Noch nie, jedenfalls solange ich hier mitzähle, waren so viele Self Publisher in den Amazon-Top-100 vertreten wie in dieser Woche. Mit 53 von 100 Titeln haben sie die absolute Mehrheit erreicht. Bei einem Durchschnittspreis von 2,53 Euro kann man auch kaum von einer 99-Cent-Schwemme sprechen.

Im Gegenteil: ungewöhnlich viele Indie-Autoren trauen sich, 3,99 Euro zu berechnen, ein Preisschild, das auch die meisten Kindle-Deals der Woche von Verlagen tragen und das die Leser deshalb wohl zunehmend gewöhnt sind. 36 der 53 Titel sind exklusiv bei Amazon erhältlich.

Frage 12: Diese eBook-Anbieter beliefere ich direkt (ohne Distributor)

Amazons KDP-System führt hier mit großem Vorsprung. Das hat sicher mit der Einfachheit zu tun, mit der sich eBooks dort einspeisen lassen. Google und Apple erfordern jedenfalls mehr Aufwand. Kobo und Beam hingegen lassen sich zwar noch ein wenig leichter bedienen als KDP, besitzen aber bei weitem nicht die Reichweite von Amazon. Viele Autoren sparen diese Plattformen deshalb wohl aus (wenn sie nicht sowieso durch KDP Select gebunden sind).

Frage 13: Nutzen Sie das KDP-Select-Programm von Amazon?

Dass die deutliche Vormacht von Amazon nicht allein dem Exklusiv-Programm KDP Select geschuldet ist, lässt sich an den Antworten auf Frage 13 erkennen. Nur 40 Prozent nutzen das Programm, während fast zwei Drittel Amazon selbst beliefern. Das verbleibende Fünftel der Autoren wäre also prinzipiell offen für Kobo, Beam und die anderen eBook-Shops.

Hans Schulte* aus Niederbayern ist ein echter Campingfreak. Er hat ein Indianer-Zelt bei Amazon gekauft, einen Camping-Tisch, eine Camping-Küche, Töpfe und Pfannen, drei Schlafsäcke, ein Zwei-Personen-Zelt, ein Drei-Personen-Zelt, dazu ein Vorzelt.

Christopher* aus Münster hingegen mag Schmuck. Eine Kette mit Tiermotiv hat er gleich mehrfach gekauft, in verschiedensten Farben. Frauen mag er offenbar auch, denn er hat sowohl eine Ehefrau als auch eine Freundin, der er jeweils Exemplare der Kette geschenkt hat. Christopher ist offenbar außerdem ein echter Handyfan. Denn er besitzt jede Menge Zubehör für Samsung-, Apple-, Nokia- und LG-Handys.

Diese Rückschlüsse lassen jedenfalls die über 70 Rezensionen zu, die Christopher auf Amazon hinterlassen hat. Bewertungen, wie sie auch Hans Schulte abgegeben hat, über eBooks, Schmuck, Campingartikel, Technikkrams. Oder wie eine gewisse Karin sie online stellte, oder Jens, Marc, Udo, Scotty, 123Trav und viele andere Nutzer, die (teilweise sogar von Amazon bestätigt) unter ihren echten oder erfundenen Namen agieren. Natürlich fanden alle die von ihnen rezensierten Produkte toll. Sie wurden ja auch dafür bezahlt.

Die mittlerweile in drei Teilen vorliegende Serie “Das Kellerzimmer” hat Plätze in den Amazon-Top-1000 mittlerweile fest gebucht. Wir haben uns gefragt: Was hat sich die Autorin, die hinter dem Namen Lesley Marie Milton steckt, dabei gedacht? Kann man mit 99-Cent-Titeln tatsächlich ein vernünftiges Honorar verdienen?

Das sagt Lesley Marie Milton dazu:

“Die einzelnen Folgen meiner ersten Psychothriller-Serie sollten nicht zu umfangreich, aber auch nicht zu kurz sein. Ich dachte dabei an einen klassischen Groschenroman: liest sich gut weg, ist spannend, günstig und ordentlich.

Jeder Teil meiner Kellerzimmer-Reihe umfasst knapp 100 Seiten; ich setzte einen Preis von 99 Cent an. Einige Autorenkollegen denken, man mache damit den Markt kaputt. Ganz falsch ist es sicherlich nicht, dass die Leser immer sparsamer werden. Ich bin allerdings auch nicht besser. Früher habe ich für einen druckfrischen Irving 50 Mark ausgegeben – auf solch kostspielige Ideen käme ich heute nicht mehr.

Amazons Wochen-Deals geben anscheinend den Self Publishern Aufwind: In dieser Woche sind 48 von 100 eBooks der Kindle-Top100 verlagsunabhängig erschienen (Vorwoche: 46). Das ist der höchste Anteil, seit ich diese Charts erhebe. 33 davon sind Amazon-exklusiv.

Gleichzeitig steigt auch der Durchschnittspreis auf nunmehr 2,38 Euro (Vorwoche: 2,18 Euro). Vielleicht geben die Verlags-Deals ja den unabhängigen Autoren den Mut, auf Preise jenseits der 99 Cent zu setzen? Oder der Leser lernt durch die Deals, dass auch schon 2,99 Euro ein Schnäppchenpreis sind… Unter den 48 Titeln sind übrigens sechs echte Neueinsteiger und drei Wiedereinsteiger.

Die Zahlen im einzelnen:

Der Amazon-Deal der Woche bringt die Charts jedes Mal ordentlich durcheinander. Doch trotzdem ist eines gewiss: Der Anteil der unabhängigen Autoren unter den Top 100 verändert sich nicht. Im Gegenteil: in dieser Woche kamen 46 (Vorwoche: 44) der ersten 100 eBooks von Self Publishern. 29 davon nutzten KDP Select, sind also exklusiv bei Amazon erhältlich. Bei der Betrachtung der Charts fällt auf, dass manche Autoren ihr Potenzial noch nicht optimal nutzen. “Taxi 503” etwa, mit tollen Rezensionen derzeit auf Gesamt-Platz 7, kostet zwar 2,88 (kann wegen der Buchpreisbindung also nur bei Amazon erhältlich sein), nutzt aber trotzdem KDP Select nicht und büßt damit unnötig ein.

Zu den Veränderungen dieser Woche gehören außerdem drei Neueinsteiger und vier Wiedereinsteiger. Womöglich eröffnet der Deal der Woche, der ja stets nach einer Woche beendet ist und selten zum dauerhaften Verbleib der preisgesenkten eBooks in den Top 100 führt, ein Fenster, über das Titel auch unterhalb der Top 100 wieder Sichtbarkeit gewinnen können.

Die Daten im einzelnen:

Vor genau zwei Jahren habe ich ein kleines Experiment gestartet, von dem ich damals noch nicht wusste, dass es mein Leben verändern würde: Ich habe ein eBook bei Amazons KDP-Programm eingestellt, das damals gerade erst in Deutschland gestartet war. Angeregt hatte mich eine Pressemitteilung von Rainer Wolf, Chef des Apple- und Gadget-Versandhändlers Arktis.de, der zu dieser Zeit mit einem selbst geschriebenen Thriller die Bestsellerlisten stürmte (“Haarp”, sein Buch, läuft im iBookstore noch immer ganz gut).

Mein Versuch hieß “Kindle – das inoffizielle Handbuch“. Es wies, wie ich heute weiß, die typischen Anfängerfehler auf, vor denen ich heute jeden Einsteiger warne: Kein Lektorat, ein selbst gebasteltes Cover – trotzdem besetzte es binnen weniger Tage die Spitzenposition der Amazon-Top-10. Und dort blieb es, monatelang – erst im Herbst 2012 rutschte das Buch nach über 500 Tagen endgültig aus der Bestenliste, nachdem es 2011 der offizielle Amazon-Bestseller des Jahres war. Die französische, italienische und spanische Übersetzung verkauften sich ebenfalls sehr gut und konnten in Frankreich, Italien und Spanien die Charts erobern. Die englische Übersetzung hingegen wurde ein Flop. Auch die chinesische Version verkaufte sich nicht – das lag jedoch daran, dass Amazon sie nicht freischaltete (genausowenig wie mein Russisch-Wörterbuch). KDP erlaubt nur Bücher in den Sprachen, in denen Amazon offiziell vertreten ist. Inzwischen hat das Kindle-Handbuch seine sechzehnte Auflage erlebt, es besitzt ein schickes Cover und erfreut sich noch immer vieler Fans.


Noch 2011 habe ich es mit Wörterbüchern für den Kindle ergänzt – Handwerkszeug, das jeder Kindle-Besitzer braucht (Französisch-Deutsch und Deutsch-Französisch kommen in diesen Tagen neu in den Handel). Hinzu kamen Kindle-Kalender (erstmals am PC editierbar) und schließlich mein erstes Sachbuch, eine Reportage über meine Reise nach Fukushima, die mir den von ePubli ausgerichteten Neuen Buchpreis 2011 einbrachte. Natürlich brachte es nicht jedes Experiment zum Bestseller. “Kindle für Kinder” etwa, der “Familienratgeber zum elektronischen Lesen” fand kaum Publikum. Blackberry gelang es nicht, das Playbook-Tablet zu verkaufen – entsprechend lief auch mein Handbuch dazu nicht. Als Dauerbrenner erwies sich hingegen “Kobo – das inoffizielle Handbuch“, von dem inzwischen einige Tausend verkauft wurden.

Ausnahmsweise nicht am Sonntag-, sondern am Montagabend das wöchentliche Update der selbst publizierten Bestseller bei Amazon. Im Vergleich zur Vorwoche hat sich einiges an Bewegung ergeben – Titel, die lange unter den ersten 100 waren, sind abgestiegen, dafür sind andere erneut eingestiegen (immerhin 12 sind letzte Woche nicht in der Liste gewesen). Auffällig ist die zunehmende Häufung der 99-Cent-Titel. Der Sonderpreis wird allmählich zum beliebten Werbeinstrument – mit dem Nachteil, dass sich dieses Werkzeug vielleicht bald abgenutzt haben wird. Mehr als die Hälfte (24) der Indie-Titel kostet diese Woche wemiger als einen Euro! Der Durchschnittspreis ist diesmal auf 2,09 Euro gesunken – von 2,37 Euro in der Vorwoche.

Die Quote der Self-Publisher-Titel hat sich nicht verändert: 45 von 100, also knapp die Hälfte, sind keinem Verlag zuzuordnen. Die Nummer 1 hat sich allerdings seit langem wieder einmal ein Verlagstitel erobert, der neue Dan Brown nämlich.

Basierend auf meinen wöchentlichen Self-Publisher-Charts und einer umfangreichen Auswertung von Smashwords-Gründer Mark Coker für den US-Markt lässt sich überschlagen, was verlagsunabhängige Autoren pro Woche in Deutschland verdienen – und wie sich diese Einnahmen auf die Preisstufen verteilen.

Zunächst meine Annahmen, die natürlich nur grob gelten:

  • Ein eBook auf Platz 1 verkauft pro Tag etwa 500 Stück
  • Ein eBook auf Platz 100 verkauft pro Tag etwa 50 Stück
  • Ein eBook auf Platz 10 verkauft pro Tag etwa 100 Stück
  • Für die Datenübertragung zieht Amazon im Mittel 3 Cent von den Nettoeinnahmen ab

Durch die Ränge dazwischen lässt sich eine Exponentialkurve legen. Ich habe die Funktion Verkäufe pro Tag = 2^(0.09*(100-Salesranking))+50 verwendet. Daraus ergeben sich die oben genannten Fixpunkte.