Man könnte ja beim Betrachten der Amazon-Kindle-Charts manchmal auf die Idee kommen, dass ein paar erfolgreiche Autorinnen und Autoren die komplette Liste für sich gepachtet haben. Tatsächlich sind die Top 100 aber erstaunlich durchlässig. Immer wieder tauchen Namen auf, von denen ich noch nie gehört habe. Diesmal zum Beispiel “Die Gewandschneiderin” von Doris Niespor.

Die Self-Publisher-Charts erscheinen nun seit gut einem Jahr wöchentlich an dieser Stelle – und passenderweise gibt es in dieser Woche einen neuen Rekord zu vermelden: Der mittlere Preis der Indie-eBooks in den Kindle-Top-100 liegt diesmal bei 2,81 Euro. Zugegeben: Dass die aktuelle Nr. 1 gerade wieder auf ihren Normalpreis von 9,99 Euro umgestellt hat, hilft dabei sicher deutlich.

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Was zeigt der Blick zurück? Vor allem einige alte Bekannte. Die “MondSilber”-Reihe von Marah Woolf war auch vor einem Jahr schon komplett in den Top 100 vertreten. Ebenso die Krimis von Hanni Münzer, die Thriller von BC Schiller und Marc Franley oder auch “Ausradiert” von Andreas Adlon. Was braucht ein Buch, damit es dermaßen lange jede Woche neue Leser findet? Vielleicht findet ja jemand bei der Analyse dieser Titel die Antwort…

Die aktuellen Top 100 der Kindle-eBooks zeigen sehr schön zwei Aspekte, die im Chart-Fieber oft unter den Tisch fallen:

  • Geduld lohnt sich
  • Ein großes Netzwerk zahlt sich aus

Die aktuelle Nummer 1, ein Diätbuch nämlich, ist weder neu (tatsächlich ist es schon zwei Jahre auf dem Markt) noch ist sein Inhalt besonders exklusiv – Diätbücher gibt es auch bei Amazon in großer Zahl. Doch der Autor hat es mit der Zeit geschafft, eine große Facebook-Community mit über 80.000 Likes aufzubauen. Und die hat dann im Rahmen einer Werbeaktion bei XTME das eBook auf den ersten Platz gebracht.

Die aktuellen Kindle-Charts bei Amazon zeigen schön, wie hilfreich eine Präsenz in der vordersten Reihe für alle Titel eines Autors ist. Hinter den insgesamt 62 eBooks in den Top 100 stehen nämlich nur 35 Autoren. Wer es einmal nach oben geschafft hat, kann oft auch weitere Bücher gut platzieren. Die meisten Autoren sind denn auch gleich mit drei Büchern ganz oben vertreten.

Die Bestenliste zeigt auch: dauerhaft halten kann sich dort nur, wer regelmäßig neuen Lesestoff nachliefert. Dabei gehen die Autoren praktisch durchaus unterschiedlich vor: Manche setzen den Preis ihrer älteren Werke kurzzeitig herunter, andere vertrauen komplett auf die Sogwirkung. Die Charts zeigen, dass eigentlich diese Sogwirkung durchaus genügt. Allerdings gilt das im Thriller-Genre wohl weniger als bei Romantik und Fantasy.

In dieser Woche hat der mittlere Preis der Indie-Titel unter den Top 100 einen neuen Höchststand erreicht: Er lag diesmal bei 2,71 Euro – vor allem, weil sich überraschend viele eBooks auch zu 3,99 Euro in den Charts wiederfinden.

Ansonsten findet sich das übliche Bild: 60 der 100 meistverkauften Kindle-eBooks kommen von Self Publishern. Nicht mit eingerechnet sind dabei die 12 Amazon-Crossing-Titel. Deren relativ hoher Preis macht es ihnen abseits von Kindle-Deals nicht ganz so leicht, die Top 10 zu erreichen – in dieser Woche liegt das erste Crossing-Buch auf Rang 13.

Die Liste im einzelnen:

An den eBook-Charts dieser Woche ist sehr schön zu erkennen, wie mächtig eine gute Platzierung ist: Sowohl dem Autorenduo BC Schiller als auch der Autorin Katrin Koppold ist mit einem Titel in den Top 10 gelungen, weitere eBooks wieder in die Charts zu ziehen, die wir dort länger nicht gesehen haben.

Insgesamt kommen auch in dieser Woche wieder 57 von 100 der meistverkauften Kindle-eBooks von unabhängigen Autoren. Und das trotz einer neuen AmazonCrossing-PR-Welle und einer Mini-Flut von SPIEGEL-eBooks, die sich ebenfalls ganz gut platzieren konnten. Der mittlere Preis ist wieder etwas gesunken – er liegt nun bei 2,32 Euro.

Die Daten im einzelnen:

Nachdem die Amazon-Top-1000 durch einen Serverwechsel inzwischen stabil laufen, bekommen Autoren nun ein neues Analyse-Werkzeug: die täglich aktualisierten Bestenlisten der eBook-Läden von Google, iTunes und Thalia.de.

Was in den Google-eBook-Charts, iTunes-eBook-Charts und Thalia-eBook-Charts zu finden ist, hängt von den öffentlich zur Verfügung stehenden Daten ab. Google liefert nur eine 144 Titel umfassende Hitliste, die relativ selten aktualisiert wird. Von Apple hingegen gibt es rund 400 Titel umfassende Verkaufscharts. Hier sind die Angaben für jeden Titel jedoch etwas spärlich.

Vergleichsweise vorbildlich ist da Thalia.de: Der Anbieter zeigt für jedes eBook einen Verkaufsrang – das ist ansonsten nur bei Amazon der Fall. Dadurch lassen sich deutlich umfangreichere Statistiken aufbauen. Die deutschen eBook-Shops von Weltbild und Hugendubel müssen leider auf absehbare Zeit draußen bleiben, weil sie ihren Nutzern keinerlei echtes Verkaufsranking bereitstellen.

Auch in dieser Woche kommen mehr als die Hälfte der meistverkauften Kindle-eBooks von unabhängigen Autoren: Genau 56 sind es diesmal (Amazon Crossing nicht mitgerechnet). Besonders interessant ist diesmal jedoch, dass der Durchschnittspreis der selbst publizierten Titel auf 2,62 Euro gestiegen ist – und damit schon sehr nah an den 2,99 liegt, die inzwischen auch Verlage als Einstiegspreis nutzen.