem Quelltext der Seite entnehmen. Letzteres wirkt auf den ersten Blick nicht besonders professionell. Doch keine Sorge, nach dem Eintritt erwartet den Nutzer eine sehr schicke, moderne Oberfläche, die frei von offensichtlichen Bugs ist.
Aus Leser- und Käufersicht ist frankly eine Mischung aus eBook-Store und Social-Reading-Community. Ich fühle mich da in vieler Hinsicht an Sobooks erinnert. So kann man zum Beispiel direkt neben dem Buch über Buchinhalte diskutieren oder mit dem Autor in Kontakt treten. Frankly will hier alles richtig machen. So erwirbt man das Buch als Käufer zum Beispiel in allen möglichen Formaten, die sich auf den verschiedensten Geräten lesen lassen, auch gesteht der Vertrag dem Käufer ein 14-tägiges Rückgaberecht zu. Lesen und kaufen wird man zunächst im Web können, gleichzeitig aber auch über spezielle Apps. Derzeit ist das eBook-Angebot allerdings noch sehr begrenzt, was sich bis zum offiziellen Start hoffentlich noch ändert.
Aus Autorensicht fungiert frankly als Mischung aus eBook-Store und Distributor. Der Anbieter bezeichnet sich zwar selbst als “digitaler Verlag”, aber von der versprochenen verlegerischen Leistung ist im Moment noch wenig zu bemerken. Lobenswert ist auf jeden Fall, wie leicht sich ein Titel hochladen lässt – derzeit allerdings nur als PDF. Das Cover wählt man aus einer Reihe von Vorgaben aus, das Hochladen eigener Cover ist (noch?) nicht vorgesehen. Bei der Preisgestaltung kann man nur unter vier Vorgabe-Preisen wählen (3,49 Euro, 4,99, 7,49 und 9,99 Euro) Zur Veröffentlichung bietet frankly zwei Optionen: Beim Standard-Vertrag wird das eBook bei frankly selbst und auf den großen Plattformen verkauft. Dafür gibt es 40 Prozent vom Netto-Verkaufspreis, das entspricht (um es mit anderen Distributoren vergleichbarer zu gestalten) etwa 57 Prozent vom Nettoerlös bei Amazon oder Apple. Die Abwahl einzelner Plattformen ist nicht möglich, die Vertragslaufzeit liegt bei zwei Wochen.
Einen Ansatz verlegerischer Tätigkeit sehe ich bei der Option “franklyplus”: Hier verspricht die Plattform, das eBook aktiv zu vermarkten, und zwar sowohl auf der eigenen Seite als auch bei Facebook, Twitter und so weiter. Der Autor muss dafür weitere 10 Prozentpunkte seines Honorars opfern, erhält also noch 30 Prozent vom Nettopreis und muss sich für zwei Jahre binden. Mit dieser Quote ist man allerdings auch schon nahe an den Honoraren klassischer oder E-Book-Verlage, die aber auch noch zusätzlich ins Lektorat investieren und zumindest geringe Vorschüsse zahlen. Es wird abzuwarten sein, was der Anbieter hier tatsächlich leisten kann – damit das Marketing funktioniert, braucht er zunächst eine größere Zahl kaufender Leser. (Der vom Autor zu unterzeichnende Vertrag selbst ist derzeit noch offline.)
Fazit: frankly hinterlässt mich derzeit noch skeptisch. Das reine Distributionsgeschäft wird es 2015 generell noch schwerer haben als im vergangenen Jahr. Andere Digitalverlage wie Dotbooks haben es nicht so leicht wie erhofft und leben vor allem von älteren Lizenzen. Ob die Vermarktungs-Versprechung “frynklyplus” funktioniert, wird entscheidend davon abhängen, wieviele zahlende Käufer die brandneue Plattform gegen Wettbewerber wie Amazon, Tolino oder Apple gewinnen kann.